Vielleicht noch wichtiger als der Einfluss des Vaters von Donald Trump war die Zusammenarbeit mit dem berüchtigsten Anwalt von NewYork, Roy Cohn. Cohn hatte sich schon in den 50er-Jahren einen Namen als unerbittlichen Scharfmacher erarbeitet, als er als “rechte Hand” von Joseph McCarthy Jagd auf Personen machte, die als
Kommunisten oder als deren Sympathisanten verdächtigt wurden. In der McCarthy-Ära, die bis 1956 dauerte, kam es vor allem bei Schriftstellern und Schauspielern zu eigentlichen “Hexenjagden”. Charlie Chaplin z.B. wurde 1952 nach einer Europatour die Rückreise in die USA verweigert, der Schriftsteller Arthur Miller und der berühmte Folk-Sänger Pete Seeger wanderten ins Gefängnis.
Nach seiner Zeit bei McCarthy begann Cohn eine 30 Jahre lang andauernde Karriere als Rechtsanwalt in New York City. Zu seinen Mandanten gehörten unter anderem Donald Trump, Carmine Galante und John Gotti, die Eigentümer des Studio 54, Steve Rubell und Ian Schrager, das Erzbistum New York sowie Mafia-Größen wie Anthony Salerno und Angehörige der Gambino-Familie. Er blieb der konservativen Politik eng verbunden und beriet informell Richard Nixon und Ronald Reagan. Cohn wurde in den Medien als „Mentor“ von Donald Trump bezeichnet. (Wikipedia).
Als die Trumps mit einer Anklage wegen rassischer Diskriminierung bei der Wohnungsvergabe konfrontiert wurden, konnten sie sich dank Cohn herauswinden. Dessen Maxime: Niemals einen Vergleich eingehen. Gegenangriff: Verklagung der Regierung auf 100 Millionen Dollar wegen Verleumdung. Dies war der Beginn einer engen Zusammenarbeit zwischen Donald Trump und Roy Cohn:
Cohn … fand in Trump einen eifrigen Schüler, jemanden mit dem Reichtum, dem Ehrgeiz und der moralischen Flexibilität, seine Philosophie vollständig umzusetzen. Der Journalist Ken Auletta beobachtete nach zahlreichen gesellschaftlichen Anlässen, bei denen er die beiden Männer zusammen sah: „Roy behandelte Donald fast wie einen Sohn. Er formte ihn, und Trump sog alles in sich auf. (…)
Was hat Donald Trump von Roy Cohn gelernt? Die Lektionen waren ebenso einfach wie giftig:
● Erstens: Entschuldige dich niemals und gib niemals Fehler zu. Cohn betrachtete Reue als Schwäche und würde lieber sterben (wie sich herausstellte, im wahrsten Sinne des Wortes), als Fehler oder Schuld einzugestehen. (…)
● Zweitens: Immer zurückschlagen, und zwar immer mit größerer Wucht, als man selbst erfahren hat. Wenn Cohn kritisiert oder beschuldigt wurde, reagierte er ausnahmslos mit einem noch härteren Gegenschlag, eskalierte die Situation und sorgte dafür, dass der Ankläger es bereute, seinen Namen überhaupt erwähnt zu haben. (…)
● Drittens: Nutze das Rechtssystem als Waffe, nicht als Mittel zur Durchsetzung von Gerechtigkeit. Cohn lehrte Trump, dass Gerichtsverfahren Instrumente der Einschüchterung sind, nicht Mittel zur Streitbeilegung. Er reichte Klagen nicht ein, um zu gewinnen – obwohl Gewinnen natürlich schön war –, sondern um zu bestrafen, zu schikanieren und zum Schweigen zu bringen. (…)
● Viertens: Manipuliere die Medien rücksichtslos. Cohn war ein Meister darin, Geschichten zu platzieren, Journalisten zu pflegen und Kontroversen zu schüren, um seine Ziele zu erreichen. Er verstand, dass die Wahrnehmung die Realität übertrumpfte, dass kühne Behauptungen oft unwidersprochen blieben und dass sich die meisten Menschen an die Anschuldigung erinnern würden, nicht aber an die Rücknahme.
● Fünftens: Nutze Angst als Schutzschild und als Waffe. Cohn verstand, dass Menschen, die Angst vor Kommunisten, vor Kriminalität, vor sozialem Wandel, vor dem „Anderen“ haben, leichter zu manipulieren sind und eher bereit sind, autoritäre Lösungen zu akzeptieren.
Schließlich baute er eine Festung der Loyalität um sich herum auf. Cohn verlangte von seinen Kunden und Mitarbeitern absolute Ergebenheit und revanchierte sich dafür, zumindest solange sie ihm nützlich waren. Er schuf ein Netzwerk gegenseitiger Verpflichtungen und Angst, das ihm in seinen Kämpfen sowohl als Schwert als auch als Schild diente. Trumps berüchtigte Forderung nach Loyalität – von James Comey, von seinen Kabinettsmitgliedern, von republikanischen Gesetzgebern – und seine schnelle Bestrafung vermeintlicher Illoyalität spiegeln Cohns Herangehensweise an Macht wider (…)
Die Spuren von Cohns Einfluss sind in Trumps weiterer Karriere allgegenwärtig. Die ständigen Klagen gegen Journalisten, Kritiker und ehemalige Mitarbeiter. Die reflexartigen Gegenangriffe. Der Einsatz von Geheimhaltungsvereinbarungen und Drohungen. Die Forderung nach Loyalität. Die Weigerung, Fehler oder Niederlagen anzuerkennen. All dies sind Seiten, die direkt aus Cohns Spielbuch stammen. Aber die vielleicht wichtigste Lektion, die
Trump von Cohn gelernt hat, war auch die gefährlichste: dass Institutionen gebrochen werden können, wenn man nur schamlos, aggressiv und hartnäckig genug ist. (…) Trump stellte fest, dass die Schutzmechanismen, die die Demokratie schützen und Rechenschaftspflicht gewährleisten sollten – Gerichte, Presse, Aufsichtsbehörden, ethische Normen – weitaus anfälliger waren, als sie schienen, insbesondere wenn sie mit jemandem konfrontiert wurden, der bereit war, sie unerbittlich und ohne Scham anzugreifen.
(alle Zitate aus: Hartmann, The Last American President)
Fortsetzung am kommenden Donnerstag, den 23. Oktober
An anderen Serien interessiert?
Wilhelm Tell / Ignaz Troxler / Heiner Koechlin / Simone Weil / Gustav Meyrink / Narrengeschichten / Bede Griffiths / Graf Cagliostro /Salina Raurica / Die Weltwoche und Donald Trump / Die Weltwoche und der Klimawandel / Die Weltwoche und der liebe Gott /Lebendige Birs / Aus meiner Fotoküche / Die Schweiz in Europa /Die Reichsidee /Vogesen / Aus meiner Bücherkiste / Ralph Waldo Emerson / Fritz Brupbacher / A Basic Call to Consciousness / Leonhard Ragaz / Christentum und Gnosis / Helvetia — quo vadis? / Aldous Huxley / Dle WW und die Katholische Kirche / Trump Dämmerung / Manès Sperber /Reinkarnatio


Franz Büchler
Okt. 16, 2025
Ein ganz wahrer Satz!
»Er verstand, dass die Wahrnehmung die Realität über*trump*fte …«
.
Von Arno Frank las ich kürzlich in Der Spiegel:
»Wir streiten lieber darüber, was Rechts extrem nützt, als dass wir ernsthaft überlegen, was ihnen schaden könnte.«
Hans-Jörg Beutter
Okt. 21, 2025
«Sei ein Frosch» 😉
(wie Terroristen definitiv nicht aussehen – macht indirekt den Einsatz total lächerlich – ein ICE-Fritze, der Pfefferspray in ein Gummiarschloch sprüht, harrharr)