Mar­i­anne Williamson, Schrift­stel­lerin, jüdis­che Frieden­sak­tivistin und zweima­lige Präsi­dentschaft­skan­di­datin, ste­ht für eine USA, die so ziem­lich das Gegen­teil vom Trump’schen MAGA-Land ist. Sie gehört zu jenen Stim­men, die seit jeher gewarnt haben, dass sich Ameri­ka seit langem poli­tisch und gesellschaftlich in die falsche Rich­tung bewegt. Hier ein Auszug aus ihrem let­zten Blog-Beitrag:

Wenn wir die Dinge nur auf der Ebene betra­cht­en, die außer­halb von uns selb­st stat­tfind­et, sind dies ein­deutig keine glück­lichen Tage. In der Tat sind sie rau und chao­tisch. Aber der Sinn des spir­ituellen Bewusst­seins beste­ht darin, über die bloße Ober­fläche der Dinge hin­auszuschauen. Während sich in der Welt große Verän­derun­gen vol­lziehen, kön­nen wir sie am besten bewälti­gen, indem wir die Natur der Dinge ver­ste­hen, die sich nicht verän­dern. Spir­ituelles Bewusst­sein ist unser größtes Werkzeug, um die Zeit­en, in denen wir leben, zu über­ste­hen und zu meis­tern.

Es gibt objek­tive, erkennbare Geset­ze des Bewusst­seins, die nicht anders funk­tion­ieren als die Geset­ze der materiellen Welt. Die Geset­ze der Physik zum Beispiel sind nicht die Mei­n­ung eines Einzel­nen. Man hat keinen Glauben an das Gesetz der Schw­erkraft, man weiß ein­fach, dass es gibt. Und man weiß, dass es nicht ver­han­del­bar ist. Man kann es außer Kraft set­zen, aber das Gesetz selb­st lässt sich nicht beu­gen.

Spir­ituelle und physikalis­che Geset­ze spiegeln sich gegen­seit­ig wider und haben dieselbe grundle­gende Grund­lage: das Gesetz von Ursache und Wirkung. Jede Hand­lung hat eine Reak­tion, und jed­er Gedanke schafft auf ein­er bes­timmten Ebene eine Form. Wir kom­men mit nichts davon, wed­er physisch noch spir­ituell. Sie lassen keinen Gegen­stand fall­en, ohne zu erwarten, dass er herun­ter­fällt, und Sie unternehmen keine Hand­lung, ohne zu erwarten, dass sie auf Sie zurück­fällt. Das Uni­ver­sum führt per­fek­te Büch­er.

Das Gesetz von Ursache und Wirkung gilt für das Ver­hal­ten von Grup­pen von Men­schen eben­so wie für das Ver­hal­ten von Einzelper­so­n­en. Zu ver­ste­hen, was es bedeutet, dass eine ganze Nation mit Kar­ma zu kämpfen hat, ist weniger eine intellek­tuelle Her­aus­forderung als vielmehr eine Wahrheit, mit der man sich auseinan­der­set­zen muss. Doch die Geset­ze der Natur sind unan­tast­bar. Wenn alles in der Welt nur eine Wirkung ist, deren Ursache in unserem Geist liegt, dann find­en wir in unserem Geist auch unsere größte Kraft, die Welt zu verän­dern.

Es gibt Men­schen, meist auf der recht­en Seite des poli­tis­chen Spek­trums, die nur sehen wollen, was Ameri­ka richtig gemacht hat, und wenig Inter­esse daran haben, zu betra­cht­en, was wir falsch gemacht haben. Es gibt auch Men­schen, meist auf der linken Seite, die nur sehen wollen, was Ameri­ka falsch gemacht hat, und wenig Inter­esse daran haben, zu betra­cht­en, was wir richtig gemacht haben. Bei­de Sichtweisen sind unvoll­ständig und basieren auf falschen Prämis­sen. Die amerikanis­che Geschichte wurde von Men­schen geschrieben, und Men­schen sind unvol­lkom­men. Wo wir gut waren, waren wir manch­mal spek­takulär gut. Und wo wir schlecht waren, waren wir manch­mal spek­takulär schlecht.

Die Wahrheit wird uns befreien, das ist wahr, aber mit den Worten von Wern­er Erhard: „Zuerst wird sie dich wütend machen.“ Wir müssen bere­it sein, mit Liebe und Mit­ge­fühl, aber auch mit bru­taler Selb­sterken­nt­nis in den Spiegel Amerikas zu schauen.

Die Geset­ze des Uni­ver­sums sind eigentlich ganz ein­fach – sie sind tief in der Gold­e­nen Regel ver­ankert. Behan­dle andere so, wie du selb­st behan­delt wer­den möcht­est. Warum? Weil sie es tun wer­den! Und wenn sie es nicht tun, wird es jemand anderes tun. Denke mit Liebe. Han­dle mit Liebe. Und wenn du das nicht tust, erwarte nicht, dass alles gut wird. Denn das wird es nicht.

Wir alle sind Men­schen und wir alle machen Fehler. Diese Welt ist nichts als ver­wirrend. Sie wird von einem Denksys­tem beherrscht, das auf Angst basiert und uns ständig zu Gedanken und Ver­hal­tensweisen ver­leit­et, die alles andere als weise sind. Das passiert uns allen. Hinzu kommt, dass unsere Gedanken in unser­er kollek­tiv­en Exis­tenz allzu oft von soziopathis­chen poli­tis­chen und wirtschaftlichen Kräften gelenkt wer­den, und das Ergeb­nis ist … nun ja … das Ergeb­nis ist, wo wir heute ste­hen.

Das ist die Wahrheit.

In unseren besten Zeit­en haben wir uns als Nation an die Geset­ze der Gerechtigkeit gehal­ten und nach den „Engeln unser­er besseren Natur” gehan­delt. Wir haben unsere Fehler erkan­nt und ver­sucht, sie zu kor­rigieren. So viel Unrecht wir auch manch­mal began­gen haben, die amerikanis­che Geschichte ist nicht nur mit Fehlern über­sät, son­dern auch mit Großar­tigem. Men­schen ander­er Gen­er­a­tio­nen haben die höheren Wahrheit­en des Herzens erkan­nt und anerkan­nt. Sie haben für sie gelebt, sich für sie auf­geopfert und viele sind für sie gestor­ben.

Lin­coln hat in sein­er zweit­en Antrittsrede eine tief­gründi­ge Erk­lärung über die spir­ituelle Bedeu­tung des Bürg­erkriegs abgegeben. Franklin Roo­sevelt sagte über das Amt des Präsi­den­ten: „Die Präsi­dentschaft ist nicht nur ein Ver­wal­tungsamt. Das ist das Ger­ing­ste. Es ist mehr als eine Inge­nieur­sauf­gabe, effizient oder inef­fizient. Es ist in erster Lin­ie ein Ort moralis­ch­er Führung.“ Mar­tin Luther King Jr. sah in der Bürg­er­rechts­be­we­gung eine Chance, die Seele Amerikas zu erlösen und unsere Grün­dungside­ale von Frei­heit und Gerechtigkeit für alle zu ver­wirk­lichen. Das Let­zte, was diese Män­ner waren, war naiv gegenüber der Welt oder naiv gegenüber Ameri­ka.

Große Führungsper­sön­lichkeit­en sprechen oder han­deln nicht nur in materieller Hin­sicht. Sie haben zumin­d­est ein instink­tives Ver­ständ­nis dafür, dass es um mehr geht als nur um die äußeren Umstände des Lebens. Ide­ale sind wichtig. Prinzip­i­en sind wichtig. Rechtschaf­fen­heit ist wichtig. Ohne sie sind wir sog­ar zum Scheit­ern verurteilt. „Gott lässt sich nicht verspot­ten“ bedeutet, dass er nicht verspot­tet wer­den kann. Und „Wo keine Vision ist, geht das Volk zugrunde“ beschreibt ein­fach die Real­ität.

Was ist also mit uns geschehen, dass wir heute dort ste­hen, wo wir ste­hen?

Es ist viel passiert, aber es gibt all­ge­meine his­torische Entwick­lun­gen, die es zu beacht­en gilt. Ganz ein­fach gesagt: Wir haben vergessen, wer wir sind. Diese Nation wurde auf den aufgek­lärtesten Prinzip­i­en gegrün­det – die natür­lich nie voll­ständig ver­wirk­licht wur­den, aber trotz immer wiederkehren­der Wider­stände von jed­er Gen­er­a­tion kon­tinuier­lich angestrebt wur­den. Diese Prinzip­i­en sind nicht nur eine poli­tis­che Iden­tität, son­dern im Wesentlichen eine philosophis­che Mis­sion. Während des größten Teils unser­er Geschichte hat­ten die Men­schen in den Vere­inigten Staat­en ein instink­tives Ver­ständ­nis dafür, was das bedeutete. Von der Abschaf­fung der Sklaverei bis zum Kampf gegen den Faschis­mus kann nie­mand behaupten, dass die Amerikan­er sich nie für die Prinzip­i­en einge­set­zt hät­ten, für die wir ange­blich ste­hen.

Aber die let­zten fün­fzig Jahre waren zwar materiell erfol­gre­ich, aber spir­ituell gese­hen ein dun­kles Zeital­ter in den Vere­inigten Staat­en von Ameri­ka.

Geld wurde zu unserem Gott. Mil­itär und Polizei wur­den zu unseren wichtig­sten Prob­lem­lö­sungsin­stru­menten. Die Gier der Unternehmen wurde zu unserem Organ­i­sa­tion­sprinzip. Unser poli­tis­ches Sys­tem ist durch den unzuläs­si­gen Ein­fluss des Geldes kor­rumpiert wor­den. Unter vie­len Amerikan­ern hat sich sog­ar eine Vor­liebe für Faschis­mus und eine Anziehungskraft für Dik­ta­toren entwick­elt. Moralisch und poli­tisch sind wir weit vom Kurs abgekom­men.

Für diejeni­gen, die denken: Gott hilf uns, genau das ist mein Punkt.

In unserem Bewusst­sein gibt es einen Weg, das Geschehen zu ändern, aber dafür ist Demut gegenüber ein­er Macht erforder­lich, die größer ist als unsere eigene.

Die Sühne ist der höch­ste Aus­druck der Barmherzigkeit Gottes, der in allen großen religiösen und spir­ituellen Tra­di­tio­nen der Welt ver­ankert ist. Jom Kip­pur ist der Ver­söh­nungstag, der heilig­ste Tag des Jahres für Juden; die Beichte ist eine Erfahrung der Sühne für Katho­liken; und das Eingeste­hen unser­er Charak­ter­fehler und das Streben, sie wiedergutzu­machen, ist das Prinzip der Sühne, das in den Anony­men Alko­ho­lik­ern zu find­en ist. Es bedeutet, Gott die genaue Natur unser­er Ver­fehlun­gen zu beken­nen und einen spir­ituellen und psy­chol­o­gis­chen Neuan­fang zu erbit­ten. Wenn wir von der Liebe abgekom­men sind, kön­nen wir für unsere Fehler büßen und so den Kurs unseres Lebens neu aus­richt­en.

Und genau das muss Ameri­ka tun – wir brauchen eine nationale Sühne. Nur die Reini­gung des amerikanis­chen Herzens kann uns aus der Mis­ere befreien, in der wir uns derzeit befind­en. Die Selb­stre­flex­ion, die in diesem Moment von uns ver­langt wird, ist nicht leicht zu schluck­en, aber sie ist der einzige Weg zu grundle­gen­den Verän­derun­gen. Jahre­lang wurde unseren poli­tis­chen Führern von ihren Beratern gesagt, sie soll­ten uns nichts „Neg­a­tives“ erzählen, als wären wir Kinder und keine reifen Erwach­se­nen. Und dafür zahlen wir jet­zt den Preis. …

Wie oft hat sich dieses Land in den let­zten fün­fzig Jahren unter der Führung von Poli­tik­ern, die behaupteten, es sei „im besten Inter­esse Amerikas”, mit Gle­ichgültigkeit, Respek­t­losigkeit – manch­mal sog­ar Grausamkeit – ver­hal­ten? Wie viele unüber­legte und unnötige Kriege, wie viel Zer­störung der Erde, wie viele zer­störte Volk­swirtschaften, damit US-Konz­erne noch reich­er wer­den kon­nten, wie viel Her­zlosigkeit gegenüber den Armen, den Schwachen, den Hun­gri­gen, den Kranken und den Jun­gen, glauben Sie, dass ein göt­tlich intel­li­gentes Uni­ver­sum toleriert, bevor die Auswirkun­gen unser­er Lieblosigkeit auf uns zurück­fall­en?

Gebete um Schutz sind nicht die Gebete, die jet­zt die Schleier des Him­mels durch­drin­gen wer­den. Gott ret­tet uns nicht vor dem, was wir uns selb­st zuge­fügt haben. Das heißt nicht, dass er nicht barmherzig ist. Gott ist nicht zornig … aber er macht auch keine Witze.

Gebete um Verge­bung, Sühne für unsere Ober­fläch­lichkeit und Selb­st­ge­fäl­ligkeit, Fas­ten in Trauer, die Reini­gung unser­er Herzen von den Wegen, auf denen wir so lange ein Sys­tem ermöglicht haben, das so viele miss­braucht hat – das ist die Kraft (größer als jede andere), die unseren Kurs für die vor uns liegen­den Tage neu aus­richt­en wird. Je mehr jed­er Einzelne in seinem Herzen zu dieser Erken­nt­nis gelangt, desto mehr wer­den wir das kollek­tive Bewusst­sein des Lan­des bee­in­flussen. Diese Heilung wird nicht von insti­tu­tioneller Seite kom­men, son­dern von uns.

In Zeit­en wie diesen ist Reue mächtiger als Bomben.

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So schön ... der Text
Reinkarnation!? - Reinkarnation! 8

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