Der amerikanische Blogger Meursault, der uns die “hateful eight” hinter Donald Trump vorstellt, hat auch ein feines Gespür für die Gefahr, die von seiten der fundamentalistischen Weltanschauung des nationalistischen Pseudo-Christentums droht, dem in den USA Millionen anhängen. In seinem neuesten Blog-Beitrag zeigt er auf, wie stark ihr Einfluss auf die amerikanische Aussenpolitik zu werden droht.
Der Endzeitkult, der die Macht in Amerika kontrolliert
Donald Trumps zweite Amtszeit ist nicht nur von autoritärer Politik geprägt, sondern auch von einer zutiefst gefährlichen Theologie. Im Weißen Haus geht es nicht darum, wie man Armageddon verhindern kann. Es geht darum, wie man es beschleunigen kann.
Im Jahr 2025 hat Trump das Amt für Glaubensinitiativen nicht nur wiederbelebt, sondern radikalisiert. Unter der Führung der Fernsehpredigerin Paula White-Cain ist das neu gegründete White House Faith Office mit Endzeitgläubigen besetzt, darunter Ben Carson, Dr. Phil McGraw ... und Kelly Shackelford. Ihre Mission: die US-Politik mit dem in Einklang zu bringen, was sie als Gottes Willen interpretieren, der direkt aus apokalyptischen Schriften stammt.
Paula White hat Bewegungen für Rassengerechtigkeit als „antichristlich“ bezeichnet. In ihren Predigten hat sie wiederholt die Offenbarung als Wegweiser für die heutige Politik herangezogen. In ihrer Theologie ist Trump nicht nur ein Präsident – er ist ein von Gott auserwähltes Werkzeug, welches das letzte Kapitel der Geschichte einleitet.
Sie ist nicht allein.
Der texanische Vizegouverneur Dan Patrick, der jetzt den Vorsitz in Trumps neuer Religious Liberty Commission innehat, hat eine umfassende christlich-nationalistische Agenda vorangetrieben, die biblisches Recht über säkulare Regierungsführung stellt – nicht die Lehren Christi, sondern den apokalyptischen Kriegsruf der dominionistischen Theologie. Patrick hat sich offen für eine „Königreichsnation“ ausgesprochen, ein Begriff, der von christlichen Nationalisten verwendet wird, die glauben, dass Amerika nicht durch Gesetze, sondern durch die Heilige Schrift regiert werden muss, wobei der Präsident als eine Art Verwalter der Endzeit fungiert.
Trumps Office of Management and Budget wird von Russell Vought geleitet, einem selbsternannten christlichen Nationalisten und Architekten des berüchtigten Projekt 2025. Vought hat die Vernichtung der „säkularen Linken“ und die Säuberung der Bundesbürokratie gefordert. Er sieht die Regierung als Schauplatz für einen göttlichen Krieg – als Werkzeug, um die Nation auf die letzte Schlacht zwischen Gut und Böse vorzubereiten, mit einer Politik, die nicht darauf abzielt, Probleme zu lösen, sondern Prophezeiungen zu erfüllen.
Zu diesem giftigen Gebräu kommt noch Lance Wallnau hinzu, ein „prophetischer“ Prediger und Architekt des „Seven Mountains Mandate“, der besagt, dass Christen die Kontrolle über alle kulturellen Institutionen – Medien, Bildung, Regierung und mehr – übernehmen müssen, um Gottes Reich einzuführen. Wallnau ist ein spiritueller Kriegstreiber, der durch das Land tourt und Trump als „Gottes Gesalbten“ verkündet und ihn mit dem biblischen König Cyrus vergleicht – einem heidnischen König, den Gott benutzte, um Israel auf die Endzeit vorzubereiten. Wallnaus „Courage Tour“-Kundgebungen rufen die Anhänger dazu auf, sich auf den „geistigen Kampf“ einzulassen und sich auf die in der Offenbarung vorhergesagten letzten Schlachten vorzubereiten.
Und in den Korridoren des Weißen Hauses lauert John Hagee, der Fernsehprediger und Gründer von Christians United for Israel (CUFI) – einer Organisation mit über 10 Millionen Mitgliedern und unübertroffenem Einfluss auf die heutige evangelikale Rechte. Hagees Ideologie fließt ungehindert in die Agenda für Trumps zweite Amtszeit ein. In seinen Predigten lehrt er, dass der Krieg im Nahen Osten keine Tragödie ist, die verhindert werden muss, sondern eine Prophezeiung, die sich erfüllen muss. Er predigt, dass die Expansion Israels und die Konfrontation mit dem Iran keine geopolitischen Krisen sind, sondern göttliche Meilensteine. Hagee glaubt, dass Gott Hitler benutzt hat, um die Juden nach Israel zurückzubringen, und besteht darauf, dass die Unterstützung Israels die Begrüßung der Apokalypse bedeutet. Die Argumente von CUFI hallen nun aus den Mündern der engsten religiösen Berater Trumps wider und sind in seiner Rhetorik und Politik verankert. Hagees prophetisch geprägte Politik hat dazu beigetragen, die Israelpolitik der USA in einen Countdown für den Weltuntergang zu verwandeln.
Am aussagekräftigsten ist vielleicht Mike Huckabee, der von Trump zum US-Botschafter in Israel ernannt wurde. Huckabee ist kein Diplomat, sondern ein theologischer Aktivist. Seit Jahren unterstützt er die Annexion palästinensischer Gebiete – nicht, um den Frieden zu fördern, sondern weil er glaubt, dass die Erweiterung der Grenzen Israels die Wiederkunft Christi auslösen wird. Seine Aufgabe ist es nicht, Krieg im Nahen Osten zu verhindern. Sie besteht darin, ihn in die Prophezeiung zu führen. Seine unerschütterliche Unterstützung für die Ausbreitung der Siedlungen und seine offene Feindseligkeit gegenüber dem Iran stehen in genauem Einklang mit dem apokalyptischen Plan, der in Ezekiel 38 dargelegt ist, der eine massive Invasion Israels vorsieht, die eine göttliche Intervention auslöst, und in Offenbarung 16, die eine letzte globale Schlacht als Vorbote der Wiederkunft Christi vorhersagt. Huckabee behandelt Israel nicht als modernen Nationalstaat. Er betrachtet es als Startrampe für die Wiederkunft Christi.
(Das sieht auch die links-liberale israelische Zeitung so, wie ein Artikel von heute morgen deutlich macht.)

Zusammen bilden diese Persönlichkeiten einen prophetischen Rat innerhalb der Regierung Trump. Ihre gemeinsame Überzeugung? Dass ein globaler Krieg – insbesondere im Nahen Osten – keine Bedrohung ist, die es zu vermeiden gilt, sondern ein biblisches Ereignis, das begrüßt werden muss. Dass Diplomatie das Schicksal hinauszögert. Dass Leiden heilig ist. Dass es nicht die Aufgabe Amerikas ist, das Ende der Welt zu verhindern, sondern es einzuläuten.
Das ist keine Randtheologie, die von Kirchenkanzeln geflüstert wird. Sie sitzen an der Spitze der mächtigsten Regierung der Welt.
Und sie beten um Feuer.
Sie leiten keine Regierung. Sie bauen einen Opferaltar.
Sie glauben, dass ein globaler Krieg keine Bedrohung ist, sondern eine Notwendigkeit.
Sie glauben, dass Frieden die Prophezeiung verzögert.
Sie glauben, dass Leiden Erlösung bringt.
Für sie ist eine Atompilzwolke kein Versagen der Diplomatie. Sie ist ein Trompetenstoß, der die Rückkehr des Königs ankündigt.
Die erschreckende Wahrheit ist: Zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten beeinflusst die Theologie nicht nur die Politik – sie bestimmt sie. Krieg wird nicht mehr als Versagen angesehen. Er ist eine Prophezeiung. Frieden ist nicht mehr das Ziel. Er ist Ungehorsam.
Trump ist kein Politiker mehr. Er ist ein Werkzeug.
Und wenn wir sie nicht aufhalten, könnten sie bekommen, wofür sie beten.
P.S. Diese ganze Entwicklung sah auch das Center for Security Studies der ETH schon 2020 klar voraus.
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