Nach dem Tod Aldous Hux­leys am 22. Novem­ber 1963 — dem Tag der Ermor­dung J.F. Ken­ne­dys — gab sein Bru­der Juli­an, sei­ner­seits ein berühm­ter Bio­lo­ge, einen Sam­mel­band her­aus, wor­in Hux­leys vie­le Bekannt­schaf­ten, Freun­din­nen und Freun­de dem gros­sen eng­li­schen Intel­lek­tu­el­len die letz­te Ehre erwie­sen. Dar­un­ter fan­den sich u.a. der Kunst­his­to­ri­ker Ken­neth Clark, Igor Stra­win­sky, der His­to­ri­ker Ste­ven Run­ci­man, André Mau­rois, Yehu­di Menu­hin, sein lebens­lan­ger Freund Gerald Heard , der Lyri­ker und Dra­ma­ti­ker T.S. Eli­ot und sei­ne Bio­gra­phin Sybil­le Bedford.

Eli­ot gab eine berüh­ren­de Beschrei­bung von Hux­leys Wesen, als er die­sen 1935 an einem Gesell­schafts­an­lass traf, — und damit schliesst der birsfaelder.li-Schreiberling die Serie über den her­aus­ra­gen­den Intel­lek­tu­el­len, spritu­el­len Pio­nier und gros­sen Menschenfreund:

Als ich ihn 1935 oder 1936 im Haus eines gemein­sa­men Freun­des, Lord Roth­schild, in Cam­bridge traf, erwar­te­te ich, ein­ge­schüch­tert und viel­leicht sogar brüs­kiert zu wer­den. Aber er war sehr höf­lich und freund­lich zu allen Anwe­sen­den. Die Gesell­schaft spiel­te, so schien es mir, nach fast jedem Essen intel­lek­tu­el­le Spie­le; sie zeig­te ger­ne ihren Witz und ihr Wis­sen; Hux­ley lieb­te sol­che Übun­gen ganz offen­sicht­lich, blieb aber wett­be­werbs­un­fä­hig, wohl­wol­lend und distanziert. 

Als die Spie­le end­lich vor­bei waren, sprach er, ohne sei­nen lei­sen, mono­to­nen Ton zu ändern, über Per­so­nen und Ideen und beschrieb sie, als ob er sie aus gro­ßer Ent­fer­nung betrach­ten wür­de, als selt­sa­me, aber inter­es­san­te Exem­pla­re, als merk­wür­dig, aber nicht merk­wür­di­ger als vie­le ande­re auf der Welt, die er wie eine Art Muse­um oder Enzy­klo­pä­die zu betrach­ten schien. Er sprach mit Gelas­sen­heit und ent­waff­nen­der Auf­rich­tig­keit, ganz ein­fach. Es gab kei­ne Bos­heit und nur sehr wenig bewuss­te Iro­nie in sei­nen Gesprä­chen, nur den mil­des­ten und sanf­tes­ten Spott der unschul­digs­ten Art. 

Er beschrieb ger­ne Pro­phe­ten und Mys­t­ago­gen, aber selbst Per­sön­lich­kei­ten wie Graf Key­ser­ling, Ous­pen­sky und Gurd­jieff, die er nicht beson­ders moch­te, wur­den gebüh­rend und sogar mehr als gebüh­rend behan­delt; …  Hux­ley sprach sehr gut: Er brauch­te ein auf­merk­sa­mes Publi­kum und Stil­le, aber er war nicht selbst­süch­tig oder herrsch­süch­tig, und bald ver­fiel jeder im Raum sei­nem fried­li­chen Bann; Glanz und Glit­zer ver­schwan­den aus der Luft, alle wur­den ruhig, ernst, inter­es­siert und zufrieden. 

Das Bild, das ich ver­sucht habe zu zeich­nen, mag den Ein­druck ver­mit­teln, dass Hux­ley trotz all sei­ner edlen Eigen­schaf­ten (wie eini­ge sehr gute Män­ner und begab­te Schrift­stel­ler) etwas lang­wei­lig oder pre­di­gend gewe­sen sein könn­te. Aber das stimm­te über­haupt nicht, zumin­dest bei den weni­gen Gele­gen­hei­ten, bei denen ich ihn traf. Er hat­te einen gro­ßen mora­li­schen Charme und Inte­gri­tät, und es waren die­se sel­te­nen Eigen­schaf­ten … und nicht Bril­lanz oder Ori­gi­na­li­tät, die jeden Man­gel an Glanz und eine gewis­se Dünn­heit im gleich­mä­ßi­gen, ste­ti­gen Fluss der Wor­te, denen wir alle so bereit­wil­lig und respekt­voll zuhör­ten, aus­gli­chen und mehr als ausglichen.

In der kom­men­den Serie blei­ben wir beim The­ma “Spi­ri­tu­el­le Pio­nie­re des Wes­tens”. Dazu mehr am kom­men­den Sams­tag, den 18. Januar

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