Als Aldous Huxley 1947 “Science, Liberty and Peace” veröffentlichte, sah er nach den Schrecken des 2. Weltkriegs und angesichts des sich anbahnenden Kalten Krieges eher pessismistisch in die Zukunft. Er wies auf die zerstörerische Macht von Ideologien hin — sei es von links oder von rechts -, und beklagte die negativen Konsequenzen einer Weltsicht, die sich von der transzendenten Ebene des Lebens abgekoppelt hatte:
Unser Grundproblem ist, dass trotz allem, was geschehen ist, jeder glaubt, er habe Recht. In der Vergangenheit haben Despoten die Verbrechen begangen, die Despoten immer begehen — aber sie haben sie mit einem Gewissen begangen, das manchmal deutlich unruhig war. Sie waren als Christen, als Hindus, als Moslems oder Buddhisten erzogen worden, und im tiefsten Inneren wussten sie, dass sie Unrecht taten, weil das, was sie taten, den Lehren ihrer Religion widersprach. Heute ist der politische Chef in unserem aufgeklärten und wissenschaftlichen Umfeld aufgewachsen. Daher kann er seine Untaten mit gutem Gewissen begehen, weil er überzeugt ist, dass er zum höchsten Wohl der Menschheit handelt.
Klarsichtig analysierte er den Nationalismus (nicht Patriotismus!) als Gefahrenquelle für ein friedliches Zusammenleben der Völker:
Die Welt ist in etwa fünfzig Verwaltungseinheiten aufgeteilt, die sich Nationen nennen.(Heute sind es 194!) In jeder dieser Nationen gibt es eine Staatsreligion, nämlich die Welt der Nation, die als höchster Wert angesehen wird, oder Gott. Wer einen der etwa fünfzig nationalen Moloche anbetet, ist zwangsläufig und automatisch ein Kreuzritter gegen die Anbeter aller anderen nationalen Moloche. Der Nationalismus führt in den moralischen Ruin, weil er die Universalität leugnet, die Existenz eines einzigen Gottes leugnet, den Wert des Menschen als Mensch leugnet; und weil er gleichzeitig die Ausschließlichkeit bekräftigt, die Eitelkeit, den Stolz und die Selbstzufriedenheit fördert, den Hass anregt und die Notwendigkeit und Gerechtigkeit des Krieges verkündet. Die fatalen Folgen des Nationalismus haben sich im Laufe der Geschichte immer wieder gezeigt.
Und er zeigt leider auch auch heute wieder seine Fratze …
Rasch/Wagner fassen Huxleys heute immer noch gültige Einsichten so zusammen:
… er diagnoszierte eine Ausgangslage, die seiner Auffassung nach zu dem führen würde, was sich zwanzig Jahre nach seinem Tod in neoliberaler Entfesselung (radikaler wirtschaftlicher Deregulierung) und einer immer höheren Konzentration von Macht in den Händen weniger bis heute zu nie gekannten Höhen aufgeschwungen hat: Der technologisch induzierte Prozess des ausschliesslich profitregulierten Wirtschaftswachstums (Massenproduktion und — konsum) erzeuge zwangsläufig dauerhafte wirtschaftliche und soziale Unsicherheit, die Unternehmen wie Arbeitnehmer dazu zwingt, Hilfe beim Staat zu suchen. Für den Normalbürger führe das Szenario zu einem progressiven Verlust bürgerlicher Freiheiten, persönlicher Unabhängigkeit und Möglichkeiten der wirtschaftlichen wie sozialen Selbstorganisation.
Nicht allein in dieser Hinsicht liest sich der Text knapp achtzig Jahre nach seinem Entstehen, als wäre er gestern verfasst worden, — genau so wie folgende Aussage:
Aus politischer und menschlicher Sicht wäre der wünschenswerteste Ersatz für Erdöl eine leistungsfähige Batterie zur Speicherung der durch Wasser, Wind oder Sonne erzeugten elektrischen Energie.
Fortsetzung am kommenden Samstag, den 20. April.
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Christoph Meury
Apr. 13, 2024
Endlich klare Kante zeigen!
In Sissach im Kanton Baselland protestierten am Samstagvormittag (heute am 13. April 2024) rund 150 linke Aktivistinnen und Aktivisten gegen Rechtsextremismus. Die Kundgebung war von den Behörden bewilligt. Der Ort der Demo war nicht zufällig gewählt. Sissach ist der Wohnort von Sarah Regez, der Strategiechefin der Jungen SVP
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Baselbieter Parteien gegen Extremismus
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In einem am Freitagabend versandten Communiqué grenzen sich alle grossen Baselbieter Parteien, inklusive der SVP, von «Extremismus jeglicher Art» ab. «Extremistische Aktivitäten jeglicher Art zielen per Definition darauf ab, die Grundwerte einer freiheitlichen Demokratie zu beseitigen und gehen immer auch mit Gewaltbereitschaft einher», heisst es im Schreiben. Extremismus sei somit das Gegenstück zum demokratischen Verfassungsstaat und in keiner Gestalt zu tolerieren. «Verharmlosung und Bagatellisierung führen zu einer schleichenden Normalisierung extremistischer Aussagen», halten sie weiter fest. Dies bedrohe letztlich demokratische Werte und das friedliche Zusammenleben in der Schweiz. Gerade Parteien und ihren gewählten Volksvertreterinnen und ‑vertreter komme hier eine wichtige Vorbildfunktion zu.
Max Feurer
Apr. 13, 2024
Das ist alles höchst erfreulich, und besonders erfreulich, dass die Baselbieter SVP einen eigenständigen Weg geht und ebenfalls klare Kante zeigt, — ganz im Gegensatz zu Blocher, Köppel und Co.