Manès Sper­ber reiste im Früh­jahr 1933 über Prag und Wien nach Zagreb, wo er im Rah­men sein­er indi­vid­u­alpsy­chol­o­gis­chen Tätigkeit von früher noch Kon­tak­te hat­te. Er ver­brachte in Jugoslaw­ien ein gutes Jahr,
In seinem täglichen Leben bewegt sich Sper­ber natür­lich vor allem in kom­mu­nis­tis­chen Kreisen. Er schloss mit den Funk­tionären Bekan­ntschaft … Die eng­ste Beziehung hat­te er .. zu Dju­ka Cvi­jic, einem exilierten Parteiführer, der für die sow­jetis­che Presseagen­tur TASS arbeit­ete und zu “dessen men­schlich­er Qual­ität und poli­tis­ch­er Urteils­fähigkeit” Sper­ber sofort Ver­trauen fasste. 
Cvi­jic war ein Kom­mu­nist, der sich nicht gegen besseres Wis­sen und gegen sein Gewis­sen mit der von Moskau vorgegebe­nen Parteiorder abfand und der dafür mit dem Tod bezahlte: “Von früh­ester Jugend an der Sache ergeben, lehnte er es bis zum Ende ab, das Sac­ri­fi­ci­um intel­lec­tus zu brin­gen, … dadurch, dass er recht behielt, ist Djukas Schick­sal besiegelt wor­den: Er wurde einige Zeit später nach Rus­s­land gerufen und als ein­er der ersten unter den jugoslaw­is­chen Kom­mu­nis­ten ohne Prozess durch die GPU (sow­jetis­che Geheim­polizei, RI) ermordet.” (Isler, p. 51)
Sper­ber zollte ihm später in sein­er Romantrilo­gie “Wie eine Träne im Ozean” in der Gestalt des Vas­so Mil­itsch seinen tiefen Respekt.

Es waren solche Erfahrun­gen, die in ihm die Frage nach der wahren Natur des bolschewis­tis­chen Regimes unter Stal­in drän­gen­der wer­den liess. Aber noch war er weit ent­fer­nt vom Gedanken an einem möglichen Bruch mit der Partei.

Jugoslaw­ien wurde für ihn auch in ander­er Hin­sicht wichtig, denn dort
bekommt die Natur zum ersten Mal eine eigene, grosse Bedeu­tung. Sie wird zum Gegen­pol der sich über­stürzen­den, bedrohlichen his­torischen Ereignisse und ver­bre­it­et eine unendliche Ruhe, die die bit­teren Nieder­la­gen im Kampf um eine bessere Welt auszu­gle­ichen scheint. Vor allem die Insel Kor­cu­la, auf der Sper­ber jew­eils die Som­mer­szeit ver­brachte, ste­ht für den Beginn dieses Erlebens der Natur, das in der Auto­bi­ogra­phie nur ganz knapp angedeutet wird:
Vom ersten Augen­blick an wusste ich, dass die Adria, ihre Küsten und Inseln mir fort­ab mehr bedeuten wür­den, als Worte aus­drück­en kön­nen und sollen. Meine Liebe zu dieser Land­schaft, über ich sei­ther viel gesprochen und geschrieben habe, bewahrt für mich selb­st etwas Unerk­lär­lich­es. (Isler, p. 51)

Sper­ber ver­liess Jugoslaw­ien im Juni 1934, als er dem Ruf der Partei Folge leis­tete, in Paris die ide­ol­o­gis­che Leitung ein­er  von der Kom­intern angeregten Pro­pa­gan­daor­gan­i­sa­tion zu übernehmen. Zusam­men mit kom­mu­nis­tis­chen deutschen Emi­granten sollte er eine inter­na­tionale Ausstel­lung zur Aufk­lärung über den Faschis­mus vor­bere­it­en. Partei­in­terne Intri­gen führten zum Auss­chei­den wichtiger Mitar­beit­er und liessen die Ausstel­lung schliesslich zu einem Mis­ser­folg wer­den. Aber dieses Engage­ment erlaubte ihm, seine Bekan­ntschaft mit einem der Mitar­beit­er zu ver­tiefen, der einen ähn­lichen Werde­gang wie Sper­ber hat­te und als Schrift­steller bald Wel­truhm erlan­gen sollte: Arthur Koestler.

Fort­set­zung am kom­menden Sam­stag, den 17. Mai

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