Als Graf Cagliostro nach seinem miss­glück­ten Aufen­thalt über Warschau nach Strass­burg kam, machte er schon bald die Bekan­ntschaft von Louis René Edouard de Rohan-Guéméné, dem aus dem franzö­sis­chen Hochadel stam­menden Erzbischof von Strass­burg, und 1778 vom macht­be­wussten und reak­tionären Papst Pius VI. zur Kar­di­nal­swürde erhoben. Vorher hat­te er ein paar Jahre als Botschafter Frankre­ichs am Hofe von Kaiserin Maria-There­sia ver­bracht, fiel allerd­ings wegen seines lock­eren und ver­schwen­derischen Lebenswan­dels, aber auch wegen poli­tis­ch­er Dif­feren­zen in Ung­nade und ver­lor seinen Posten.

Um sich ein Bild vom dama­li­gen Prunk zu machen, lohnt ein Blick auf seinen eige­nen “Hof­s­taat” , mit dem er in Wien ein­traf:
Die bei­den Galawa­gen hat­ten 40,000 Livres gekostet, sie waren so reich als geschmack­voll; der prin­zliche Marstall enthielt fün­fzig Pferde, die Leitung war einem Ober­stallmeis­ter, welch­er den Rang eines Brigadiers bei der königlichen Armee hat­te, einem Unter­stallmeis­ter und zwei Vor­re­it­ern anver­traut. Fern­er hat­te der Prinz zur Bedi­enung sieben Pagen aus den vornehm­sten adeli­gen Geschlechtern der Bre­tagne und des Elsaß, die unter einem Hofmeis­ter und einem Prä­cep­tor standen; diese Pagen waren aufs prachtvoll­ste gek­lei­det; außer­dem waren noch zwei Kam­mer­her­ren vorhan­den, deren ein­er Mal­te­serkom­tur und der andere Kaval­leriekapitän war; sechs Kam­mer­di­ener, ein Haushofmeis­ter und ein Oberkoch besorgten den inneren Dienst des Palastes, sowie die Küche; diesel­ben tru­gen alle einen schar­lachrothen, mit Gold ver­brämten Anzug. Die weit­ere Diener­schaft bestand aus zwei Hei­duck­en, vier Vor­läufern mit glänzen­der, gold= und sil­berge­stick­ten Uni­form; zwölf Lakaien, zwei Schweiz­ern, ein­er für die innern Gemäch­er, der andere für die äußern Thüren, deren glänzende bunte Livree aller Augen auf sich zog; zehn Musikan­ten in Schar­lachk­lei­dern mit Gold­bor­den am Knopfloch; einem Ober­auf­se­her, einem Schatzmeis­ter, vier Gesandtschaftsedelleuten, die vom König ernan­nt und bestellt waren; außer­dem aus einem Gesandtschaftsse­cretär (dem Abbé Georgel) und vier Schreibern.” (Abbé Georgel, zitiert nach: Julius Rathge­ber, Elsäs­sis­che Geschichts­bilder aus der franzö­sis­chen Rev­o­lu­tion­szeit (Basel 1886)

Kar­di­nal Rohan zeigte neben sein­er mondä­nen Seite aber auch Inter­esse an spir­ituellen The­men, ins­beson­dere der Alchemie. Das dürfte der Grund gewe­sen sein, dass sich zwis­chen Cagliostro und Rohan trotz der höchst unter­schiedlichen Charak­tere eine Fre­und­schaft entwick­elte. Inter­essiert ver­fol­gte er Cagliostros alchemistis­chen Exper­i­mente in seinem Schloss in Zabern/Saverne.

Eines Tages anlässlich des Besuchs der Baronin von Oberkirch, die am Hof Lud­wigs XVI. verkehrte, zeigte Rohan ihr einen grossen Dia­man­ten, den er an seinem kleinen Fin­ger trug und in den das Wap­pen der Rohan ein­graviert war. Auf ihren Aus­ruf “Es ist ein wun­der­schönes Schmuck­stück, Mon­seigneur” antwortete Rohan: “Es ist Cagliostro, der ihn aus dem Nichts geschaf­fen hat. Meine Augen waren während der ganzen Oper­a­tion auf den Titel gerichtet. … Man soll nicht sagen, dass er mich betrügt oder aus­nutzt. Ich habe diesen Ring von einem Juwe­li­er und einem Graveur schätzen lassen, und sie haben ihn auf Fün­fundzwanzig­tausend Livres geschätzt. Sie müssen zugeben, dass er ein selt­samer Betrüger wäre, der solche Geschenke macht. … Aber das ist nicht alles — er kann Gold machen. Er hat in mein­er Gegen­wart Gold im Werte von fünf oder sech­stausend Livres hergestellt.” (aus Trow­bridge, Cagliostro)

Man mag von diesen Geschicht­en hal­ten, was man will. Tat­sache bleibt, dass Cagliostro von Rohan nie etwas erbat.

1781 begann dem Magi­er und Alchemis­ten trotz sein­er ekla­tan­ten Heil­er­folge in Strass­burg ein käl­ter­er Wind ins Gesicht zu blasen. Im August taucht­en in der Stadt Plakate auf. Dahin­ter stand wahrschein­lich ein gewiss­er Car­lo Sachi, den Cagliostro als Sekretär und Lauf­burschen angestellt hat­te. Dieser hat­te ange­fan­gen, Cagliostro zu betrü­gen, indem er dessen Medika­mente und eigene Rezepte verkaufte und — sehr zur Freude der Ärzteschaft — Cagliostro kri­tisierte und schmähte. Als ein ehe­ma­liger Patient dies Cagliostro hin­ter­brachte, set­zt er Sachi kurz­er­hand vor die Tür.

Zor­nent­bran­nt stürzt dieser zu seinem Denun­zianten und erschiesst ihn um ein Haar. Die Polizei schal­tet sich ein. Der Richter weist Sachi aus der Stadt aus. Er lässt sich in Kehl, am andern Rhein­ufer nieder. Sofort begin­nt er mit seinen Angrif­f­en. Er ver­langt auf gerichtlichem Weg Gehäl­ter, die Cagliostro ihm ange­blich schuldet. Aber seine Klage wird abgewiesen. Nun greift er zu Schmäh­schriften, Plakat­en, Ver­leum­dun­gen, Briefen. (F.R. Dumas, Cagliostro)

Ein Dr. Ostertag set­zte eine Denkschrift in Umlauf, in der er Cagliostro bezichtigte, gewisse Patien­ten zu Tode kuri­ert zu haben, und er warf ihm vor, bei ein­er drama­tis­chen Geburt die Ret­tung von Mut­ter und Kind fälschlicher­weise auf sein Ein­greifen zurück­zuführen.

Zwar set­zte sich schon 1781 der dankbare Jakob Sarasin in einem öffentlichen Brief für ihn ein, 1783 gefol­gt von Briefen des Aussen­min­is­ters Graf von Ver­gennes, des Siegel­be­wahrers  Mar­quis von Miromes­nil und des Kriegsmin­is­ters Marschall von Ségur an den Bürg­er­meis­ter von Strass­burg. Ségur schrieb z.B.:
Das vor­bildliche Ver­hal­ten, das Herr von Cagliostro, wie man mir, mein Herr, ver­sichert, in Strass­burg an den Tag gelegt hat, die Ehren­haftigkeit, mit der er in dieser Stadt seine Ken­nt­nisse und Gaben ange­wandt, und die Men­schlichkeit, die er in vie­len Krankheits­fällen, zu denen man ihn zuzog, gezeigt hat, sind ein Beweis dafür, dass dieser Fremde die Pro­tek­tion der Regierung ver­di­ent. Der König beauf­tragt Sie, darüber zu wachen, dass er in Strass­burg … nicht gestört wird und dass man ihm in dieser Stadt mit Hochachtung begeg­net, die ihm auf Grund der Dien­ste, die er den Unglück­lichen geleis­tet hat, zuste­ht. 

Doch am 13. Juni 1783 reiste Cagliostro plöt­zlich Rich­tung Neapel ab, um einen schw­er erkrank­ten Mal­te­ser­rit­ter zu besuchen. Über Cagliostros Beziehung zu Mal­ta wird noch zu sprechen sein. Und am Hor­i­zont braute sich schon das grosse Dra­ma zusam­men, das ihn wegen des Kar­di­nals ereilen und ihm die uner­bit­tliche Feind­schaft von Louis XVI. zuziehen sollte.

Darüber mehr in der kom­menden Folge am Sam­stag, den 28. August.

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