Die Vere­in­ten Natio­nen … sind nur an sich, formell und inner­lich, als Eigen­tümer der Erde anerkan­nt; aber sie sind es nicht für sich. wirk­lich und äusser­lich, fasst von Pech­mann das Dilem­ma zusam­men, denn in der Sache herrscht offen­bar nicht der Wille des Eigen­tümers, also der UNO, son­dern ein ander­er Wille.

Fragt sich, wer oder was hin­ter diesem “anderen Willen” ste­ht. Die Antwort liegt natür­lich auf der Hand:
die Nation­al­staat­en.
Fra­gen wir nach der Ursache für die läh­mende Macht­losigkeit der Vere­in­ten Natio­nen, so liegt sie offen­sichtlich im Charak­ter des gegen­wär­ti­gen Staaten­sys­tems, der damit eine umfassende und effek­tive Bear­beitung und Lösung der Men­schheit­sprob­leme durch die Vere­in­ten Natio­nen ver­hin­dert.
Denn auf der einen Seite sind die Nation­al­staat­en zwar völk­er­rechtlich Mit­glieder der Vere­in­ten Natio­nen und erken­nen sie damit als die für die Men­schheits­fra­gen zuständi­ge Rechtsper­son an; aber sie ver­ste­hen sich und ihre Hand­lun­gen zugle­ich nicht als Organe des gemein­samen Wil­lens, son­dern fol­gen ihrem eige­nen Willen. 
Daher existieren gegen­wär­tig, um mit Jean-Jacques Rousseau zu reden, zwei Arten der poli­tis­chen Wil­lens­ge­mein­schaft: die volon­té générale, die die Vere­in­ten Natio­nen repräsen­tieren, und die volon­té de tous, die von den Nation­al­staat­en repräsen­tiert wird. Und es ist offen­bar der Dual­is­mus dieser bei­den Wil­lens­ge­mein­schaften, der es den Vere­in­ten Natio­nen als anerkan­ntem Eigen­tümer der Erde zugle­ich ver­wehrt, von ihrer Sache einen effek­tiv­en und angemesse­nen Gebrauch zu machen.
(Sämtliche Auszüge aus Alexan­der von Pech­mann, Die Eigen­tums­frage im 21. Jahrhun­dert)

Dazu kommt, dass diese volon­té de tous  ger­ade daran ist, sich immer weit­er zu spal­ten. Aktuelle Beispiele brauchen wohl nicht aufgezählt zu wer­den.

Um aus dieser eigentlichen Patt-Sit­u­a­tion her­auszufind­en und mögliche Lösun­gen zu erar­beit­en, gilt es vor­erst, die Prob­lematik, welche der Läh­mung der UNO zugrunde liegt, genauer zu fassen:
Nach beste­hen­dem Völk­er­recht sind die Staat­en zwar Mit­glieder der Vere­in­ten Natio­nen und erken­nen damit deren Grund­sätze an; aber sie sind nicht deren Organe oder Teil­staat­en, son­dern besitzen in der Form des mod­er­nen Nation­al­staats einen Dop­pelcharak­ter:
Sie haben nach innen die ver­fas­sungsrechtliche Pflicht, Leben und Frei­heit sowie das pri­vate Eigen­tum ihrer Bürg­er zu schützen, das Wohl ihres Volkes zu erhal­ten sowie, mit der ökol­o­gis­chen Krise, dessen natür­liche Lebens­grund­la­gen zu sich­ern. Um diese Verpflich­tun­gen zu erfüllen, besitzen sie auf ihrem Ter­ri­to­ri­um das anerkan­nte Gewalt­monopol.
● Nach aussen hinge­gen haben sie das all­ge­mein anerkan­nte Recht auf die Erhal­tung ihrer staatlichen Sou­veränität und ter­ri­to­ri­alen Integrität (VN-Char­ta, Art. 2), zu deren Schutz sie über mil­itärische Gewalt ver­fü­gen.

Natio­nen kön­nen also gle­ich­sam als “Indi­viduen” betra­chtet wer­den, die von der Staatenge­mein­schaft anerkan­nt sind und daher von anderen Staat­en als sou­veräne Akteure anerkan­nt wer­den müssen.
Soweit die The­o­rie. Die Prax­is sieht zurzeit — wie wir ger­ade erleben — etwas anders aus …

Ste­hen sich also diese “Indi­viduen”, die ihre je eige­nen Inter­essen vertreten, und die Vere­in­ten Natio­nen, die auf das Gemein­wohl der ganzen Men­schheit aus­gerichtet sind, mehr oder weniger zusam­men­hangs­los gegenüber?

Natür­lich nicht ganz. Das “Scharnier”, das bei­de zusam­men­hält, sind Verträge:
Die Auf­gaben der Erhal­tung des Welt­friedens, der Über­win­dung der sozialen Schere durch Besei­t­i­gung der Weltar­mut oder der Kluft zwis­chen den reichen und armen Natio­nen nach dem Grund­satz der Gerechtigkeit sowie der Lösung der ökol­o­gis­chen Krise durch Mass­nah­men zur Erhal­tung des Kli­mas oder der Rein­hal­tung der Meere nach dem Grund­satz der Nach­haltigkeit — all diese Auf­gaben existieren in der Form von Abkom­men zwis­chen sou­verä­nen Akteuren. Das gemein­same Han­deln zur Lösung der Men­schheit­sprob­leme geschieht … also auf der Grund­lage eines inter­na­tionalen Ver­tragssys­tems. 

Wo die Schwach­punk­te dieses Sys­tems liegen, schauen wir uns in der näch­sten Folge

am kom­menden Fre­itag, den 19. Mai an.

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