Die Tat­sache, dass die Men­schheit ger­ade daran ist, ihr eigenes Haus Schritt um Schritt unbe­wohn­bar­er zu machen, sodass ein paar Mil­liardäre sich schon über­legen, in welchem Winkel der Erde sie weit­er­hin geschützt über­leben kön­nen (z.B. in Neusee­land), zeigt, dass sich heute ein paar grund­sät­zliche Fra­gen stellen, wie wir in Zukun­ft und mit dem zer­brech­lichen “Blauen Plan­eten” umge­hen wollen.

“Grund­sät­zlich” heisst: wirk­lich in die Tiefe zu gehen auf das Risiko hin, dass es weh tut. Und vor allem: die richti­gen Fra­gen stellen. Wom­it wir wieder bei der Apor­ie in der let­zten Folge wären.

Von Pech­mann zeigt in einem ersten Schritt die Gemein­samkeit­en zwis­chen men­schlich­er Güter­pro­duk­tion und der natür­lichen Pro­duk­tion auf:
Das glob­ale Sys­tem der Pro­duk­tion, Dis­tri­b­u­tion und Kon­sum­tion nüt­zlich­er Güter (nimmt) gän­zlich an den irdis­chen Energie- und Stof­fwech­sel­prozessen teil. Denn in ihm wer­den laufend anor­gan­is­che wie organ­is­che Verbindun­gen in ihre Bestandteile zer­legt und in neuen For­men zusam­menge­set­zt. Ständig wird Energie aus der einen Form in eine andere umge­wan­delt: poten­tielle in kinetis­che Energie, kinetis­che in elek­trische Energie und so weit­er. In dieser Hin­sicht funk­tion­iert als das men­schliche Sys­tem, das natür­liche in nüt­zliche Güter ver­wan­delt und sie schliesslich als nut­zlose Dinge auss­chei­det, nicht anders als das natür­liche Sys­tem. Ja, es kann gar keinen anderen Regeln als die physikalis­chen, chemis­chen und biol­o­gis­chen Geset­ze der Natur ver­wen­den, um diese steten Ver­wand­lun­gen zu vol­lziehen.
(Sämtliche Auszüge aus Alexan­der von Pech­mann, Die Eigen­tums­frage im 21. Jahrhun­dert)

Also Ende gut, alles gut? Natür­lich nicht angesichts der sich ver­schär­fend­en Kli­makrise, der fortschre­i­t­en­den mas­siv­en Zer­störung von Urwäldern, der Mikro­plas­tik und des dro­hen­den ökol­o­gis­chen Kol­laps­es in den Meeren.

Aber wo liegt denn der alles entschei­dende Unter­schied, eben: die Apor­ie? Von Pech­mann:
Das Sys­tem der Pro­duk­tion und Kon­sum­tion ist in seinen Abläufen zweck­gerichtet und lin­ear. Es beste­ht darin, die natür­lichen Dinge in diesen Prozessen in Güter zu ver­wan­deln, die für die Men­schen nüt­zlich sind, durch deren Gebrauch also ihre man­nig­falti­gen Bedürfnisse befriedigt wer­den. In sein­er Zweck­mäs­sigkeit ist dieses auf die Bedürfnisse gerichtete Sys­tem lin­ear. Die Abläufe haben einen Anfang und ein davon unter­schiedenes Ende: Ihren Anfang bilden die Prozesse der Abtren­nung der Dinge aus ihrem natur­wüch­si­gen Zusam­men­hang durch Tech­niken der Rohstof­fgewin­nung; ihre Mitte bildet die Umwand­lung der gewonnenen Rohstoffe in eine Vielzahl von nüt­zlichen Gütern, die die Phasen ihrer arbeit­steili­gen Pro­duk­tion und ihres Trans­ports umfasst; das Ende bildet die Kon­sum­tion, der Gebrauch der nüt­zlichen Güter, der sie schliesslich in nut­zlose Dinge ver­wan­delt.
Dieser zweck­gerichtet lin­eare Prozess fängt immer wieder von vorne an, weil die nüt­zlichen Güter in ihrem Gebrauch ihre Nüt­zlichkeit ver­lieren und daher laufend neue Güter pro­duziert wer­den müssen. Das aber bedeutet, dass dieses “Sys­tem der Bedürfnisse” ständig auf natür­liche Ressourcen angewiesen ist, die es zugle­ich ver­braucht.

Soweit, so logisch. Mit der Indus­tri­al­isierung im 18./19. Jahrhun­dert, der Indus­tri­al­isierung 2.0 und 3.0 im 19./20., und 4.0 im begin­nen­den 21. Jahrhun­dert, die zu ein­er mas­siv­en Beschle­u­ni­gung der Pro­duk­tion führen, begin­nen nun allerd­ings die Prob­leme:
Diese Steigerung der Pro­duk­tiv­ität der Arbeit geschieht bekan­ntlich durch den Ein­satz tech­nis­ch­er Mit­tel wie Maschi­nen, Katalysatoren, Wachstumsbeschleuniger,etc., sodass neben die Pro­duk­tion der Mit­tel für die Kon­sum­tion die Pro­duk­tion der Mit­tel für die Pro­duk­tion tritt. Durch sie wird jedoch nicht nur die Pro­duk­tion der Kon­sum­mit­tel beschle­u­nigt, son­dern auch ihre Masse ver­mehrt. Und in dem Masse, in dem durch den Ein­satz dieser tech­nis­chen Mit­tel quan­ti­ta­tiv wie qual­i­ta­tiv mehr nüt­zliche Güter entste­hen, ver­mehren sich auch die Bedürfnisse, die ihrer­seits auf die Beschle­u­ni­gung und Ver­mehrung der Pro­duk­tion von nüt­zlichen Gütern zurück­wirken. Das men­schliche “Sys­tem der Bedürfnisse”, so das Faz­it, wächst fol­glich expo­nen­tiell und ist in seinen Wieder­hol­un­gen mass­los.

Wenn wir jet­zt das “Erdsys­tem” mit sein­er Pro­duk­tion der men­schlichen Pro­duk­tion gegenüber stellen, wird der Unter­schied überdeut­lich:
Zwar wer­den in ihm gle­ich­falls ständig anor­gan­is­che Stoffe umge­formt, und aus anor­gan­is­chen Stof­fen wird eine unge­heure Vielfalt von Organ­is­men aufge­baut, die von anderen als ›nüt­zliche Güter‹ kon­sum­iert wer­den; doch deren Exkre­mente wer­den von wieder anderen Lebe­we­sen am Ende erneut in die anor­gan­is­chen Stoffe rückverwandelt.Der Aus­tausch zwis­chen den Erd­sphären und die Nahrungs­ket­ten der Biosphäre ver­laufen daher rück­läu­fig und zirkulär. Diese Ket­ten beste­hen aus Pro­duzen­ten, Kon­sumenten und Destru­enten, sodass das Ende der Auf- und Abbauprozesse wieder in den Anfang mün­det. Die Kreis­läufe kön­nen daher nicht, wie im lin­earen »Sys­tem der Bedürfnisse«, schlicht beschle­u­nigt wer­den, ohne zugle­ich ihren zirkulären, rück­läu­fi­gen Charak­ter zu ver­lieren. Ja, es scheint, als hätte das »Erdsys­tem« eine Art Kon­trol­linstanz, die im Fall von Störun­gen der Kreis­läufe dafür sorgt, dass sie beseit­igt wer­den. Es besitzt offen­bar einen Mech­a­nis­mus neg­a­tiv­er Rück­kop­plung, der die unter­schiedlichen Prozesse wieder ins Gle­ichgewicht bringt.

Zu den Fol­gerun­gen, die wir daraus ziehen kön­nen und müssen, mehr in der näch­sten Folge am kom­menden Fre­itag, den 27. Jan­u­ar.

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