Sie haben heute, 12.11.2020, einen Flyer der Gegner der Konzernverantwortungsinitiative im Briefkasten gehabt. Schon dieser Titel in Form einer Frage ist reiner Stuss. Warum? Ganz einfach:
Von der Konzernverantwortungsinitiative sind nur Firmen betroffen, die in anderen Ländern gegen Menschenrechte und Umweltstandards verstossen. Wenn uns nun die Gegener sagen, dass 80’000 Firmen betroffen sind, heisst das ja, dass 80’000 Schweizer Firmen gegen Menschenrechte und Umweltstandards verstossen. Als Schweizer Firma würde ich mich dagegen vehement wehren!
So am Rande: Haben Sie auf dem vierseitigen Flyer ein einziges mal das Wort Menschenrechte gesehen?
Die Betonung der Gegner der Konzernverantwortungsinitiative, dass 99,9 % der Schweizer Unternehmen sauber arbeiten würden und es darum für 0.1% Unternehmen (also für 80 von 80’000) kein Extragesetz brauche ist nicht stichhaltig.
Aber da ist nichts von Generalverdacht. Schliesslich haben wir jede Menge Gesetze, die nur 0,1% der Bürgerinnen und Bürger betreffen. Das setzt nicht alle unter den Generalverdacht Mörder, Diebe, Umweltverschmutzer oder sonstwelche Verbrecher zu sein.
Also, lasst euch von solchen Scheinargumenten nicht einlullen.
Schon in einer Fernsehsendung sagte Bundesrätin Keller-Sutter, die KMU seien in keiner Weise geschützt, auch wenn im begleitenden Kommentar zur Initiative anderes stehe. Wir würden über die Initiative abstimmen, nicht über den begleitenden Kommentar.
Falsch Frau Bundesrätin, eigentlich sollten Sie das Schweizerische Gesetzgebungsverfahren doch kennen:
Zur Initiative muss, damit sie wirksam wird ein Gesetz erarbeitet werden. Da wird zuerst der Bundesrat, dann der National- und Ständerat die Finger drin haben. Und da wird dann ein Ständerat Noser wieder alle Mätzchen, Kniffe, Kunstgriffe, Schachzüge Täuschungsmanöver, Tricks und Winkelzüge spielen lassen, damit dem Gesetz die Zähne gezogen werden.
Ähnliches haben wir ja bei der Zweitwohnungsinitiative noch und noch erlebt. Ich bin enttäuscht, dass die Bundesrätin derartigen Stuss erzählt.
Mehr zur KMU-Keule können Sie hier erfahren …
Dass sich Firmen aus aus Schwellenländern zurückziehen, weil sie Menschenrechte und Umweltstandards beachten oder Kinderarbeit vermeiden sollen ist ein Armutszeugnis.
Und das zeigt, wie notwendig die Konzernverantwortungsinitiative ist.
Wenn wie im Flyer Herr Constantin Bartel, ein Mann aus dem Südsudan diese These vertritt, mag etwas dran sein. »Entwicklungshilfe« ist und war nie über alle Zweifel erhaben. Allerdings könnte man sich fragen, wo Herr Bertel mit seinem Wissen seinem Land mehr nützt, an der Universität Zürich und bei der UNCTAD in Genf oder im Sudan?
Zeitgleich war heute in der bz basel der ausführlichere »Aufsatz« von Constantin Bartel zu lesen. Natürlich absolut zufällig. Hurrer&Fugi haben es geschafft, der nach billigen Beiträgen lechzenden Redaktion einen Gastbeitrag zu schenken …
Und zum Schluss noch die Leier mit der internationalen Klageindustrie.
Die Hürden für eine Klage sind in der Schweiz sehr hoch, besonders in Zivilprozessen. Ebenso sind die Kosten zum Teil kaum tragbar.
Dass sich unter diesen Voraussetzungen eine Klageindustrie entwickeln soll, ist kaum realistisch. Wie eine solche Klage ablaufen könnte, können Sie morgen an dieser Stelle lesen.
Was da Hurrer&Fugi zusammen gebraut hat und unter dem Titel succesSuisse (zu deutsch Ergolg Schweiz) verbreitet, ist schlicht und einfach gschämig.
Edith Müller
Nov. 18, 2020
Wir versuchen seit Monaten, uns vor einem Virus zu schützen, welcher uns so plötzlich in unserem Alltag überrascht hat, unser Sozialleben, unser Gesundheitssystem und unsere Wirtschaft komplett auf den Kopf gestellt hat. Der Virus macht uns Angst und unsere Gesellschaft ergreift Massnahmen dagegen, die vorher undenkbar gewesen wären. Das ist gut und recht. Aber warum haben wir anderswo andere Massstäbe? Warum ist es denn «vertretbar», dass Unternehmen mit Sitz in der Schweiz Menschen im Ausland Schäden zufügen, welche so einfach zu verhindern wären? Warum dürfen Folgen wie Verätzugen, Verbrennungen, Lungenprobleme und Geburtsbehinderungen aufgrund von Umweltgiften «in Kauf genommen» werden? Diese Logik geht nicht auf. Als wenn unser Leben, unsere Gesundheit mehr Wert hätte als diejenige von Menschen in anderen Ländern. Massnahmen zum Schutz von Mensch und Umwelt kosten, ja. Luftfilter, Wasserfilter, Schutzbekleidung für Arbeitnehmende etc, das kostet. In Anbetracht der riesigen Gewinne, die die Konzerne in den verschiedenen Regionen der Welt anhäufen, wären dies aber Kosten, die tatsächlich «vertretbar» wären. Und ich finde es beschämend, dass darüber so kontrovers diskutiert wird.