An jedem Wahl- oder Abstimmungssonntag landet das Bulletin des Wahlbüros Birsfelden im www.birsfälder.li. Und in der Regel bin ich über die Resultate nicht erstaunt, aber immer über die tiefe Stimmbeteiligung.
Ist es Desinteresse, Politikverdrossenheit, Parteienverdrossenheit oder gar Demokratieverdrossenheit?
Es ist interessant sich ab und zu in solchen Fällen durch die Statistiken zu wühlen. Nach der Lektüre »Gegen Wahlen« von David Van Reybrouck, angeregt durch die Initiative von Adrian Gasser, nach der Bundesrichter nicht mehr gewählt, sondern ausgelost werden sollen, interessierten mich Zahlen betreffend die Schweiz und Birsfelden.
Heute Zahlen für die Schweiz
Die folgenden Zahlen stammen von »European Social Survey«:
• Für die Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie in der Schweiz gibt es 7,38 von 10 Punkten (also ›schulisch‹ ein genügend bis gut).
• Für die Zufriedenheit mit der Arbeit der Regierung gibt es 6,57 von 10 Punkten (also ein genügend).
• Für das Vertrauen in das Parlament kommen 6,33 von 10 Punkten zusammen (also knapp genügend).
• Für das Vertrauen in Politiker reicht es noch für 5,4 von 10 Punkten (nahe bei ungenügend).
• Und für das Vertrauen in politische Parteien kommen noch 5,27 von 10 Punkten hin (also ungenügend).
Das Bundesamt für Statistik hat festgestellt, dass …
62% Vertrauen in die Polizei haben (knapp genügend)
49% dem Rechtssystem vertrauen (ungenügend) und
40% haben Vertrauen ins politische System (ungenügend bis schlecht).
Das einzig Tröstliche an der Sache ist, dass die Zahlen für unsere Nachbarn Frankreich, Deutschland und Oesterreich zum Teil noch schlechter sind.
Das Forschungsprojekt »World Value Survey« stellt zwar fest, dass 91,6% der Bevölkerung von 57 Staaten (73’000 Befragte) Demokratie als gute Art und Weise das Land zu regieren halten, dass aber auch 38% starke Führer gut fänden.
Bei so viel fehlendem Vertrauen drängt sich ein Blick auf die Schweizer Medien auf. Der letzten Befragung des fög (Universität Zürich) nach vertrauen …
54% den bezahlten Zeitungen (+4%)
50% dem Radio (-1,5%)
45% dem Fernsehen (-9%)
35% dem Internet (-18%)
33% den Gratiszeitungen (-20%)
In Klammer die Veränderungen zum Vorjahr
Was ist es, was uns Schweizerinnen und Schweizer so unzufrieden und misstrauisch macht? Ist es Desinteresse und Konsumismus? Oder der Umstand, dass Theorie und Praxis so weit auseinanderklaffen? Dass die Schweiz seit bald zehn Jahren an einem Rahmenvertrag mit der EU bastelt und findet, sie habe zu wenig Zeit?
Brauchen wir vielleicht andere demokratische Mittel, wenn die »direkte Demokratie« mit Initiativen und Referenden nur noch ein System des Misstrauens ist?
Leider kann ich hier auch keine befriedigenden Antworten geben … Was stellen Sie bei sich selbst fest?