Störfall 1x pragmatisch
Am 18. Februar 2020 haben wir der Gemeinde Birsfelden einige Fragen zur Sicherheit im Birsfelder Hafen gestellt. Wie so oft in diesen Zeiten hatte auch »Corona« Einfluss auf die Beantwortungsgeschwindigkeit.
Freitag, 19. Juni 2020 haben uns Christof Hiltmann (Gemeindepräsident), Daniel Lerch (Abteilung Sicherheit) und Roberto Bader (Bau und Gemeindeentwicklung zum Gespräch eingeladen. Das Gespräch fand in einer guten Atmosphäre statt, noch mit dem geforderten Abstand von zwei Metern.
Die Sicherheit im Hafen wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst:
Augenfällig von der vielen Tankanlagen, aber auch von andern gelagerten Gütern (z.B. Chemikalien) oder von Organismen in geschlossenen Systemen.
Tankanlagen
Die Sicherheit von Tankanlagen wird durch verschiedene Massnahmen erreicht. Zur Kontrolle besteht die »Kooperationsvereinbarung Grosstanklager« organisiert von eco swiss (der Umweltschutzorganisation der Schweizer Wirtschaft). Von ihr werden im Kanton Basel-Landschaft an vier Standorten 221 Stehtanks mit insgesamt 957’039 m3 betreut.
Der Kanton verlässt sich hier also auf eine privatwirtschaftliche Organisation zur Kontrolle der Tanklager.
Gegen das Auslaufen der Tankflüssigkeiten sind in den Auffangbecken der Tanks Sonden installiert, die bei Kontakt mit Flüssigkeit alarmieren.
Und die Störfallverordnung des Bundes regelt, wie Gefahrenpotenziale zu erfassen sind.
Aufgrund dieser Regelungen dürften heute die drei Hochhäuser am Stausee (CIBA-Hochhäuser) nicht gegenüber der ganzen Tankgruppe der Rhytank stehen (oder umgekehrt). Darum ist die Gemeinde Birsfelden auch bemüht, dass diese Tankanlagen in den Auhafen verschoben werden.
Nun könnte man sich fragen, was da denn eigentlich passieren könnte. Dazu zwei Beispiele, eines aus der jüngeren Zeit, als im April der BLICK meldete, dass auf einer Harddisk von Terroristen auch Abbildungen der Tankanlagen im Rheinhafen Basel gefunden wurden. Tanklager ein Angriffsziel? Den Artikel können Sie hier lesen.
Ein viel älteres Beispiel stammt aus dem Auhafen im April 1960. Aus dem Landratsprotokoll: »Bei nebeneinander befindlichen Tanks wurden beim einen Schweissarbeiten durchgeführt, beim anderen wurden Entleerungs- und Entlüftungsarbeiten durchgeführt. Dabei sind Benzingase in die Luft abgelassen worden. Durch ein vorbeifahrendes Auto wurde durch den Kollektor der Lichtmaschine eine Explosion ausgelöst, die bewirkte, dass der Tankdeckel weggeschleudert wurde. Ein Arbeiter wurde getötet. Glücklicherweise ohne einen anderen Tank zu beschädigen.«
Nun überlassen wir alles weitere Ihrer Fantasie.
Ein weiterer Punkt, der mit den Tankanlagen zusammenhängt ist das Löschen (Entladen) der Tankschiffe, bei dem immer wieder Unfälle geschehen. Auch dafür ist die Feuerwehr Birsfelden zuständig, sie ist auch vom Kanton als Oelwehr für die ganze Region ausgebildet und ausgerüstet.
Im ersten Halbjahr 2020 wurde die Feuerwehr Birsfelden zu fünf Oelwehreinsätzen aufgeboten, vier davon auf dem Rhein.
Früher hörte man man immer wieder, dass Oel auf dem Rhein ist und wohl ein Schiff sein Bilgenwasser entsorgt habe. Das Bilgenwasser ist das, was sich im Kielraum eines Schiffes ansammelt. Bei Motorschiffen ist da immer auch Oel dabei. Dafür kann man das BIBO REGIO anfordern um solches Bilgenwasser zu entsorgen.
Auch zur Sicherheit der Bevölkerung wurde für den Hafen eine eigene Kanalisation mit Auffangbecken und Oelabscheider installiert, hat uns Roberto Bader erklärt.
Die Feuerwehr Birsfelden scheint gut aufgestellt. Auch von der Ausbildung her sind die Feuerwehrleute auf alle erdenklichen Möglichkeiten vorbereitet. Der Mann-/Frauschaftsbestand beträgt im Moment 65 Personen.
Sollte allerdings z.B. einer der Tanks in Brand geraten, ist vor allem die Basler Berufsfeuerwehr zuständig.
Gelagerte Güter
Im Hafen könne aber auch ganz andere Güter in Brand geraten. Seien dies nun Schüttgut, Lebensmittel oder Dünger. Für solche Ereignisse ist jeweils die Feuerwehr Birsfelden zuständig.
Organismen in geschlossenen Systemen
Und schlussendlich gibt es auch noch eine »Verordnung über den Umgang mit Organismen in geschlossenen Systemen«. Dies könnte z.B. Eine forschende Firma betreffen, die mit veränderten Mikroorganismen arbeitet, damit handelt oder entsprechende Medikamente abfüllt.
Kurz zusammengefasst könnte man sagen:
Für die Sicherheit zuständig in fast allen Belangen sind der Kanton Basel-Landschaft und die Schweizerische Eidgenossenschaft. Doch wie sie diese Verantwortung wahrnehmen, scheint noch eine offene Frage zu sein.
Die Gemeinde Birsfelden löscht dann das Feuer …
Bilder: Franz Büchler
Rosa Lachenmeier
Aug 11, 2020
Lieber Franz, lieber Christoph
Mit grossem Interesse verfolge ich eure Hafenserie mit vielen recherchierten Hintergrundinformationen und bin relativ erstaunt über die fehlende Reaktion von Direktbetroffenen. In dankenswerter Weise habt ihr auch die Störfallfragen recherchiert und öffentlich gemacht – Danke.
Nach der katastrophalen Explosion in Beirut stelle ich euch die Frage: schätzt ihr die Katastrophenvorsorge hier als genügend ein? Oder muss man da nachhacken?
Franz Büchler
Aug 11, 2020
Beruhige dich insofern, dass im Hafen Birsfelden offenbar kein Kunstdünger gelagert wird (laut Daniel Lerch Leitung Sicherheit & Verkehrssicherheit / Zivilschutzstellenleiter). Der Kunstdünger lagert im Auhafen 😉
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Zu den fehlenden Reaktionen gehörst natürlich auch du — bis heute …
Rosa Lachenmeier
Aug 12, 2020
Beruhigend ist vielleicht, dass sich verschiedene Parteien darum kümmern und sich hoffentlich gegenseitig auf die Finger schauen (was ja auch ihr macht), denn der Auhafen ist nicht sooo weit weg (siehe Ueli Kaufmann).
…und ja, ich habe bisher noch fast nie kommentiert, aber interessiert gelesen und schätze es, informiert zu werden.
ueli kaufmann
Aug 11, 2020
Auhafen? Gott sei Dank. Ist ungefähr wo weit weg, wie der Libanon.