Gedanken zu einem Kommentar von Béatrice Lutz im Birsfälderpünggtli.
Zuerst zur oft besungenen Freiheit:
»Freiheit, die ich meine« war ein politisches Gedicht von Max von Schenkendorf (1783–1817). Mit der populären Melodie von Karl August Groos gehörte es bis in die jüngste Zeit zu den bekannten deutschen Volksliedern.
Schenkendorf verfasste das Gedicht 1813 unter dem Eindruck der Befreiungskriege, die 1813 nach der Völkerschlacht bei Leipzig bereits gewonnen schienen.
Die Völkerschlacht bei Leipzig vom 16. bis 19. Oktober 1813 war die Entscheidungsschlacht der Befreiungskriege. Dabei kämpften die Truppen der Verbündeten, im Wesentlichen Russland, Preußen, Österreich und Schweden, gegen die Truppen Napoleon Bonapartes.
Ist das die Freiheit, die ich meine? Nein. Zu romantisch für heute.
Da gefällt mir die Freiheit von Peter Maffay um einiges besser, auch wenn es nicht der Stil meiner Musik ist. Und wer im Film zu wenig von Text versteht, kann den Text auch hier einfach lesen!
Ist das die Freiheit, die ich meine? Schon eher.
Aber für die momentane »Freiheitsdiskussion« wohl eher zu lang, zu kompliziert.
Das deutsche Bundesverfassungsgericht sagte, anlässlich von Klimaklagen von Jugendlichen:
»Freiheit bedeutet, die zukünftigen Generationen nicht zu schädigen.«
Und Immanuel Kant meinte:
»Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.«
Da sind — natürlich zurechtgebogen — viele Missverständnisse möglich. Darum nehme ich für mich die einfache Definition von Wikipedia, die zeigt, was Freiheit in unserer »ver(w)irrten« Zeit bedeuten kann:
»Freiheit wird in der Regel als die Möglichkeit verstanden, ohne Zwang zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten auszuwählen und entscheiden zu können.«
Ist das die Freiheit, die ich meine?
Ja.
Aber:
Es fehlt mir hier ein ganz wichtiges Element: Das Tragen der Verantwortung für die Wahl und die Entscheide!
Ich kann mich für oder gegen Gott entscheiden, ich kann mich für oder gegen Sozialismus entscheiden, ich kann mich für oder gegen Dienstverweigerung entscheiden, ich kann mich für oder gegen Impfen entscheiden, usw.
Alles kein Problem.
Schwierig wird es da, wo jemand möglicherweise keine Wahl hat: Blinde beim Autofahren, Querschnittgelähmte bei Wettläufen, Allergiker:innen oder Menschen in Krebstherapien und mit anderen physischen/psychischen Problemen beim Impfen, usw. Für die müssen Möglichkeiten gefunden werden.
Und jetzt zu den Zertifikaten:
Da sind die vier G‑Möglichkeiten: Geimpfte, Genesene, Getestete und »Geweigerte«.
Sie haben sich für eine Impfung entschieden, haben eine Krankheit durchgemacht, haben einen Test gemacht (vorderhand immer noch kostenlos!) — oder eben nichts gemacht.
Auch dieses »Nichtsgemacht« ist eine freiheitliche Entscheidung. Und besonders bei diesem »Nichtsgemacht« ist es unangenehm die Verantwortung dafür, respektive die Konsequenzen zu tragen.
Jetzt zu sagen die 3G respektive die Zertifikatspflicht bei gewissen Unternehmungen wie Konzerten, Fitness oder Beiz würden die Gesellschaft spalten ist nicht angebracht. Die Wahlmöglichkeiten sind vorhanden, es wird auch niemand einer Zwangsimpfung zugeführt. Aber, wer sich gerne zur:m Märtyrer:in macht, will dies natürlich so sehen.
Diesen Leuten kann ich zum Trost nur die BaZ-Kolumne von
Laura de Weck anbieten.
So viel im Moment zur Freiheit. Das genügt für heute, zu Demokratie ist allerdings noch nichts gesagt.
ibis
Sep 21, 2021
Die Vorstellung von Freiheit der Zertifikatsgegner ist vergleichbar mit dem neoliberalen Wirtschaftsverständnis: Gewinne privatisieren, Kosten sozialisieren.
Und in beiden Bereichen ist/wäre es richtig und wichtig, dies nicht einfach weiter zu akzeptieren.
Hans-Jörg Beutter
Sep 21, 2021
dem kann man ja eigentlich nur in schlagertexten begegnen …
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darum reinhard mey nachempfunden:
»über den wolken, muss die freiheit wohl virenlos sein«;-)
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es gibt mE zwei kategorien von freiheit: jene VON und jene ZU (tun/machen).
und in der ersten kategorie möchte ich doch garzugerne freiheit von kuhglöcknern –
im erweiterten kontext:
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freiheit von den ausläufern (sic) der pandemie der ungeimpften
(xy-ungelöst)