»Als Volkspartei beze­ich­net man in der deutschen Poli­tik­wis­senschaft eine Partei, die für Wäh­ler und Mit­glieder aller gesellschaftlich­er Schicht­en, Gen­er­a­tio­nen und unter­schiedlich­er Weltan­schau­un­gen im Prinzip offen ist. Dadurch unter­schei­det sie sich von anderen Parte­itypen wie der Klassen- oder Inter­essen­partei sowie der Hon­o­ra­tioren­partei.
Nach Dieter Nohlen ist Volkspartei „eine Selb­st­beze­ich­nung von Gross­parteien wie der SPD, CDU und CSU, die durch Ausweitung ihrer Wäh­ler­ba­sis nach möglichst vie­len Stim­men für strate­gis­che Mehrheit­en streben. Ihre poli­tis­che Rhetorik und wer­bende Selb­st­darstel­lung stützt sich dabei auf den Anspruch, schichtüber­greifend und weltan­schaulich verbindend bre­ite Wäh­ler­schicht­en in sich aufzunehmen und in ihrer Inter­essen­vielfalt aus­gle­ichend vertreten zu wollen.“
Die Beze­ich­nung Volkspartei für diesen Parte­ity­pus ist nur in Deutsch­land gebräuch­lich. In Öster­re­ich und in der Schweiz ist der Begriff beset­zt, denn es gibt bedeu­tende Parteien, die Volkspartei im Namen führen (Öster­re­ichis­che Volkspartei, Schweiz­erische Volkspartei, Christlichdemokratis­che Volkspartei). In der Schweiz gibt es den Begriff Bun­desratspartei für Parteien, die in der Lan­desregierung vertreten sind; diese sind auch die eher grösseren Parteien.«
Soweit die Darstel­lung in Wikipedia.

Naiver­weise denke ich heute noch, dass eine Volkspartei für das Volk da sei. Doch stimmt das wirk­lich?

Begin­nen wir mit der ein­fach­sten, der EVP.
Die Evan­ge­lis­che Volkspartei ist eigentlich keine Volkspartei, son­dern eine Inter­essen­partei. Sie hat sich die evan­ge­lis­chen Wäh­len­den zum Ziel genom­men, im Gegen­satz zur CVP, die ursprünglich die katholis­chen Wäh­len­den als Ziel­gruppe hat­te.

Bei der CVP ist dies schon schwieriger.
Die Christliche Volkspartei war erst 1912 unter dem Namen „Schweiz­erische Kon­ser­v­a­tive Volkspartei“ als nationale Partei kon­sti­tu­iert. Vorher waren ver­schiedene Teile aktiv (z.B. Katholisch Kon­ser­v­a­tive). Erst seit 1970 heisst sie Christlichdemokratis­che Volkspartei, eben CVP.
Ironie des Schick­sals: 1912 stand auch der Name „Schweiz­erische Volkspartei“ zur Diskus­sion! 😆

Dann haben wir noch die SVP.
Schweiz­erische Volkspartei ist seit 1971 ein Zusam­men­schluss der “Schweiz­erischen Bauern‑, Gewerbe- und Bürg­er­partei (BGB)” und der “Demokratis­chen Parteien der Kan­tone Glarus und Graubün­den” (die ursprünglich aus dem Freisinn her­vorge­gan­gen sind).

Der kleine Fran­zli stellt sich eigentlich vor, dass sich eine Volkspartei in erster Lin­ie für das Volk ein­set­zt. Eine Inter­essen­partei, die in erster Lin­ie die Inter­essen des Volks ver­tritt.

EVP und CVP tun dies in kleinem Masse. Sie scheit­ern dort am Volke, wo sich ihre evan­ge­lis­chkon­ser­v­a­tive respek­tive katholis­chkon­ser­v­a­tive Seite sträubt, vor allem andere Lebens­for­men zu akzep­tieren und wo vor allem auch Ehe und Fam­i­lie auf den Thron gehoben wer­den. Son­st ist es aber immer wieder möglich, dass bei­de Parteien auch soziale Anliegen vertreten. Bei der CVP oft auch in ver­wirren­dem Masse, so dass der Ausspruch immer wieder stimmt: für die CVP ist Kon­stanz eine Stadt am Bodensee.

Bleibt noch die SVP mit dem Volk im Namen. Wer nun meint, nur weil Herr Blocher in seinen Reden die Men­schen als »Volch« anspricht und als »Manne und Fraue«, hat das noch lange nicht mit dem Volksin­ter­esse zu tun.
Die SVP ist eine total nation­alkon­ser­v­a­tive Partei, die immer wieder mit Geschicht­sklit­terei ver­sucht dem Volch eine Iden­tität zu ver­passen, die ihren neolib­eralen Zie­len dient. Denn die SVP will auch eine wirtschaft­skon­ser­v­a­tive Partei sein.
Eigentlich wie es der öster­re­ichis­che Wis­senschaftler Robert Pfall­er sagt:
»Die Tat­sache, dass es in der west­lichen Gesellschaft etwa seit Anfang der 1990er Jahre gelun­gen ist, beträchtliche Teile der Bevölkerung mit der Frage nach ihrer Iden­tität zu beschäfti­gen, muss als ein zen­traler Erfolg neolib­eraler Ide­olo­gie betra­chtet wer­den. Solange alle nur darüber nachsin­nen, was sie sein wollen, kom­men sie nicht mehr dazu, zu über­legen, was sie haben wollen. Und das ist nüt­zlich, wenn man dabei ist, ihnen Dinge zu entziehen, die sie in Zukun­ft nicht mehr wer­den haben kön­nen — wie zum Beispiel demokratis­che Mitbes­tim­mung, Zugang zu Arbeit oder Einkom­men, Bil­dung, Infra­struk­tur, sozialer Sicher­heit, Altersvor­sorge oder gar Würde und Ele­ganz.«

Oder anders gesagt: Eine Partei die von Oli­garchen, Konz­ernchefinnen, Zeitungs­be­sitzern, Lob­by­or­gan­i­sa­tionsvertretern, etc. dominiert wird — kann sie für das Volk ein­treten?

Oder für die kom­menden Nation­al­ratswahlen: Gibt es über­haupt Volksparteien?

Und die Weisheit zur Sache:

Demokratie ist ein Ver­fahren, das garantiert,
dass wir nicht bess­er regiert wer­den, als wir es ver­di­enen.
George Bernard Shaw

 

 

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