Schafft sich die Schweiz selbst ab und verspielt ihre Zukunft?
Nein! Ich hänge mich nicht an Thilo Sarrazin an. Nein! Es geht nicht um Ausländer:innen. Es geht immer mehr um die viel beschworene Selbstbestimmung und Souveränität der Schweizer:innen im eigenen Lande. Bedroht vom Inland. Ob man dem nun Bern-out oder Schwexit sagt, ist egal.
Langsam aber sicher wird die Politik im Schweizer:innenland nicht mehr von den Schweizer:innen gemacht. Sie wird von Lobbyist:innen, von Verbänden, etc. gemacht, die sich irgendwie immer noch Schweiz, suisse, swiss, etc. an den Namen hängen: swissmem, economie suisse, Schweizerischer Bauernverband, travail suisse, und so weiter. Sie kennen sie alle.
Sie bestimmen das politische Geschehen im Lande, sie drohen: Nicht gut für die KMU! Nicht gut für die Arbeitsplätze! Nicht gut für die Swissness! Nicht gut für den Finanzplatz, etc.!
Sie tanzen mit ihrem vermeintlichen Expertentum den Schweizerlein (hmm, wie wäre die weibliche Form?) auf der Nase herum und kochen sie weich mit ihren vermeintlichen Argumenten, die meist nur Behauptungen sind.
Die Schweizerinnen und Schweizer haben ihre Zukunft verspielt. Unter der unkundigen Führung eines desolaten Bundesrates werden Chancen verspielt, Freundschaften vergrault und wird Lobbyist:innen gehuldigt, die das nicht verdienen. Und das Traurige: Die »besten« Lobbyist:innen sind tatsächlich auch noch unsere Regierenden und Parlamentarier:innen.
So durften wir in der letzten Zeit erleben:
• Der Bundesrat hat das Rahmenabkommen versenkt. Er war der Überzeugung, dass die Schweiz auf Europa nicht angewiesen ist. Sekundiert von Parteien und Wirtschaft. In einer Zeit, in der Populismus vielerorts das politische Geschehen bedrängt, sich antidemokratisch und nationalistisch gebärdet, ist ihm das Projekt Europa nichts wert, ausser ein paar Lippenbekenntnissen.
Das Schweizer:innen-Volk hatte dazu nichts zu sagen!
• Mit einem vom Parlament geschaffenen, fast zahnlosen CO2-Gesetz, das durch seine Wahlkämpfer:innen schlecht gemacht wird, das den Lobbyist:innen zum Abschuss frei gegeben wird, verspielen sie gemeinsam die Zukunft der kommenden Generationen. Ein weiterer Punkt in der dreissigjährigen Geschichte des CO2-Desasters.
Und die Schweizer:innen stehen dem in nichts nach.
Das Schweizer:innen-Volk hat das heute abgelehnt!
• Die Bauernlobby hat mit der Hilfe der Konzernlobby die Agrarpolitik 2022 (AP22+) sistiert, sprich versenkt. Als Dank dafür, dass die Bauern für Glencore und Syngenta gekämpft haben … vielleicht erinnern Sie sich? Konzernverantwortungsinitiative!
Obwohl man weiss, dass 162 Subventionen der Biodiversität schaden und Forscher deren Abschaffung oder zumindest deren Anpassung fordern, wurde auf schon fast handfeste Weise gegen die Trinkwasser- und Pestizid-Initiative Stimmung gemacht.
Das Schweizer:innen-Volk hat diese beiden heute abgelehnt!
• Natürlich wollen alle sicher sein. Sicherheit ist das Ein und das Alles der Schweizer:innen. PMT ist ein Gesetz, das alles veletzt, was es vorgibt zu schützen: Rechtsstaat (wie doppelsinnig), Freiheit und Menschenrechte. Lieber die Rechtsstaatlichkeit und die Verhältnismässigkeit aufgeben! Angeführt — ja von wem wohl — gab es für die ängstlichen Winkelried:innen nur etwas …
… sie haben das Error-Gesetz (PMT-Gesetz) heute angenommen!
• Das Covid-Gesetz scheint das grösste Problem der Schutzimpfgegner:innen zu sein. Und als im Blick über die Diskussion im Parlament zur Verwendung des Impfzertifikats berichtet wurde, gab es in kürzester Zeit 180 Kommentare. Davon war die Mehrzahl gegen das Gesetz. Gut haben sich einige Schweizer:innen noch an das Frühjahr 2020 erinnert.
Heute wurde das Covid-Gesetz glücklicherweise angenommen.
Vielleicht wäre es gut für die Schweiz, sie würde sich um eine gute Nachbarschaft bemühen, der Europäischen Union beitreten und so den ganzen politischen Leerlauf der politischen Herr(liberg)schaft ablegen. Dies unter dem Stichwort »Les absents ont toujours tort«.
Das würde endlich Raum schaffen für die Diskussion wichtigerer Probleme wie etwa der Klimakatastrophebewältigung, einer Steuerreform die nicht Reiche reicher und Arme ärmer macht, dem Pflegenotstand nicht nur mit Klatschen, der staatlichen Impfstoffproduktion (damit sich die Pharma nicht dumm und dämlich verdienen muss), und noch einigen anderen …
Und vielleicht wäre es gut vor den nächsten eidgenössischen Wahlen auch einmal bei Lobbywatch nachzuschauen.
Wenn man aber im Tagi die Lösungsvorschläge der Petra Gössi FDP sieht: »Wir brauchen ein nationales Fitnessprogramm … Wir müssen den Arbeitsmarkt flexibilisieren, das Arbeitsrecht der Zeit anpassen …«, dann ist klar, was sie wahrscheinlich will: Wir sollen mehr arbeiten und dazu weniger verdienen. Eine Lösung aus dem ökonomischen Dinosauriertum.
In der Regel erinnern sich noch alle, was Tschernobyl war. Nun, Tschernobyl ist von heute weiter entfernt als die Klimakatastrophe 2050.
Guten Tag!
Oder: »Die Zukunft ist auch nicht mehr das, was sie einmal war!«*
*Wird verschiedenen Autoren zugeschrieben.
ibis
Jun 13, 2021
Herzlichen Dank für diese klare Einordnung!
Ich bin ebenfalls masslos enttäuscht.
Was ich besonders schräg finde: Das Argument: “Das kostet etwas, da werden die Preise teurer” etc. verfängt offenbar vollkommen. Was es aber wirklich kostet, nichts zu tun und einfach so weiter zu machen, lässt sich offenbar kaum vermitteln.
Aber Hauptsache, die Politiker jetten wieder in der Welt herum, ebenso wie die Fussballmannschaften einer vollkommen aus der Realität (Klimawandel UND Corona)gefallenen EM.
rugeli
Jun 13, 2021
Die Selbstwohlgefälligen werden sich zurücklehnen, sie sagen: Der Franz Büchler ist eben ein schlechter Verlierer.
Wer so denkt sieht nicht, dass alle Verlierer sind, selbst die Selbstwohlwollenden vermeintlichen Gewinner.
Um im Fussball-Jargon zu bleiben, ein weiteres Eigengoal für die Blindgänger.
Franz Büchler
Jun 14, 2021
Ich könnte gut damit leben.
Aber ich frage mich auch immer: Gibt es auch schlechte Gewinner?
Ich halte es mit dem Belgier David Van Reybrouck, der sich ernsthaft mit alternativen »Parlamentsformen« auseinandergesetzt hat. Er sagte:
»In einer Volksabstimmung werden die Menschen direkt gefragt, was sie denken, ohne dass sie wirklich darüber nachdenken müssen.«
max feurer
Jun 14, 2021
Ich bin trotz allem guten Mutes. Es wachen immer mehr Leute auf, auch wenn sie zurzeit noch in der Minderheit sind. Aber das kann sich schon bald ändern …
Deshalb Franz: Kopf hoch, weiterkämpfen 🙂