Es ist die Zeit der Rechnungsabschlüsse der Baselbieter Gemeinden. Und da sind sie wieder am Jammern, die Gemeindepäsidenten der »Gebergemeinden«. Wenn nur dieser horizontale Finanzausgleich nicht wäre, der die Nehmergemeinden schlussendlich reicher mache als die Gebergemeinden.
Ja, wenn dieser Finanzausgleich nicht wäre, könnte sich Binningen mit gutem Gewissen die »unnötige 1.-August-Feier« leisten und das arme Reinach könnte sich weiterhin sieben statt nur fünf Gemeinderäte leisten.
Übertragen auf Birsfelden müsste das ja dann heissen:
Eine 1.-August-Feier höchstens alle zehn Jahre und auch nur dann, wenn es nötig ist. Und bei den Gemeinderäten lägen allenfalls noch fünf, wenn nicht noch besser nur drei drin. Von Birsfelden hört man ja eh schon, hinter vorgehaltener Hand, dass … na ja …
Um dieses Bild etwas zu illustrieren:
Drei dieser Jammergemeinden haben folgende Kennzahlen:
Die Steuerkraft ist bis zu zweimal grösser als die Steuerkraft Birsfeldens.
Keine der Gemeinden braucht den Finanzausgleich.
Die Finanzausstattung, also das Geld, das die Gemeinde ausgeben könnte ohne Schulden zu machen, ist 1,3 bis zu 1,5 mal grösser.
Da steht also z.B. Binningen ohne mittel- und langfristige Schulden da und meint, sich keine
1.-August-Feier leisten zu können.
Und zum Schluss schauen wir uns noch die Steuersätze für die natürlichen Personen an, die Steuersätze für sie und mich also: Da glänzt Binningen mit 16% weniger, Muttenz mit 6% und Reinach mit 10% weniger.
Wenn man sich vorstellt, wie gross die Steuerkraft dieser Gemeinden wäre, mit einem Steuersatz von 62% wie Birsfelden … Ist das dann nicht Gejammer auf allerhöchstem Niveau?
Die Vorschläge die von dieser Seite gemacht werden, gehen praktisch alle in die Richtung »Finanzausgleich ja, aber …« und dann folgen jeweils verschiedene Prozentzahlen, die den Finanzausgleich vermindern. Nur ein Vorschlag fällt etwas aus dem Rahmen:
Der Gemeindepräsident von Biel-Benken schlägt vor, dass der Kanton auch die Primarschulen übernehmen müsste. Nur so wären die Probleme einigermassen gelöst und die Hälfte der Nehmergemeinden wären dann keine mehr. Ob das wirklich so ist darf bezweifelt werden, aber irgend ein Finanzgenie wird das schon noch klären?
Es wäre erfreulich für Birsfelden, wenn sich so etwas ändern könnte …
Und die Weisheit zum Artikel:
»Keine Schneeflocke in der Lawine wird sich je verantwortlich fühlen.«
Stanislaw Jerzy Lec
florian dettwiler
Apr 25, 2014
Fairerweise müsste man für die Kennzahl “Finanzausstattung” bei den Gebern die Ausgleichszahlungen, die sie zu leisten haben auch mitberücksichtigen. Trotzdem zeigt der Vergleich hier eindrücklich, dass der Finanzausgleich keine sinnlose Erfindung ist und sich die reicheren Gemeinde pro Kopf auch mehr leisten können bzw. leisten (Aufwand/Ertrag). Kommentare von Reinacher Einwohnerräten (SP!), wonach gewisse Gemeinden ihre Aufgaben nicht gemacht hätten, sind absolut fehl am Platz, oder wo (ausser im Hafen wenn denn der Kanton will) kann Birsfelden neues Bau- und Industrieland definieren und steuerkräftige Personen oder Unternehmen anlocken, wie das eben in Reinach so toll funktioniert?
Ganz spannend ist die Aussage des Biel-Benkener Gemeindepräsidenten, der offensichtlich nicht ganz verstanden hat, wie der Finanzausgleich funktioniert (hier kann er es nachlesen: http://www.baselland.ch/horizontaler-ausgleich-htm.312225.0.html). Die Steuerkraft ist einzig und allein verantwortlich für die Ausgleichszahlungen (des horizontalen Finanzausgleichs, ohne Sonderlasten) und deren Berechnung hat NICHTS mit einem allfälligen Ertragsüberschuss oder einem Defizit in einer anderen Gemeinde zu tun. Sie errechnet sich über einen kantonalen Durchschnitt der Gemeindesteuern und würde auch ohne Primarschulkosten zu einem ähnlichen Resultat führen, weil die Leute ja deswegen immer noch am gleichen Ort wohnen. Durch die Zentralisierung übernimmt der Kanton dann einfach einen Teil der Umverteilung, ohne dass er es Finanzausgleich nennen muss. Und da alle gleich viel Kantonssteuern zahlen, wäre das vielleicht sogar noch fairer, weil der Steuerwettbewerb unter den Gemeinden etwas abnimmt. Fakt aber ist: Den Gebergemeinden bliebe kaum mehr Geld für die verbleibenden Aufgaben.