Wie all­ge­mein in der Poli­tik, wenn man nicht mehr wei­ter weiss, wird der Ruf nach einem Kon­zept oder einer Stra­te­gie laut. Für die meis­ten Schrei­er, wenn es um die Locke­run­gen des Lock­downs geht, besteht die Stra­te­gie dar­in, ein­fach alles end­lich ein­mal zu öff­nen: Restau­rants, Geschäf­te, Fit­ness­cen­ter, etc.
Das geht sicher gut bis zur nächs­ten Explo­si­on der Coro­na-Kenn­zah­len, R‑Werte und Inzi­den­zen. Eine Stra­te­gie ist dahin­ter aber kei­ne zu sehen. Aus­ser viel­leicht, dass wir dem Geld­ver­die­nen eini­ge Tote mehr opfern. Der Jo-Jo-Effekt ist programmiert.
Dazu gehört auch Herr Big­ler vom Gewer­be­ver­band, Herr Chie­sa von der SVP und ande­re, die fin­den die »Zah­len« dafür sei­en zu gut, als dass sich ein Lock­down recht­fer­ti­ge. Die­se Schrei­er sagen uns aber nicht, wel­che Inzi­denz­zahl die rich­ti­ge wäre und wie­vie­le Tote gerecht­fer­tigt wären.

Dabei wäre es eigent­lich ganz leicht der Bevöl­ke­rung Kon­zep­te / Stra­te­gien auf­zu­zei­gen, die auch zur Ein­hal­tung der Mass­nah­men moti­vie­ren könn­ten, z.B.: Die Öff­nung erfolgt, wenn die Schweiz eine 7‑Ta­ge-Inzi­denz von 10 erreicht hat. Also noch 10 Anste­ckun­gen auf 100’000 Ein­woh­ner. Das wäre der Punkt, an dem auch das Kon­takt­tra­cing auf­recht­erhal­ten wer­den kann. Aktu­ell liegt die Schweiz bei einer Inzi­denz von etwa 110 (9.2.2021).

Die sin­ken­den Anste­ckun­gen ver­füh­ren zu vie­le Poli­ti­ker, Ver­bands­di­rek­to­ren, usw. dazu eine Öff­nung des Lock­downs zu for­dern. Neh­men wir als Bei­spiel unser Nach­bar­land Deutsch­land. Die haben einen ähn­li­chen Lock­down wie die Schweiz, aber seit etwa 2 Mona­ten sind dort auch die Schu­len geschlos­sen. Momen­ta­ne 7‑Ta­ge-Inzi­denz 68 (9.2.2021). Oder die Zah­len von Basel­land 99, unser Nach­bar Lör­rach 58,7 (Zah­len um den 9.2.2021). In Lör­rach gilt seit 12.2.2021 eine Aus­gangs­sper­re von abends 21 Uhr bis mor­gens 05.00 Uhr. Viel­leicht schau­en Sie sich die­se Zah­len noch ein­mal in Ruhe an. Jam­mern auf hohem Niveau?

Nicht erfolg­rei­che Stra­te­gien und Konzepte

»Flat­ten the curve«-Strategie
Die­se Stra­te­gie heisst dau­er­haf­te mini­ma­le Ein­schrän­kun­gen des Lebens und kon­trol­lier­tes Ster­ben­las­sen. Die Zahl der Infek­tio­nen wird so ver­klei­nert, dass die Inten­siv-Bet­ten aus­rei­chen. Das Ster­be­kur­ve wird abge­flacht, das Ster­ben ein­fach über einen län­ge­ren Zeit­raum ver­teilt. Damit ist die Schweiz zu Beginn des Coro­na­de­sas­ters gran­di­os gescheitert.

Die SVP-Stra­te­gie
Die drei Haupt­punk­te des SVP-Stra­te­gie­pa­piers von April 2020:
• Risi­ko­grup­pen kon­se­quent schützen
• Ver­stärk­ter Grenzschutz
• Men­schen und Betrie­be mög­lichst frei arbei­ten und leben las­sen. Unter Ein­hal­tung der nach­weis­bar wirk­sa­men Schutz­mass­nah­men. Hmmm.
Das heisst ins­ge­samt: Das Virus wird an der Gren­ze gestoppt, der Feind kommt von aus­sen und darf nicht mehr her­ein­kom­men. Die Risi­ko­grup­pen wer­den gesell­schaft­lich iso­liert. Und der Rest gibt sich von selbst.
Kri­tik dazu:
Die Jugend wird den Mutan­ten schutz­los aus­ge­lie­fert, alle Kenn­zah­len stei­gen wie­der. Die dahin­ter ste­cken­de Idee der Her­denim­mu­ni­tät ist in Schwe­den gran­di­os geschei­tert … und der nächs­te Lock­down folgt.
Auch das Imp­fen lie­fert noch lan­ge kei­ne Herdenimmunität.

Lock­down Stop
Die von »jung­bür­ger­li­cher« Sei­te initi­ier­te Peti­ti­on ver­langt das Ende des Lock­downs für Restau­rants & Läden, etc., statt­des­sen ziel­ge­rich­te­ten Schutz der Risi­ko­pa­ti­en­ten! Die Unter­schrif­ten Zahl sei bald bei rund 90’000.
Aaaah jä, da gab es noch etwas!
Das heisst insgesamt:
Bei­zen öff­nen, Läden öff­nen, Fit­ness­cen­ter etc., die Risi­ko­grup­pen wer­den gesell­schaft­lich iso­liert. Und der Rest gibt sich von selbst.
Kri­tik dazu:
Die Jugend wird den Mutan­ten schutz­los aus­ge­lie­fert, alle Kenn­zah­len stei­gen wie­der. Die dahin­ter ste­cken­de Idee der Her­denim­mu­ni­tät ist in Schwe­den gran­di­os geschei­tert … und der nächs­te Lock­down folgt.

Der Frühling/Sommer rich­tet es schon
Die­ses Kon­zept ist der irri­gen Mei­nung SARS-CoV‑2 wird durch die auf­kom­men­de Wär­me stark redu­ziert und über­sieht dabei drei Dinge:
1. Das Virus wütet unge­bro­chen z.B. in Bra­si­li­en oder Süd­afri­ka, also in recht war­men Ländern.
2. Dank den hohen Infek­ti­ons­zah­len bil­den sich neue Mutanten.
3. Stu­di­en zei­gen dass sich durch die Erwär­mung höchs­tens eine Min­de­rung von 20% ergibt (Brink­mann).

Volks­in­itia­ti­ve »STOPP Impfpflicht«
Die Eid­ge­nös­si­sche Volks­in­itia­ti­ve »STOPP Impf­pflicht« for­dert in der Ver­fas­sung das Grund­recht, dass jeder Mensch die Frei­heit hat, selbst bestim­men zu kön­nen, was in sei­nen Kör­per gespritzt oder implan­tiert wird, ohne dass die­ser Mensch gebüsst wer­den kann oder dass ihm sozia­le und beruf­li­che Benach­tei­li­gun­gen entstehen.
Soweit der Initiativtext.
Nun, eine Impf­pflicht besteht in der Schweiz nicht. Prä­ven­tiv kann man natür­lich so etwas for­dern. Selbst­be­stim­mung OK.
Dass durch die Impf­ver­wei­ge­rung kei­ne sozia­len und beruf­li­chen Benach­tei­li­gun­gen ent­ste­hen dür­fen, hat aber nichts mit Selbst­be­stim­mung zu tun. Höchs­tens mit Ego­is­mus. Denk­bar sind z.B. Beru­fe, bei denen eine Impf­pflicht sinn­voll sein kann. Und vor­zu­schrei­ben, ob ein Ver­an­stal­ter nur Geimpf­te ein­las­sen will, ist des­sen Pri­vat­sa­che. An ande­ren Stel­len wie z.B. im öffent­li­chen Ver­kehr gel­ten dann wie­der ande­re Regeln.
Eigent­li­che Impf­ver­wei­gern­de sind sel­ten (1–3 %), häu­fi­ger sind die Impfskeptiker*innen (etwa 30 %). Mich dünkt es nicht ver­ständ­lich, dass die Angst vor der Sprit­ze grös­ser sein kann, als die Angst z.B. vor einer Cov19-Erkran­kung und deren Spätfolgen.

Alle Kon­zep­te, die vor allem dar­auf beru­hen alles und mög­lichst schnell wie­der zu öff­nen und uns die gros­se Frei­heit wie­der zu besche­ren (sie­he auch Som­mer 2020 und was dar­auf folg­te), kön­nen nur in einem immer wie­der neu­en Jo-Jo-Effekt enden: Slow­down, Shut­down, Lock­down, Slow­down, Shut­down, Lock­down, Slow­down, Shut­down, Lockdown, …

Es gibt aber auch ande­re Konzepte,
die nicht nur auf Wunsch­den­ken beru­hen. Eines davon hat sich sogar in Neu­see­land und in Aus­tra­li­en ziem­lich bewährt 🙂
Da wären:

NoCo­vid-Stra­te­gie
Ent­wi­ckelt wur­de das Kon­zept von 13 aner­kann­ten Päd­ago­gIn­nen, Viro­lo­gIn­nen, Öko­nom­In­nen, Sozio­lo­gIn­nen, etc. Unter ihnen auch die Viro­lo­gin Mela­nie Brink­mann, sie sagt: »Was expo­nen­ti­ell steigt, kann auch expo­nen­ti­ell sin­ken. Bei einer R‑Zahl 0,9 dau­ert es einen Monat, bis sich die Zah­len hal­bie­ren, bei einer R‑Zahl von 0,7 nur eine Woche.«
Bei einer Inzi­denz von 10 wäre ein Zwi­schen­ziel erreicht, dann könn­ten ers­te Locke­run­gen fol­gen. Z.B. Kita und Schu­le. Immer vor­aus­ge­setzt, dass sich die Bevöl­ke­rung dis­zi­pli­niert an die Vor­ga­ben hält!
Zur Erklä­rung der NoCo­vid-Stra­te­gie gibt es ein inter­es­san­tes Papier, das vie­les erklärt.
Braucht ein biss­chen Ausdauer …

Auf die­ser NoCo­vid-Stra­te­gie baut ein wei­te­res Kon­zept auf:

#Zero­Co­vid-Stra­te­gie
Das Ziel heisst null Infek­tio­nen! Für einen soli­da­ri­schen euro­päi­schen Shutdown.
Das Kon­zept geht davon aus, dass nur eine gesamt­eu­ro­päi­sche Initia­ti­ve wirk­lich zum Erfolg füh­ren kann, auf­bau­end auf NoCovid.
Die Initi­an­ten sind Bür­ge­rin­nen und Bür­ger aus allen Lebens­be­rei­chen. Es geht ihnen dar­um, eine bes­se­re Welt zu erschaf­fen. Im Gegen­satz zu NoCo­vid wol­len sie aber die Wirt­schaft für eine bestimm­te Zeit prak­tisch kom­plett lahm­le­gen. Sie legt aber auch gros­sen Wert auf sehr vie­le sozia­le Aspekte.
Zur Erklä­rung der #Zero­Co­vid-Stra­te­gie gibt es ein inter­es­san­tes Papier, das vie­les erklärt.

Vor­schlag für die Kon­fe­renz der Bundesländerchefs
Für Mitt­woch, 10. Febru­ar 2021 war wie­der eine Kon­fe­renz der ein­zel­nen Bun­des­län­der (Deutsch­land) mit der Kanz­le­rin ange­sagt. Für die­se Kon­fe­renz wur­de die fol­gen­de Stra­te­gie für die nächs­te Zeit vor­ge­schla­gen (recht nahe an der NoCovid-Strategie):

Eini­ge Bun­des­län­der haben ähnliche/eigene Stra­te­gien ent­wi­ckelt (Kapi­tel »In Stu­fen raus aus dem Lockdown«).
Da könn­te sich die Schweiz ja ein Vor­bild angeln? (Da gibt es eini­ge Bun­des­län­der mit der grös­se­ren Ein­woh­ner­zahl als die Schweiz.)
Wie immer feilsch­ten die ein­zel­nen Bun­des­län­der in Rich­tung Öff­nen, beson­ders der Kita und der Schu­len. Und die Feil­sche­rei hat gesiegt. Ein Stu­fen­plan  à la NoCo­vid wur­de zwar als sinn­voll erach­tet, dar­über müs­se man spre­chen, aber schluss­end­lich lie­gen gelassen …

Und wer meint, für sol­che Sachen kei­ne Zeit zu haben, lese wenigs­tens den Arti­kel in der Badi­schen Zei­tung.
Es lohnt sich auch sonst einen Blick in die­se Zei­tung zu tun und zu sehen, was die Nach­barn über uns schreiben.

Ich weiss, das ist viel Lese­stoff. Aber Sie bekom­men so einen Über­blick über die Sache.
Schon wie­der Sonntagslektüre!

 

Wochenrückblick
Nachtrag zu Konzepte! Strategie! Öffnen!

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