Ja, Sie haben im Titel richtig gelesen: Mit einem Platzpatronenschuss aus der Bugkanone des »Panzerkreuzer Aurora« wurde die Oktoberrevolution (eben Октябрьская революция в России) in Petrograd, später Leningrad, St. Petersburg eröffnet.
Die Oktoberrevolution (nach gregorianischem Kalender Beginn am 7. November 1917) sicherte den Bolschewiki um Lenin und Trotzki zunächst nur die Macht in Petrograd. Also erst ein kleiner Schritt zur Herrschaft in Russland. Immerhin war ihr wichtigster Gegner, die Regierung Kerenski, gestürzt. Entgegen der heroisierten Stürmung des Winterpalasts bei Sergei Michailowitsch Eisenstein im Film »Oktober« war diese Tat fast lächerlich einfach. Aber Staaten brauchen heroische Helden, siehe auch Schweizer Geschichte.
Was dann folgte ist bekannt. Heuer feiert die Oktoberrevolution den 100. Geburtstag. Vielleicht eine Gelegenheit wieder einmal in die Geschichtsbücher zu schauen?
Dass »Das Kapital« von Karl Marx, erschienen 1867 in Hamburg, dieses Jahr den 150. Geburtstag feiert, gehört fast dazu. Wurde es doch später für manche Fehlinterpretation misshandelt.
Marx z.B. bekämpfte nicht die Raffgier, sondern ein Systen, das die Raffgier belohnt, sagt Rober Misik. Und weiter: Insofern, aber nur insofern, hätte Marx gewettert gegen die Dödelbanker und das Hedgefonds-Gesindel, die jahrelang »Sozialstaat verschlanken« predigten, ihre Phantasiegewinne privat einsackten und sich danach ihre Verluste sozialisieren lassen.
Karl Marx ist wieder aktuell. Viele junge Menschen sehen in ihm nicht mehr den geistigen Übervater der sozialistischen Staaten, sondern den Vordenker und ersten Kritiker des Kapitalismus. Marx war ein revolutionärer Theoretiker – wurde aber immer auch als Theoretiker der Revolution verstanden. Heute gelangt sein Werk wieder vermehrt in die Diskussion, wird doch gesagt, dass Marx die Probleme der globalisierten (Geschäfts)Welt sehr gut vorausgesagt habe …
Übrigens: Nächstes Jahr würde Karl Marx 200 Jahre alt!
Die Beschäftigung mit diesem Herrn ist leider nicht ganz einfach. Aber wer sich ganz schnell mit Marxens Grundgedanken kurz befassen will und dann das Meiste des Gelesenen auch versteht, kann sich mit diesem Büchlein beschäftigen. Z.B. aus der GGG-Stadtbibliothek.
Und die Weisheit zur Sache:
Über den alten Marx mag man denken, was man will,
aber seine Analyse der Globalisierung war genial. Dass es heute
niemanden zu geben scheint, der uns neu zu denken gibt, sei es
anhand von Horrorvisionen oder Verheissungen, ist sehr schade.
Ich spüre eine intellektuelle Lücke.
Hans Magnus Enzensberger