Ich denke zur Stellungnahme der SP zum Zentrumsprojekt gibt es noch das Eine oder das Andere zu sagen. Kursiv/schräg gedruckt sind die Texte der SP-Stellungnahme. Normal die Kommentare. Es beginnt ganz lieb:
»Begrüsst wird die Tatsache, dass wieder ein Anlauf genommen wurde, um die jetzige Situation beim Zentrumsplatz zu korrigieren. Wichtig ist uns dabei vor allem auch, dass die Parkierung nun unterirdisch erfolgen soll und diese Parkierung unter die Gebäude zu liegen kommt. Ersteres schafft Platz für Anderes, das zweite erlaubt es, auch grosse Bäume zu pflanzen. Gut findet die SP auch, dass eine sogenannte „Stadthalle“ geplant ist, die das soziale Leben der Einwohnerinnen bereichern kann.«
Das ändert aber schnell:
»Dadurch, dass die Planungsvorgaben nicht öffentlich eingesehen und diskutiert werden konnten, sind aber aus unserer Sicht auch viele Dinge beim vorgelegten Projekt „Camillo“ unbefriedigend bis inakzeptabel.«
Typisch Partei, immer nur reagieren, nie agieren, mitdenken und vorauschauend eingreifen. Damit meine ich:
a. Das Budget für den Studienauftrag wurde am 12. Dezember 2016 bewilligt.
Hat sich da von den Parteien jemand darum bemüht an einem Verfahren zur Erstellung des Studienauftrags teilzunehmen, mitzuwirken?
b. Im März 2017 wurden die Studienaufträge vergeben.
Da gibt es doch Gemeinderäte aus den verschiedenen Parteien, Mitglieder in Baukommission, etc., die ihre Parteien orientieren könnten. Ist das geschehen?
c. Ab 14. September 2017 wurde in 11 Artikeln im www.birsfälder.li der Studienauftrag behandelt, aufgezeigt was enthalten ist, Begriffe erklärt. Spätestens dann hätte es wohl in gewissen Ohren läuten müssen. Das Nachdenken hätte beginnen können …
»Das angeschlagene Tempo des GR lässt kaum Zeit mitzudenken, Ideen einzubringen, geschweige denn, in Parteien und Interessengruppen zu diskutieren. Dies erzeugt ein Gefühl des Gehetztwerdens, was sich weder auf die Qualität noch auf die Akzeptanz eines vorgelegten Projekts im Zentrum Birsfeldens positiv auswirkt. Wir bitten den GR deshalb, von Zeit zu Zeit ein wenig inne zu halten, damit das Präsentierte verdaut und diskutiert werden kann.«
Am 22. März 2018 wurde das überarbeitete Siegerprojekt »Camillo« der Bevölkerung vorgestellt. Am 7. Juni 2018 war der Dialoganlass, quasi die Vernehmlassung zu diesem Projekt. Dazwischen lag eine Bedenkzeit von 11 (in Worten elf) Wochen. Zu wenig Zeit sich Gedanken zu machen, diese zu diskutieren, evtl. sogar Alternativen anzudenken?
Wenn das Zentrumsprojekt nicht wie alle anderen Zentrumsprojekte scheitern oder versanden soll, darf es nicht durch die Zeitdehnmaschine geraten! Ausser, das wäre so gewollt.
»Zum präsentierten Projekt „Camillo“ muss grundsätzlich festgehalten werden, dass den ökologischen Werten und Vorgaben viel zu wenig Gewicht beigemessen wird. Mit Enttäuschung haben wir feststellen müssen, dass die Vorgaben zur Ökologie aus dem STEK, aus dem GFK und aus dem Studienauftrag, ihren Niederschlag im ausgewählten Projekt „Camillo“ nicht finden. So ist die Grün- und Freifläche viel zu klein, resp. der Fussabdruck der Überbauung ist viel zu gross und der als ökologisch wichtig deklarierte Grünkorridor entfällt praktisch gänzlich.«
Die Aussagen zu den Grün‑, Freiflächen und zum Grünkorridor sind zu vage. Was zählt? Die Anzahl Quadratmeter? Die Verteilung der Flächen? Mir fehlen konkrete Aussagen, mir fehlen aber auch — in einer Vernehmlassung darf man das — Verbesserungsvorschläge …
»Weiter fehlt dem Projekt aus soziologischer Sicht mindestens ein grosser Platz; dies auch im Zusammenhang mit den erwarteten resp. erhofften höheren Schülerzahlen.«
Wie gross muss denn ein Platz aus soziologischer Sicht sein? Im Projekt bestehen drei Plätze:
Der Zentrumsplatz an der Hauptstrasse ca. 1400 Quadratmeter,
der Brunnenplatz bei der Stadthalle ca.600 Quadratmeter und
der Pausenplatz der Primarschule ca. 4500 Quadratmeter.
Was wären denn die idealen Platzgrössen und wo und für was? Wäre vielleicht nicht aus soziologischer Sicht die Einrichtung der Plätze viel wichtiger und aufschlussreicher als die Grösse?
»Ganz allgemein versperrt aus Sicht der SP die völlige Überbauung des als „Zentrum“ bezeichneten Raums zwischen Hauptstrasse und Kirchstrasse, also der letzten freien gemeindeeigenen Fläche, kommenden Generationen jegliche Entwicklungsmöglichkeiten.«
Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, es gehe mit dieser Forderung nur darum, zu verhindern, dass im Zentrum eine Veränderung geschieht. Dass selbe gilt für die Forderung:
»Zudem drängt sich nach genauem Studium des Projektes „Camillo“ der Einbezug der Schulstrasse und vor allem auch der Parzelle der BLKB mit der Bank und der Laden- und Café-Liegenschaft auf.«
An die hässliche UBS und an die bald in Ricos Lädeli verlegte Post wird aber kein Gedanke verschwendet. Mit der Forderung von Unmöglichkeiten soll offenbar die Projektverhinderung weiter verfolgt werden.
»Wir ersehen aus dem Vorschlag vor allem das Primat privatwirtschaftlicher Überlegungen. Die im Interesse der Gemeinde liegenden betriebswirtschaftlichen Überlegungen und Berechnungen zu Ersatzbauten und zum Umzug verschiedener Nutzungen wurden sträflich vernachlässigt.«
Das könnte tatsächlich ein Schwachpunkt sein. aber ganz vernachlässigt wurde dieser Punkt doch nicht. Siehe www.birsfälder.li.
So, das war’s fürs erste von meiner Seite …
Meury Christoph
Juni 18, 2018
Franz bringt’s auf den Punkt und er hat in allen Punkten recht. Wer wollte konnte sich über das Zentrumsprojekt seit geraumer Zeit ausführlich und detailliert informieren. Es ist daher müssig, wenn die SP das vorgelegteTempo kritisiert. Die GenossInnen müssen sich selber an der Nase nehmen, wenn sie unfähig sind proaktiv und konstruktiv mitzudenken und mitzuwirken. Gegen Denkfaulheit ist aber offensichtlich kein Kraut gewachsen.
Gasser Alex
Juni 18, 2018
Danke Franz, hervorragend kommentiert! Du schreibst mir aus der Seele. Man kann mit fadenscheinigen Argumenten auch ein Projekt bodigen. Das würde dann bedeuten, wiederum 50 Jahre zuwarten. Dann können sich die SP Exponenten auf den Grabstein schreiben lassen: “Ich habe erfolgreich die Entwicklung Birsfeldens verhindert”.
Sorry, aber das SP Schreiben macht mich wütend.
florian
Juni 20, 2018
Och, das tut mir Leid. Welche Argumente sind denn fadenscheinig und wieso? Und wann publiziert die FDP ihre Stellungnahme?
florian
Juni 20, 2018
Die Grünflächen sind nicht vernetzt, was das Ziel gemäss STEK und Studienauftrag war. Ziel nicht erreicht, deshalb ist das Projekt ungenügend. Zu dem wird demnächst noch das Positionspapier der Naturschutzorganisationen veröffentlicht.
Der SP vorzuwerfen, sie würde nur reagieren, ist ziemlich komisch. Wir trafen uns schon 2013, um die Stadtentwicklung zum Thema zu machen. Und wir begleiten seither intensiv und kritisch (und öffentlich) das Geschehen. Selber Projekte vorzuschlagen ist weder vom Prozess noch von den Ressourcen her möglich – oder sinnvoll.
Sicher wollen wir das Projekt nicht einfach verhindern, sondern einfach das Zentrum für die nächsten hundert Jahre gut gestalten. Deshalb lassen wir uns die Tür offen, bei einer negativen Beurteilung auch Nein zu sagen und nicht jetzt schon zu jubeln.
Franz Büchler
Juni 20, 2018
Grünflächen nicht vernetzt:
Ab wann gilt etwas als vernetzt? Erst wenn zwei Grünflächen unmittelbar zusammenstossen?
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Es sind durchaus Möglichkeiten zum legalen Agieren vorhanden:
Man könnte dann, wenn ein Kredit gesprochen wird, an der Gemeindeversammlung Bedingungen daran knüpfen. Oder:
Xmal wurde bei Infoanlässen und Gemeindeversammlungen der Terminplan des Gemeinderates vorgestellt. Meines Wissens hat keine Partei Bedingungen gestellt oder opponiert.
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Und schlussendlich:
Entweder man will man ein Projekt für die nächsten hundert Jahre gestalten — oder man versperrt den kommenden Generationen die letzte gemeindeeigene Fläche. Beides geht glaube ich nicht, ausser man hat ein Projekt, das jeweils in Jahrzehnteschritten realisiert wird …
florian
Juni 22, 2018
Vernetzung heisst idealerweise ein durchgängiger Korridor mit möglichst wenigen/kurzen Unterbrechungen. Das ist mit dem aktuellen Projekt klar nicht möglich. Dieses Ziel hat sich der Gemeinderat ja selbst gesetzt – und mit dem aktuellen Projekt nicht erreicht.
Und doch, lieber Franz: Wir haben uns zu jedem Schritt der Stadtentwicklung gemeldet.
annacarla
Juni 20, 2018
Die SP hat vier Füsse in der Tür zum Gemeinderat. Sie könnte sich schon viel früher als Franz Büchler mit den Plänen beschäftigen. Herr Büchler hat das hier sehr sorgfältig, rechtzeitig und öffentlich dargestellt.
Oder gibt es keinen guten Kontakt der Frauen im Gemeinderat zu den Männern in der SP?
florian
Juni 20, 2018
Also, dann auch noch zu dem Thema: Klar, viele von uns sind in den entsprechenden Behörden. Aber deshalb dürfen sie die Unterlagen ja sicher nicht einfach rausgeben und uns als Partei zuspielen.
Wollt ihr ernsthaft empfehlen, dass wir so arbeiten? Ich fände es falsch (gar illegal), wenn unsere Gemeinderätinnen uns mit den Unterlagen versorgt hätten, die nicht öffentlich waren.
Genau deshalb wollten wir eine öffentliche Diskussion zum Studienauftrag haben. So ist eben keine möglich.
Meury Christoph
Juni 21, 2018
Das SP-Positionspapier ist keine seriöse Diskussionsgrundlage. Es ist ein wildes Sammelsurium von diffusen Forderungen. Forderungen, welche in der Summe die vorliegende Planung im Grundsatz negieren. Eine konstruktive Planungsteilhabe sieht anders aus!
Die Bekräftigung einer verdichteten Bodennutzung bleibt Makulatur und ein frommes Bekenntnis, wenn man bei der Umsetzung nicht Hand bietet.
Ich würde von der SP zudem endlich erwarten, dass sie sich positiv zu den potentiellen Wohnbauprojekten im Zentrum äussert. Jetzt könnte man dem gemeinnützigen Wohnungsbau endlich Schub geben.
Wohnen für Alle auf dem eigenen Perimeter!
Franz Büchler
Juni 21, 2018
Agieren eben. Antizipation heisst das Wort auch …
Oder wie das früher hiess:
Gouverner c’est prévoir. Und in einer Demokratie muss eben auch das Volk prévoir, wenn es die dafür Gewählten nicht tun sollten …