Eine Tour d’Horizon durch den Birs­fel­der Hafen. Eine Tour mit qua­li­fi­zier­ter Beglei­tung durch den Basel­bie­ter Stand­ort­för­de­rer Tho­mas Kübler

Am 7. Febru­ar, um 10 Uhr haben wir uns am äus­sers­ten Ende der Hard­stras­se, mit­ten im Hafen­ge­biet, zu einem Rund­gang getrof­fen. Das Grüpp­chen bestand aus: Tho­mas Küb­ler, dem Lei­ter der Stand­ort­för­de­rung Basel­land, Franz Büch­ler, dem hafen­af­fi­nen Redak­tor des Birsfäld­erpünggt­li, sowie dem Leicht­ma­tro­sen Chris­toph Meury.
Ziel des Rund­gangs: Wir woll­ten mit Herrn Küb­ler die Hot­spots der zukünf­ti­gen Hafen­ent­wick­lung in Real abschrei­ten. Zu die­sem Zweck haben wir uns direkt vis à vis des mehr­stö­cki­gen Lagers der Fir­ma Plan­zer vor der Hafen­ver­wal­tung ver­sam­melt. Das rund 30 Meter hohe fens­ter­lo­se Lager­ge­bäu­de wirkt nicht sehr ein­la­dend und ver­rät wenig über sei­nen eigent­li­chen Daseins- und Ver­wen­dungs­zweck. Es gibt auch kei­ne Beschrif­tun­gen, wel­che Hin­wei­se dar­über geben, wel­che Güter hier gela­gert, oder umge­schla­gen wer­den. Aus einem Spe­zi­al­ver­zeich­nis wis­sen wir, dass die Anla­ge im Stör­fall­ver­zeich­nis regis­triert ist.

Unser Rund­gang führt uns auf einem schma­len Trot­toir ent­lang der Hafen­stras­se vor­bei an einem gross­zü­gig aus­ge­leg­ten Koh­le­la­ger. Meh­re­re tau­send Qua­drat­me­ter, mit tol­ler Sicht auf das gegen­über­lie­gen­de Grenz­ach (mit dem mar­kan­ten Horn­fel­sen sind mit Koh­le­ber­gen belegt. Die Koh­le­la­ger wir­ken etwas aus der Zeit gefal­len. Wer heizt heu­te noch mit Koh­le? Oder sind die­se schwar­zen Hal­den Über­bleib­sel aus dem vori­gen Jahr­hun­dert? Qua­si stum­me Zeu­gen vor­in­dus­tri­el­ler Zeiten?

 

Die alten Hafen­krä­ne sind sind eine Augen­wei­de, gehö­ren aber längs­tens in ein Muse­um für indus­tri­el­le Kul­tur. Einen kur­zen Zwi­schen­halt schal­ten wir bei der Par­zel­le 1339 ein. Das Are­al ist, wie uns Herr Küb­ler infor­miert, 19’600 m² gross und ist seit gerau­mer Zeit aus­ge­schrie­ben und war­tet auf eine adäqua­te Nut­zung. Seit Jah­ren ist die rie­si­ge Indus­trie­bra­che leer, wenn man von ein paar ver­streu­ten Mul­den, wel­che hier zwi­schen­ge­la­gert sind, absieht. Das Are­al gehört dem Kan­ton Basel-Land­schaft, wird von den Schwei­ze­ri­schen Rhein­hä­fen ver­wal­tet, ist im Bau­recht der Birs­termi­nal zuge­schla­gen, wel­che das Are­al aber offen­sicht­lich für ihre Zwe­cke nicht benö­tigt und daher die Stand­ort­för­de­rung Basel­land beauf­tragt hat das Are­al aus­zu­schrei­ben, um einen Inter­es­sen­ten zu fin­den. Das Are­al ist attrak­tiv, liegt es doch mit­ten im Hafen­are­al, in Wurf­wei­te zur Hafen­kan­te und kann bis zu einer Höhe von 32 Metern über­baut wer­den. Jetzt ist das Are­al leer. In der Buch­hal­tung der SRH ver­mut­lich als Leer­stand mit Nullein­kom­men verbucht.

In die­sem Zusam­men­hang infor­miert uns der Basel­bie­ter Stand­ort­för­de­rer Küb­ler über die Ent­wick­lungs­stra­te­gie «Hafen Birs­fel­den 2040+«. Die Par­zel­le 1339 steht im Fokus der zukünf­ti­gen Ent­wick­lung. Ziel: Par­zel­len mit Ver­dich­tungs- und Wert­stei­ge­rungs­po­ten­ti­al sol­len in Zusam­men­ar­beit mit den Eigen­tü­mern (gross­mehr­heit­lich der Kan­ton Basel-Land­schaft) und den jewei­li­gen Bau­rechts­neh­mern ent­wi­ckelt wer­den. Dafür gibt es aller­dings momen­tan weder einen kon­kre­ten Auf­trag, noch eine Agen­da oder ein über­grei­fen­des Kon­zept, aber Herr Küb­ler ist zuver­sicht­lich, dass Etwas gesche­hen wird.

Wir las­sen dies jetzt mal so ste­hen und spa­zie­ren wei­ter durch das zur Zeit sehr ruhi­ge Hafen­are­al. Ver­ein­zelt kur­ven ein paar LKWs durch das Gelän­de, aber im Gros­sen und Gan­zen ist zur Zeit (Frei­tag, 10 Uhr) nicht viel los. In der Zwi­schen­zeit sind wir bei den gros­sen Mine­ral­öl­la­gern ange­langt. Die Tanks sind, wenn man als klei­nes Mensch­lein dane­ben steht beein­dru­ckend. Tau­sen­de Liter Mine­ral­öle (Ben­zin, Die­sel und Kero­sin) sol­len da gela­gert sein. Aus­kunft bekom­men wir auch spä­ter kei­ne und kön­nen den geneig­ten Lese­rIn­nen kei­ne wei­te­ren Infor­ma­tio­nen lie­fern. Da die Anla­gen aus mehr als 60 Tanks, unter­schied­lichs­ter Grös­se, besteht, wäre es nicht ganz uner­heb­lich zu wis­sen, wel­che Gefah­ren­gü­ter hier gela­gert wer­den. Wir haben vor eini­gen Wochen offi­zi­ell bei der Gemein­de ange­fragt. Die­se Ant­wort ist aus­ste­hend. Da die Tanks alle­samt in einem Stör­fall­re­gis­ter auf­ge­führt und ent­spre­chend auch als poten­ti­el­le Stör­fall-Gefahr regis­triert sind, den­ken wir das die Gemein­de hier unmit­tel­bar Auf­klä­rung betrei­ben muss. Zumal die Stör­fall­kar­te zeigt, dass die Hoch­häu­ser im Ster­nen­feld im Peri­me­ter eines mög­li­chen Stör­falls liegen.

Etwas über­rascht sind wir ledig­lich, dass die Mine­ral­öl­tanks fak­tisch unge­schützt im Her­zen des Hafen­are­als ver­streut lie­gen. Aber wir wol­len den Teu­fel ja nicht an die Wand malen, schliess­lich ist die letz­ten 50 Jah­re alles gut gegan­gen. Wir gehen auch gut­gläu­big davon aus, dass die hie­si­ge Feu­er­wehr das Stör­fall­pro­blem im Griff hat und einen all­fäl­li­gen Brand jeder­zeit löschen kann. Herr Küb­ler infor­miert uns, dass ein erheb­li­cher Teil der Lager als Pflicht­la­ger für den Ernst­fall geführt wer­den und eine Bun­des­auf­la­ge sind. Dar­über zu lamen­tie­ren wäre jetzt noch ein­mal eine ande­re Geschich­te. Wie die jüngs­te Pan­de­mie-Kata­stro­phe zeigt, wür­den wir hier vor Ort lie­ber Des­in­fek­ti­ons­mit­tel und Impf­stof­fe, viel­leicht noch Schutz­mas­ken lagern. Nun, die Exper­tIn­nen mit Welt­kriegs­er­fah­rung, wer­den sich ja etwas dabei gedacht haben, als sie es zur Pflicht erho­ben, tau­sen­de von Ton­nen Mine­ral­öl mit­ten in einem Arbeits­are­al und Indus­trie­ge­biet zu bunkern.

Ein Bijou der Son­der­klas­se haben wir an der Hafen­stras­se Num­mer 18 ange­trof­fen. Die idyl­lisch anmu­ten­de 562 m² gros­se Par­zel­le gehört offen­sicht­lich der Ein­woh­ner­ge­mein­de Birs­fel­den. Die Gemein­de hält sich hier ein klei­nes Not­fall­la­ger, bestehend aus ver­schie­de­nen klei­ne­ren Kies‑, Sand- und Stein­hau­fen, ein paar alten Was­ser­roh­ren und einem alten zer­dep­per­ten Auto, viel­leicht ein Figu­rant der Feuerwehr.
Und ganz links vor­ne in der Ecke steht noch ein ganz spe­zi­el­les Bün­del. Auf dem Sockel unten ist zu lesen: C. Gut­knecht 1963. Es sind die zwei nack­ten Jüng­lin­ge mit Pfeil und Bogen, die bis vor kur­zer Zeit beim Schul­haus Birs­matt gestan­den sind. Die Anla­ge sieht nicht nur leicht ver­wun­schen, son­dern auch ver­ges­sen aus. Sie soll der Ein­woh­ner­ge­mein­de gra­tis zuge­schla­gen wor­den sein. Zumin­dest taucht das Are­al in der Buch­hal­tung nicht auf.
Auch hier könn­te der­einst ver­dich­tet und bis auf eine Höhe von 32 Metern gebaut wer­den. Doch wol­len wir uns jetzt damit nicht auf­hal­ten: Wir Birs­fel­de­rIn­nen kön­nen uns eine sol­che Bra­che leis­ten, also was spricht dagegen.

Vor­bei an der neu­en Migros-Fisch­zucht (die hier offen­bar gegen die Kli­ma­er­wär­mung arbei­tet) bie­gen wir in die Ster­nen­feld­stras­se. Pas­sie­ren die rie­si­gen ein­ge­schos­si­gen Eisen­la­ger der Fir­ma Spae­ter Stahl und bum­meln ent­lang der ver­schie­de­nen hier domi­zi­lier­ten KMU’s . Auch hier gibt es eini­ge freie Par­zel­len und wenig ver­dich­te­te Area­len. Da die Par­zel­len aber gross­mehr­heit­lich zwar im Hafen­pe­ri­me­ter lie­gen, aber der­einst vom Kan­ton den jet­zi­gen Eigen­tü­mern ver­kauft wur­den, sind die Area­le in pri­va­tem Besitz.

Rechts von uns liegt jetzt der neue Pla­nungs­hot­spot «Ster­nen­feld­stras­se West«. Hier soll eine «reprä­sen­ta­ti­ve Adres­se« ent­ste­hen, schreibt man im Pro­spekt. Aller­dings wer­den wir dies kaum mehr erle­ben. Soll­te das Pro­jekt Rhein­tun­nel tat­säch­lich Rea­li­tät wer­den, wären gros­se Tei­le des Gebie­tes «Ster­nen­feld West« blo­ckiert und müss­ten für die Bau­stel­len­in­stal­la­ti­on des besag­ten Tun­nels, der im Tag­bau beginnt, zur Ver­fü­gung ste­hen. Eine vor­läu­fi­ge Agen­da sieht den Bau­be­ginn der Röh­re ab 2029 und die Inbe­trieb­nah­me des Umfah­rungs­tun­nels ab 2035 vor. Wenn’s rund läuft und rund lau­fen sol­che Pro­jek­te nie, also plant man hier mit einer offe­nen Zeit­ach­se. Nun, der Tun­nel ist Teil der Natio­nal­stras­sen­pla­nung und damit  Bundessache.

All­mäh­lich kom­men wir zum Ende unse­res Indus­trie­spa­zier­gangs. Wir schlen­dern durch die Din­kel­berg­stras­se zum Aus­gang unse­rer Expedition.
Dabei kom­men wir natür­lich noch an den ver­schie­den Recy­cling-Fir­men vor­bei. Neu ent­sor­gen die­se Fir­men (nach aktu­el­ler Sprach­re­ge­lung) nicht mehr unse­ren Abfall und tren­nen von Hand die ver­schie­de­nen Roh­stof­fe, son­dern die Fir­men sind Teil der »Kreis­lauf­wirt­schaft« und wer­den in Zukunft als High­tech-Fir­men geführt und der Güs­el ent­spre­chend smart ent­sorgt. Die pro­gnos­ti­zier­te Digi­ta­li­sie­rung aller Hafen­fir­men wird uns zukünf­tig einen wun­der­bar smar­ten Hafen (Smart City) besche­ren. Die Recy­cling-Fir­men ent­sor­gen den getrenn­ten Abfall aktu­ell gross­mehr­heit­lich per Schiff in die Nie­der­lan­de (Modell: Aus den Augen, aus dem Sinn). Offen­sicht­lich begehrt ist dabei der Bau­schutt, wel­cher in der Sta­tis­tik als expan­die­ren­des Export­gut (mit Stei­ge­rungs­po­ten­ti­al) figuriert.

Über die Zement­fa­brik der Fir­ma Hol­cim könn­ten wir sie jetzt auch noch infor­mie­ren, aber wir möch­ten sie jetzt nicht wei­ter lang­wei­len, über­ge­hen dabei auch die visio­nä­ren Pro­jek­te in der ehe­ma­li­gen Staats­gru­be und kom­men zum Abschluss. Wir bedan­ken uns bei Herrn Küb­ler. Er hat uns umfas­send infor­miert und uns auch die Gesamt­syn­the­se «Hafen­stu­die«, ein rund 20-sei­ti­ges Doku­ment, zur Ver­fü­gung gestellt. Dar­über wer­den wir sie im Ver­lau­fe der kom­men­den Hafengeschichte(n) eben­falls informieren.
Jetzt radeln wir zurück ins Dorf mit dem guten Gefühl wie­der ein­mal ein Stück Indus­trie- und Hafen­ge­schich­te live erlebt zu haben.

Fotos: Bra­che Ortho­pho­to, Kran Chris­toph Meu­ry, alle andern F. Büchler

Im nächs­ten Arti­kel ver­su­chen wir in den 23 Sei­ten »Gesamt­syn­the­se Hafen­stu­di­en« die wesent­li­chen Neue­run­gen zu fin­den. Und haben Mühe sie zu fin­den. Wir geben ihnen zu die­sem Stu­di­um eini­ge Links und viel­leicht kön­nen Sie uns dann helfen.

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Jung für Alt — Alt für Jung
Einmal mehr: Birsfelden in die Ecke gestellt

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