Titelbild von links:
Enrico Luisoni, Präsident Visarte, im Gespräch mit Laudator Andres Pardey,
Vize-Direktor Museum Tinguely.
Rechts Peter Baer vor seinem Porträt des Malerfreundes Fernando Keller.
Einmal mehr ganz grosser Bahnhof im Birsfelder Museum. Die rund 200 Besucher und Kunstfreunde wurden während der ganzen Vernissage diskret und swingvoll, mit dem Schwung der Kellerschen Pinselstriche diskret musikalisch unterhalten. Kein konzertanter Auftritt, sondern ein verschmitztes akustisches Unterstreichen der ausgestellten Werke.
Hier die Laudatio:
Als Vorrede: haben Sie gesehen, wie gut Fredy Ropélé zu den Bildern hinter ihm gepasst hat? Diese dynamische Bewegung, die ist beiden eigen, diese Geschmeidigkeit, der Rhythmus, der nicht nur den Gitarristen sondern auch das Bild auszeichnet, das könnte man jetzt synästhetisch nennen, oder einfach bemerken, dass es passte, wunderbar.
Eine gemeinsame Ausstellung von Peter Baer und Fernando Keller, das ist eine Herausforderung, auf den ersten Blick. Hier der leichtfüssige Keller, dem scheinbar alles aus den Händen fliesst, dort der Arbeiter am Bild, der auch mal 14 Jahre und länger an einem Porträt malt. Hier derjenige, der von sich sagt, es sei ihm eigentlich alles möglich, und da der andere, der sucht und zweifelt, bis er endlich sagen kann «so isch es» oder «so lauft das». Hier Acryl, dort Öl, hier das Gegenlicht, dort das Schimmern, hier Weiss, dort Gold. Scheinbar eine Welt voller Gegensätze, die hier in den schönen Räumen des Museums Birsfelden versammelt ist.
Es brauchte viel Überlegung, bis die Ausstellung stand – und dann ging es doch ganz schnell. Unten und oben je ein Raum für Peter Baer und Fernando Keller, das Treppenhaus auch aufgeteilt, das Gleichgewicht ist hergestellt. Jeder hat seine Werke gehängt, hat auch mal insistiert, bis ein Bild auf eine Tür hing, jeder hat es so geordnet, dass es für ihn stimmt.
Verblüffend an der ganzen Sache ist, dass die Sache doch nicht zu Konkurrenz oder Hahnenkampf wird, sondern dass etwas entsteht, das es eben nur im Museum oder in einer Galerie gibt, also dann, wenn die Bilder wirklich da sind, nicht nur auf einem Bildschirm oder in einer Zeitschrift, sondern ganz real hier und jetzt. Es entsteht eben eine Ausstellung, ein Ort, in dem man das Original studiert, in dem die Anordnung der Bilder und Skulpturen eine Rolle spielt, in dem es wichtig ist, was wo ist, und welches Werk mit welchem spricht, kommuniziert, wo es sich beisst und wo es ganz leicht geht, dieses Nebeneinander, das im Idealfall zum Miteinander wird, mit allen Kontrasten.
Das – meine ich – ist hier sehr schön gelungen.
Es sind halt auch zwei Freunde, die sich hier begegnen. Zwei Künstler, die jeder für sich ihren Weg gegangen sind, die ihn weiter gehen, und deren Werk sich immer wieder verändert hat. Zwei Künstler auch, die sich – so scheint es mir – immer wieder selbst von sich selbst überraschen lassen – und damit auch zwei Künstler, die für uns, die wir sie vielleicht schon lange oder vielleicht auch erst seit Kurzem kennen, spannend bleiben und uns und unsere Augen immer wieder neu fordern. Denn darum geht es ja bei der Kunst: darum, hinzusehen und aus dem Ansehen eines Bildes eine Anschauung zu machen, darum, dass im intensiven Sehen auch Emotionen ausgelöst werden, dass ein Dialog mit dem Bild entsteht.
Dann entdeckt man das, was Peter Baer und Fernando Keller verbindet: Eine unmittelbare Wirkung ihres Werks, die nicht vermittelt werden muss von Historie oder Storytelling (wie das heute heisst), sondern die rein durch das Schauen entsteht.
Man entdeckt dann in den Bildern von Peter Baer, die zum Teil so schnell gemalt scheinen, hingeworfen fast, dass sich die Farbe Schicht um Schicht aufbaut, dass sie mal fast hingehaut lasierend auf der Bildfläche schwebt, und dass sie in anderen Fälle pastos dick aufgetragen eine Materialität erhält, die nur schon dadurch dem Bild Gewicht und Fülle verleiht. Man entdeckt, dass die Figuren im Bild immer präzise so gesetzt sind, dass ihnen der Raum gegeben ist, dass sie handlungsfähig sind, in dem Masse, wie es sich der Künstler vorstellt. Man sieht, wie sich Helles und Dunkles, wie sich Farbtöne und Farbschattierungen so ergänzen, dass das Bild immer aus dem Ganzen gedacht als Ganzes funktioniert – und man entdeckt immer wieder kleine Flecken von oft fast ungemischter Farbe, hier ein kräftiges Rot, dort ein sattes Blau, oft und gern auch über den Rand des Bildes hinauslaufend auf die Seitenkante. Das sind dann die Punkte, die Peter Baer für das Funktionieren seiner Bilder ganz wichtig sind, diese kleinen Akzente, die das Bild erst ganz und vollständig machen. An denen hängt er, es sind für ihn viel mehr als Satzzeichen, Ausrufezeichen, Punkt, Komma in seiner Bilderzählung, es sind für ihn die Ankerpunkte für das Bild – und eigentlich, weil es bei Peter Baer eigentlich immer um das grosse Ganze geht, sind sie die Scharniere der Welt, diese Farbakzente.
So entsteht im Atelier eine Malerei, die sorgfältig aufgebaut ist, die uns, den Betrachterinnen und Betrachtern, aber trotzdem nie das Gefühl von Erdenschwere und Bedeutungsschwangerschaft gibt, sondern die sich eine ganz wunderbare Leichtigkeit bewahrt – was mich zum Werk von Fernando Keller bringt.
Hier, im Reich von Gold und Silber, hier, wo Öl über Acryl und wo Lust über Last triumphieren, hier ist das Reich des Möglichen, des Spiels mit den Gegebenheiten und das Land des unbekümmerten Hingehens auf immer neue Themen und Herausforderungen. Fernando Keller ist ein eigentlicher Spieler – auf keinen Fall handelt es sich bei ihm aber um Glückspiel, sondern es ist die Geschicklichkeit, die es ihm angetan hat, das Jonglieren mit den Möglichkeiten, das Reagieren auf Gegebenes, das lustvolle Ausleben einer überbordenden Kreativität, die sich immer wieder neue Ventile schaffen muss. Da sind es auch durchaus die Hühner, die er in der Camarque beobachtet, die ihn zu einem lustigen Zyklus von Zeichnungen und Aquarellen anregen, es sind Muster, die zu marrokanischenStudien von ineinander verschlungen Schnüren oder Linien werden, es ist aber vorallem auch immer das Gesicht und das Profil, das in seinen Bildern auftaucht, das sich wie ein roter Faden durch sein Werk zieht. Aber dann kommt eben das, was ihn so sehr mit Peter Baer verbindet: die Malerei. Diese Lust an der Farbe, am differenzierten Farbauftrag, diese Freude, wenn das untere durchscheint und das obere prägt, wie dies bei den Bildern der Fall ist, denen eine Vergoldung Versilberung Verkupferung unterlegt ist, die dann die Farbe, die fein darüber liegt, zu einem fast mystischen Schwingen und Schwirren bringen, die dem Bild eine Tiefe verleihen, wie wir sie in Peter BaersLasierungen auch sehen können. Es ist dieser Bildaufbau, der, auch wenn er durch Addition entsteht, eins nach dem Anderen wird in die Fläche gesetzt, bis sie so voll ist, wie es sich der Künstler vorstellt, es ist der Bildaufbau, der im Resultat ganz ähnlich, weil ausgewogen und präzise ist.
Und es ist die Malerei, dieser Umgang mit Farbe, dieser Wille, die Welt in das Bild und in die Farbe zu bannen. Auch wenn Peter Baer sagt, er male in der vierten Dimension, so sind seine Bilder doch zunächst immer auch bei uns, den dreidimensionalen Zwei-Dimensionen-Seherinnen und Sehern, die sich verzaubern lassen von dem, was sich hier abspielt. Und das ist eben die Welt, die sich in den Bildern von Fernando Keller und Peter Baer findet, es ist eben diese Unendlichkeit, der beide nachforschen, und es ist diese Meisterschaft in der Bildfindung, die ihr Unternehmen zu einem gemeinsamen und diese Ausstellung zu einer Ganzen werden lassen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gutes Anschauen, und ich wünsche den beiden Künstlern, dass sie ihr Suchen noch viel weiter bringen möge. Wir sind gespannt…
Andres Pardey, Januar 2019
Ein Ohrvoll des Trios Moving String (Roberto Lanz, Sami Paul, Freddy Ropélé) gibt es, wenn Sie auf das Bild klicken.
Die Laudatio ist verhallt, kann hier noch ewig nachgelesen werden, die Begleitmusik ist verklungen, die ausserordentliche Ausstellung können Sie noch bis zum 24. Februar besuchen.
Florian Dettwiler über Ueli: »Seinen Händedruck kennen nicht nur seine Ex-Schülerinnen und Schüler bestens, denn er ist auch in Politik- und Künstlerkreisen bestens bekannt. Seine Handschrift im birsfälder.li ist deutlich erkennbar und in der realen Welt trifft man sie bzw. den Ueli selbst im Birsfelder Museum, auf dem Töff oder im Messana bei der täglichen Zeitungslektüre an.«