Mor­gen, am 12. Sep­tem­ber 2018, kön­nen wir 170 Jah­re Bun­des­ver­fas­sung fei­ern. Die Schweiz ver­än­der­te sich dadurch vom Staa­ten­bund zum Bun­des­staat.
Und der oft gelob­te und oft geschmäh­te Föde­ra­lis­mus nahm sei­nen Anfang.
Mat­thi­as Zehn­der hat den Föde­ra­lis­mus in einer sei­ner tol­len Kolum­nen (sehr lesens­wert!) unter dem Titel Die subsidiäre Oran­ge beschrieben.

Das his­to­ri­sche Lexi­kon der Schweiz fasst zusammen:
»Die BV von 1848 war die ers­te Ver­fas­sung der Eid­ge­nos­sen­schaft, die sich das Schwei­zer Volk selbst gab; sie mach­te, weil die Revo­lu­tio­nen in den Nach­bar­län­dern schei­ter­ten, die Schweiz für die 2. Hälf­te des 19. Jh. zur demokrat.-republikan. Insel inmit­ten der Mon­ar­chien Euro­pas. Da die BV in einem Bür­ger­krieg wur­zel­te, stand ihr das in die­sem unter­le­ge­ne kath.-konservative Lager anfäng­lich ableh­nend gegen­über. Erst die Ver­fas­sungs­re­vi­si­on von 1874, wel­che den Über­gang von einer reprä­sen­ta­ti­ven zu einer halb­di­rek­ten Demo­kra­tie ein­lei­te­te, ermög­lich­te die Aus­söh­nung der Kath.-Konservativen mit dem libe­ra­len Bun­des­staat. Die Ein­füh­rung der Initia­ti­ve für die Par­ti­al­re­vi­si­on der Ver­fas­sung 1891 erleich­ter­te einer­seits die stän­di­ge Fort­bil­dung des Ver­fas­sungs­rechts und erüb­rig­te so eine wei­te­re Total­re­vi­si­on, liess aber ander­seits die BV bis Ende des 20. Jh. zu einem unüber­sichtl. Flick­werk werden.

Die Errun­gen­schaf­ten
Den zeit­ge­nös­si­schen demo­krat. Ansprü­chen such­ten die Ver­fas­sungs­schöp­fer von 1848 mit dem Reprä­sen­ta­ti­ons­prin­zip gerecht zu wer­den. Die Stimm­be­rech­tig­ten hat­ten das Recht, den Natio­nal­rat zu wäh­len. Aus­ser­dem konn­ten sie sich — dies waren die ein­zi­gen direkt­de­mo­krat. Ele­men­te der neu­en BV — infol­ge des obli­ga­tor. Refe­ren­dums zu Par­ti­al- oder Total­re­vi­sio­nen äus­sern (Art. 113–114) und mit­tels 50’000 Unter­schrif­ten die Total­re­vi­si­on der BV ver­lan­gen (Art. 113).

Ab den 1960er Jah­ren wur­de eine erneu­te Total­re­vi­si­on gefor­dert. Nur sehr zöger­lich setz­te sich in einem über 30 Jah­re dau­ern­den Pro­zess die Erkennt­nis durch, dass die BV von 1874 infol­ge einer ver­al­te­ten Spra­che, z.T. über­hol­ter Inhal­te und einer gros­sen Inho­mo­ge­ni­tät ihre Ori­en­tie­rungs- und Inte­gra­ti­ons­funk­ti­on nicht mehr erfüll­te. 1999 nah­men Volk und Stän­de schliess­lich das heu­te gül­ti­ge Grund­ge­setz an.«

Die Ver­fas­sung von 1848 wur­de auch von eini­gen Kan­to­nen nicht ange­nom­men: Appen­zell Inner­rho­den, Nid­wal­den, Obwal­den, Schwyz, Tes­sin, Uri und Zug. Ver­wun­dert es, dass in den meis­ten die­ser Kan­to­ne die SVP heu­te (Wah­len 2015) einen Wäh­ler­an­teil zwi­sche 30 und 40% hat­te? Und ver­wun­dert es, dass die SVP immer wie­der an der Ver­fas­sung knab­bern will?

Es wäre schön, wenn sich die Schweiz dazu durch­rin­gen könn­te, den 12. Sep­tem­ber als Natio­nal­fei­er­tag zu bestim­men. Das ergä­be min­des­tens 3 Vorteile:
1. Ein wirk­lich wich­ti­ger Grund zum Feiern.
2. Wir wür­den die erfun­de­ne Rüt­li­sch­wur­ge­schich­te mit den Jah­ren viel­leicht lang­sam los.
3. Der Fei­er­tag wäre aus­ser­halb der Feri­en­zeit und oft an einem Werktag 🙂

Die Europäische Menschenrechtskonvention, Teil 2: Bundesbrief 1291
Mattiello am Mittwoch 4/35

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