Dies ist der erste von sechs Artikeln, die die Gedanken der Jury wiedergeben. Quelle: Bericht des Beurteilungsgremiums. Die Jury hat eine eindeutige Rangfolge erstellt. Wir beginnen hier nach dem biblischen Prinzip »die Ersten werden die Letzten sein«.
Das Projekt Graf Zeppelin stammt wurde entwickelt von
Raumplanung: Metron Raumplanung AG
Architekt: Metron Architektur AG
Landschaftarchitekt: Metron Landschaft AG
Verkehrsplanung: Metron Verkehrsplanung AG
Der Kommentar/Beschrieb der Jury:
Städtebau
Beim Projekt ‘Graf Zeppelin’ sind Marktplatz, Stadthaus und Quartierszentrum die drei zentralen Elemente des neuen Zentrums von Birsfelden. Sie sind entlang der Zentrumsachse ‘Neue Birsstrasse’ angeordnet. Die Flaniermeile, die sich zwischen Hauptstrasse und Kirchgasse aufspannt, bindet zusätzlich die beiden Grossverteiler ins Konzept mit ein. Es entsteht eine interessante Abfolge vom Marktplatz als kommerzielles Zentrum zum Quartier – und Jugendzentrum als sozialer Treffpunkt.
Die Projektverfasser schlagen mit den gewählten Hoftypologien und Blockrandtypen, die sie entlang der Hauptstrasse als weitere Etappen mitdenken, einen sehr urbanen, dichten Ansatz vor. Den gewählten Grossformen fehlt jedoch die Angemessenheit für Birsfelden. Der innerstädtische Charakter, der über die 2‑geschossigen Arkaden betont wird überzeugt nicht, wirkt fragmentarisch und entspricht nicht der Atmosphäre eines Vorortszentrums. Die Grösse und Ausrichtung des Hochhauses wird in Bezug zur repräsentativen neuen Zentrumsachse ebenfalls hinterfragt.
Der Erhalt des Arbeiterhauses und die Umnutzung der Turnhalle als Identitätsträger werden begrüsst, leider werden dabei die morphologische und architektonische Einbindung vermisst.
Die Grösse des Zentrumsplatzes ist auf Grund des mächtigen Stadthauses folgerichtig, wenn auch für Birsfelden eher zu gross, wird aber durch die bestehenden und neu ergänzten Volumen gut gefasst.
Die entwickelten unterschiedlichen Wohnungstypologien sind vorstellbar und bieten ein spannendes Angebot für eine breite Mieterschaft. An der Qualität der Wohnungen für diesen spezifischen Ort wird auf Grund der Gebäudehöhen, der Beschattung durch das Hochhaus und der eng gefassten Höfe und Strassenräume jedoch
gezweifelt.
Die kompakten Baukörper und die effiziente, zusammengefasste unterirdische Parkierung bieten eine gute Grundlage für ein wirtschaftliches Projekt. Die Grossformen können nicht in Etappen, sondern nur als Ganzes realisiert werden. Dem Projekt fehlt leider die robuste Konzeptidee, sodass mehr Fragen entstehen als schlüssige Antworten angeboten werden. Trotz allem hat das Projekt in der Diskussion, wieviel Stadt oder Dorf möchte Birsfelden sein, einen wertvollen Beitrag geleistet.
Ökologie
Die Grünfläche bleibt hier bescheiden (rund 3‘300 m²), Ruderalfläche wird nicht ausgewiesen. Die Grünflächen sind gleichzeitig Versickerungsflächen. Eine ruderale Ausbildung ist denkbar, aber hier nicht deklariert. Die drei Innenhöfe sind halböffentlich, aber teils so abgeschirmt, dass die Aneignung durch Flaneure kaum denkbar ist. Nur diese Höfe sind „grüne Oasen“, konzentriert im Ostteil des Perimeters. Für die Nord-Süd-Achse postuliert das Projekt eine „wilde“ und „üppige“ Vegetation in Form von Pflanzungen mit Gras, Binsen
und Hainsimsen im Bereich der vorgesehenen Baumgruppen. Sie sind ein Zitat im Hinblick auf Auenvegetation, aber wenig standortgerecht. Hier wird die Aussen-Möblierung (Bänke, Fahrradständer etc.) integriert. Nur bewusste Toleranz gegenüber Spontanwuchs oder eine Anreicherung mit ausgewählten (Ruderal-)Arten könnte hier zu wirklicher biologischer Vielfalt führen.
Die wertvolle Eichen-/Linde-Gruppe bleibt bestehen, ebenso die Mehlschwalbenkolonie. Ansonsten verbleiben wenige bestehende Bäume. Neupflanzungen umfassen heimische Arten, genannt sind Linden, Birken, Erlen und Waldföhren. Erlen erscheinen bezüglich Standort problematisch wegen ihres hohen Anspruchs an die Wasserversorgung.
Aufgefallen (Red.)
Offenbar möchte die Jury nicht, dass Birsfelden zu stätisch wird und den Vorortcharakter verliert. Das Hochhaus ermöglicht einen etwas grosszügigeren Zentrumsplatz. Die bemängelten Arkaden könnten in heissen Sommern (Klimaerwärmung) durchaus sinnvoll sein.
Dieser Artikel ist Teil einer Serie zum neuen Zentrumsprojekt. Hier gehts zu den bisher erschienenen Artikeln.
Mit diesem Link kommen Sie zu einer Artikelserie, die sich mit dem Studienauftrag befasst.
Und mit diesem Link kommen Sie zu einer Artikelserie, die sich mit dem Klimawandel befasst, der eigentlich auch im Zentrumsprojekt eine Rolle spielt.