Nun ruft das Jungvolk wieder zum Klimastreik auf. Zum zweiten internationalen Klimastreik. Und die Zögerer, Zauderer und Problemleugner schimpfen sich wieder die Lippen franslig:
… die, dauernd mit ihren Smartphones … die, mit ihrem Fastfoood … die, mit ihrem Littering … die mit ihrem Schuleschwänzen … usw.
Doch das perfideste Argument kommt dann meist am Schluss: »Die sollen bei sich selbst anfangen, jeder Einzelne soll bei sich selbst anfangen.«
Das ist ganz klar und ist ganz wahr,
nur ist es auch ein Totschlagargument*.
Es gibt in der ganzen Klimaproblematik nun einfach ganz wichtige Dinge, die nicht jeder einzelne Mensch in Bewegung bringen kann. Wir haben gezeigt, was es in den 80er-Jahren mit dem Katalysator an sich hatte. Siehe hier.
Eine ähnliche Wende wie beim Katalysator wäre eigentlich im Bereiche der Nahrungsmittel nötig und möglich. Ich glaube allerdings nicht, dass dies damit gemacht wäre — wie der Bundesrat sich das denkt — dass jeder Landwirt auch noch ein »Betriebswirt« wird.
Vielmehr wäre es nötig, die absurde Situation zu ändern, …
… dass Produkte, welche die Umwelt belasten noch immer hoch subventioniert werden, daher auch billiger vermarktet werden können.
… dass ökologisch und fair hergestellte Lebensmittel teurer sind, so dass auch weite Kreise der Bevölkerung sich diese nicht oder nur selten leisten können.
Eine Wende lässt sich in diesem Bereich nicht herbeiführen, indem jeder einzelne Mensch mehr Bio- und Fairtrade-Produkte kauft. Das würde die Bevölkerung spalten, in reiche »Gute«, die sich das leisten können, und in arme »Schlechte«, die dies nicht vermögen.
Hier sind umdenkende Köpfe gefragt, in Politik und Landwirtschaft, in der Lebensmittelindustrie und in den Grossverteilern, die Wege finden zu einem neuen System, das diese absurde Situation umkehrt — und nicht auf billige Weise jeden Einzelnen in die Verantwortung nimmt. Und zwar umkehrt auf eine faire, ökologische und soziale Weise für Produzenten und Konsumenten.
Bei openPetition sammelt auch jemand zum Thema Unterschriften …
Wie sagte es Francis Picabia so schön:
»Der Kopf ist rund,
damit das Denken die Richtung wechseln kann.«
*Totschlagargumente sind inhaltlich nahezu leere Argumente, also Scheinargumente, bloße Behauptungen oder Vorurteile, von denen der Sprecher annimmt, dass die Mehrheit der Diskussionsteilnehmer entweder mit ihm in der Bewertung übereinstimmt oder keinen Widerspruch wagt, da dies in der öffentlichen Meinung auf Ablehnung stößt (siehe Schweigespirale).
Killerphrasen (killer phrase) wird umgangssprachlich oft synonym für „Totschlagargument“ benutzt. Im Gegensatz zum Totschlagargument fehlt der Killerphrase aber der argumentative Schein, der damit unmittelbar die Absicht ausdrückt, ein Gespräch, eine Diskussion oder einen kreativen Prozess beenden zu wollen. Der Begriff geht auf Charles Clark zurück.
Übrigens:
Christoph Meury
Mai 15, 2019
«Heldin des Tages», weil es Mut braucht wichtige Sachverhalte beim Namen zu nennen und weil man die Chuzpe haben muss dies auch vor versammelten AktionärInnen der VW-Hauptversammlung laut und deutlich zu sagen.
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Die 18-jährige Schülerin Clara Mayer, die bei der Klimastreik-Bewegung in Deutschland mitmacht, trat am Dienstag an der VW-Hauptversammlung vors Mikrofon. Dort beschuldigte die junge Frau, unter Applaus des Publikums, den Konzernchef Herbert Diess, er tue trotz radikaler Hinwendung zu E‑Mobilität nicht genug für die Umwelt:
«Wer glaubt, tonnenschwere Elektro-SUVs seien klimafreundlich, hat das Problem nicht ansatzweise verstanden«. Clara Mayer, Fridays for Future
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Chapeau!