Es wird gesagt, dass Frau Merkel in ihren Wahlkämpfen jeweils assymetrische Demobilisierung betrieben habe. Das heisst, sie hat Themen, die gerade so gut von SPD oder Grünen hätten sein können, in den Vordergrund gestellt (AKW nein danke z.B.). Und sie hat so Wählende der andern Parteien schlussendlich auch für sich gewonnen oder von der Wahl abgehalten, weil so kein Blumenstrauss mehr zu gewinnen war. Ähnliches ist in den letzten Jahren bei uns geschehen alle sind »öko«, sogar die SVP hat sich die grüne Farbe angeeignet, allerdings nur die Farbe.
In der Schweiz haben wir grosse Probleme:
• Die Sozialwerke müssten dringend der Zeit angepasst werden (von AHV, ALV über IV bis Pensionskassen) und dies auf soziale Art, weil es eben Sozialwerke sind.
• Die Antwort auf die Digitalisierung der Wirtschaft fehlt in jeder Hinsicht, auch wenn Herr Schneider-Ammann anderes schwafelt. Es geht ja nicht nur darum Menschen entsprechend auszubilden. Man müsste sich auch einmal ernsthaft darüber unterhalten, ob Roboter und andere arbeitsplatzvernichtende Systeme nicht auch AHV und ALV bezahlen müssten. Oder ob das bedingungslose Grundeinkommen nicht doch bald eine gangbare Alternative wäre.
• Die Frage der Steuerharmonisierung müsste wieder einmal ernsthaft angegangen werden um den ruinösen Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen zu beheben. Ein Wettbewerb mit wenigen Gewinnern und vielen Verlierern.
• Die Frage der Steuergerechtigkeit stellt sich »noch und nöcher«. Die Verteilung der Gewinne der Firmen nicht nur an Aktionäre, die ihr Geld arbeiten lassen (und nur die Hälfte der Gewinne versteuern), sondern auch an die Arbeitenden die am Anfang der Wertschöpfung stehen und die Arbeit leisten (und ihren Gewinn = Lohn zu 100% versteuern).
• Das Problem der Arbeitslosen, das Problem der Ausgesteuerten (die eigentlich in die Arbeitslosenstatistik gehörten!), das Problem der Wenigverdienenden (die sich laut einem Arbeitgeberpräsidenten ja an die Sozialhilfe wenden können) hängt weiterhin in der Luft.
Also ganz einfach die Abgehängten, wie man heute brutal sagt, die Tag für Tag um ihren Job bangen müssen, die zusehen müssen, wie sich andere mit den Früchten ihrer Arbeit zum Teil dumm und dämlich verdienen.
• Oder ganz kurz mit Worten von Christof Moser gefragt:
»Wieviel Armut muss sich die Schweiz künftig leisten, um konkurrenzfähig zu bleiben?«
Mit diesen Themen befassen sich Bundesrat und Parlamente kaum und wenn, dann wenig kreativ und lau. Sie rennen dauernd Problemen nach, die ihnen Wirtschaft und SVP um die Ohren hauen. Neu heisst das in »Der Spiegel« die »symmetrische Mobilisation«. Das heisst: Das Volk wird so lange mit den Problemen der oberen Zehntausend eingelullt, bis es vergessen hat, um was es eigentlich geht in ihrem Leben.
Und so halten uns die SVP und ihr nahestehende Organisationen auf Trab mit einer nicht realisierbaren Masseneinwanderungsinitiative, einer Durchsetzungsinitiative, einem Verhüllungsverbot, einer Selbstbestimmungsinitiative, einer Initiative zum Schutz der Privatsphäre und wohl bald auch einer Initiative zur Kündigung der Personenfreizügigkeit.
Dazu kommt, dass der (fast hätte ich gesagt der Bürgerblock, aber das stimmt ja gar nicht) … ich bin doch auch ein Bürger — oder eher ein Citoyen — also Neuanfang …
Dazu kommt, dass der sogenannte »sich bürgerlich nennende Block«, der eigentlich mit den meisten Bürgern nicht viel gemein hat, mit der USR III das Fuder für die Reichen und noch Reicheren dermassen überladen hat, dass die Übung wieder von vorne beginnen muss. Und es würde mich nicht wundern, wenn Bundesrat wie Parlament noch immer nicht begriffen hätten … wie sonst könnte BL-Regierungsrat Weber fordern, es sei vor allem die »Zinsbereinigte Gewinnsteuer« herauszunehmen, die er ja eigentlich in seinem Kanton gar nicht einführen wollte … Sie alle glauben, das Volk habe noch immer nicht verstanden, dass es nur darum geht Lasten zu vergemeinschaften und Gewinne zu privatisieren. Ich bin ja gespannt, wie sie die USR III-Nachfolgerin gestalten werden.
Mit Helvetia wach auf meinte ich, die eingelullte Helvetia solle — natürlich nur symbolisch für alle bürgerlichen Parteien aber besonders für die SVP, aber auch alle Bürgerinnen und Bürger — aufstehen und den Blocherlis mit ihrer Lanze mal ein Schüpfli geben!