Wir haben den Gemein­de­rats­kan­di­da­tin­nen und Gemein­de­rats­kan­di­da­ten am 4. Janu­ar einen Fra­ge­bo­gen mit 10 Fra­gem geschickt. Die Fra­gen nah­men auf ver­schie­de­ne poli­ti­sche Din­ge Bezug.
Die drei ers­ten Fra­gen beschäf­ti­gen sich mit aktu­el­len Initia­ti­ven resp. Refe­ren­den, die die­ses Jahr in der Schweiz zur Abstim­mung kommen.
Eine Fra­ge beschäf­tigt sich mit der Kli­ma­ka­ta­stro­phe und die letz­ten Fra­gen beschäf­ti­gen sich mit dem gröss­ten Are­al Birs­fel­dens, mit dem Hafen.

Hier nun die Ant­wor­ten von Sacha Truffer:

Am 9. Febru­ar 2020 wird auch über die Erwei­te­rung der Ras­sis­mus­straf­norm (Ver­bot der Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund der sexu­el­len Ori­en­tie­rung) abge­stimmt. Was ist Ihre Mei­nung dazu?

Sacha Truf­fer: »Es ist trau­rig, dass unse­re Gesell­schaft es nicht schafft, aus einem inne­ren Ver­ständ­nis her­aus tole­rant und respekt­voll mit­ein­an­der umzu­ge­hen. So lan­ge Men­schen auf­grund ihrer sexu­el­len Ori­en­tie­rung ernied­rigt wer­den und auf gewalt­tä­ti­ge Über­grif­fe auf offe­ner Stras­se gefasst sein müs­sen, sind wir noch lan­ge nicht da, wo wir eigent­lich sein soll­ten. So para­dox es klin­gen mag, aber eine Annah­me der erwei­ter­ten Ras­sis­mus­straf­norm ist ein kla­res Bekennt­nis für eine tole­ran­te Gesell­schaft. Des­halb bin ich für die Annahme.«

Am 9. Febru­ar 2020 wird über die Volks­in­itia­ti­ve «Mehr bezahl­ba­re Woh­nun­gen» abge­stimmt. Was ist Ihre Mei­nung dazu?
Sacha Truf­fer: »Ich ver­ste­he, dass es der Bevöl­ke­rung ein Bedürf­nis ist, den befürch­te­ten anstei­gen­den Woh­nungs­mie­ten mit einem Gesetz zu begeg­nen. Dies soll Sicher­heit bie­ten. Die Sor­ge ist jedoch weder in der gan­zen Schweiz begrün­det, noch wäre ein der­ar­ti­ges Gesetz eine taug­li­che Mass­nah­me. Ein Blick in die aktu­ells­ten, öffent­lich zugäng­li­chen Sta­tis­ti­ken des Bun­des­am­tes für Sta­tis­tik zei­gen eine 5‑jahres Betrach­tung der Miet­prei­se von 2013–2017. Dabei lag die durch­schnitt­li­che Mie­te in der Schweiz 2017 bei CHF 1’329.- Die Ent­wick­lung zeigt dabei seit 2015 leicht nach oben, ist jedoch gegen­über 2013 und 2014 auf einem tie­fe­ren Stand. (2013: CHF 1’332.-, 2014: CHF 1’348.-, 2015: 1’306.-, 2016: 1’322.-)[1]. Damit ist Panik­ma­che schlicht fehl am Platz. Selbst­ver­ständ­lich gibt es gros­se Abwei­chun­gen je nach Regi­on. Aber genau des­halb wird offen­sicht­lich, dass eine pau­scha­le For­de­rung von 10% über die gesam­te Schweiz eine untaug­li­che Mass­nah­me auf ein lokal aus­ge­präg­tes The­ma ist. Das Par­la­ment hat zuge­si­chert, dass der bereits bestehen­de Fonds zur Unter­stüt­zung von gemein­nüt­zi­gem Woh­nen im Fal­le einer Ableh­nung der Initia­ti­ve um CHF 250 Mio. auf­ge­stockt wer­den wür­de. So könn­te dort unter­stützt und geför­dert wer­den, wo es Sinn macht. Des­halb bin ich gegen die Initiative.«
[1] Tabel­le Bun­des­amt für Sta­tis­tik: Durch­schnitt­li­cher Miet­preis in Fran­ken nach Alters­grup­pen der Haus­halt­mit­glie­der und Gross­re­gio­nen, ver­öf­fent­licht 21.02.2019

Irgend­wann (so Gott will) wer­den wir auch über die soge­nann­te «Kon­zern­ver­ant­wor­tungs­in­itia­ti­ve» abstim­men. In Birs­fel­den gibt es dafür sogar ein Lokalkomitee.
Fin­de Sie die­se Initia­ti­ve eine gute Sache?
Sacha Truf­fer: »Kon­zer­ne haben eine wich­ti­ge Funk­ti­on in unse­rer Gesell­schaft. Die­se sol­len sie auch ver­ant­wor­tungs­voll wahr­neh­men. Ich bin für die Konzernverantwortungsinitiative.«
Wür­den Sie dem Lokal­ko­mi­tee beitreten?
Sacha Truf­fer: »Ich bin klar für die Initia­ti­ve, wer­de jedoch nicht dem Lokal­ko­mi­tee beitreten.«

Die Gemein­de Birs­fel­den könn­te mit geeig­ne­ten Mass­nah­men viel zur Ver­hin­de­rung der Kli­ma­ka­ta­stro­phe bei­tra­gen. Wel­che Mass­nah­men, die Birs­fel­den ein­lei­ten kann, wür­den Sie der Gemein­de­ver­samm­lung vor­schla­gen? Sie dür­fen auch über Ihre zukünf­ti­ge Depar­te­men­te hin­aus denken…
Sacha Truf­fer: »Als Gemein­de­rat wür­de ich zunächst mit vie­len Men­schen spre­chen, die sich bereits inten­siv mit dem The­ma aus­ein­an­der­ge­setzt haben, um mög­lichst vie­le Ansät­ze und Ideen zu sam­meln. Anschlies­send müss­ten die­se Vor­schlä­ge inner­halb des Gemein­de­ra­tes und der Ver­wal­tung wei­ter abge­stimmt und aus­ge­ar­bei­tet wer­den. Erst dann wür­de ich der Gemein­de­ver­samm­lung Mass­nah­men vorschlagen.
Dies ist es für mich die ein­zi­ge kor­rek­te Vor­ge­hens­wei­se, wie ich Bedürf­nis­se und brei­tes Wis­sen in einer ver­ant­wor­tungs­vol­len Funk­ti­on ver­ei­nen kann. Das beschrie­be­ne Vor­ge­hen steht reprä­sen­ta­tiv dafür, wie ich als Gemein­de­rat arbei­ten würde.«

Sicher ken­nen Sie die Absichts­er­klä­rung «Ent­wick­lung Indus­trie- und Gewer­be­zo­ne Birsfelden».
Sind Sie mit den dort gemach­ten Zukunfts­vi­sio­nen einverstanden?
Sacha Truf­fer: »Die Absichts­er­klä­rung bezieht sich auf die Visio­nen in Zusam­men­hang mit dem Hafen­are­al. Ich bin mit den Visio­nen dem Grund­satz nach ein­ver­stan­den. Sie schei­nen mir unter den gege­be­nen Umstän­den am nächs­ten an einer rea­lis­ti­schen Umset­zung zu sein. Eine Grund­vor­aus­set­zung, um über­haupt eine Ent­wick­lung vor­an­trei­ben zu können.«
Sehen Sie ande­re Mög­lich­kei­ten, die die Gemein­de Birs­fel­den anstre­ben sollte?
Sacha Truf­fer: »Sie­he a.«

Als Birs­fel­der oder Birs­fel­de­rin­nen ken­nen Sie das Are­al der ehe­ma­li­gen JOWA-Bäcke­rei, das ohne Bahn­an­schluss und Schiffs­an­le­ge­stel­le ist. Die heu­ti­ge Fisch­zuch­t­an­stalt braucht offen­bar weder das eine noch das ande­re, ist also kaum «hafen­af­fin».
Fän­den Sie es gut, das Are­al wür­de für den Woh­nungs­aus­bau ausgeschieden?
Sacha Truf­fer: »Die Absichts­er­klä­rung möch­te inner­halb des Hafen­pe­ri­me­ters, in der die ehe­ma­li­ge JOWA-Bäcke­rei liegt, «…die guten Rah­mend­be­din­gun­gen für die Umschlags­nut­zun­gen und die hafen­af­fi­ne Indus­trie erhal­ten und wo mög­lich…» ver­bes­sern. Die Fisch­zucht wider­spricht nicht den gesetz­li­chen Nut­zungs­be­stim­mun­gen des Hafen­are­als. Aber im Hin­blick auf die Absichts­er­klä­rung, die nur ein paar Mona­te vor Bekannt­wer­den der Fisch­zucht­plä­ne unter­zeich­net wur­de, gibt sie ein Signal in eine ande­re Rich­tung. Das führt zu Irri­ta­ti­on. Die Absichts­er­klä­rung ist jedoch nach wie vor umsetz­bar. Aber die nächs­ten Mass­nah­men, die getrof­fen wer­den, müs­sen klar in die­se Rich­tung ein­zah­len. So muss z.B. in einem ers­ten Schritt die Pla­nung des Are­als Ster­nen­feld West kon­kret aus­ge­stal­tet werden.«
Wenn nein: Was sind die Grün­de dafür?
Sacha Truf­fer: »Sie­he a.«

Wel­che Ver­än­de­rung in der Gemein­de Birs­fel­den wür­den Sie als ers­te Prio­ri­tät bestimmen?
Sacha Truf­fer: »Mei­ne ganz per­sön­li­che Wahr­neh­mung der Situa­ti­on von Birs­fel­den ist fol­gen­de: In den letz­ten Jah­ren wur­de einer­seits auf den ver­schie­dens­ten Ebe­nen und The­men sta­bi­li­siert und ande­rer­seits vor allem das STEK mit dem Flagg­schiff Zen­trums­ent­wick­lung vor­an­ge­trie­ben. Die Sta­bi­li­sie­rung hat der Gemein­de­rat wei­test­ge­hend erreicht. Und auch mit dem Zen­trums­platz sind ent­schei­den­de Schrit­te nach vor­ne gemacht wor­den. Inso­fern hat der Gemein­de­rat rund um Chris­tof Hilt­mann eine her­vor­ra­gen­de Arbeit geleis­tet. Nun könn­te man sagen, wei­ter so. Aber genau da sehe ich Ent­wick­lungs­po­ten­ti­al. Unse­re Umwelt ver­än­dert sich rasant. Die­sen Ver­än­de­run­gen kann man nicht nur reak­tiv — im schlimms­ten Fall sogar mit stoi­scher Gelas­sen­heit — begeg­nen. Man muss sie pro­ak­tiv anpa­cken. Der Gemein­de­rat muss also auch in ande­ren Berei­chen als der Stadt­ent­wick­lung neue, inno­va­ti­ve, ja muti­ge Ansät­ze ver­fol­gen. Viel­leicht war dies in der Ver­gan­gen­heit nebst der Kon­so­li­die­rung und STEK nicht in aus­rei­chen­dem Mas­se mög­lich. Für die Zukunft wür­de ich es mir jedoch wün­schen. Dabei geht es nicht dar­um, dass ein ein­zel­ner oder eine ein­zel­ne die glor­rei­chen Ideen bringt, son­dern dass Ideen gemein­sam mit der Bevöl­ke­rung erar­bei­tet wer­den. Wie sich gezeigt hat, ein wesent­li­cher Erfolgs­fak­tor für den bis­he­ri­gen Ver­lauf in der Dis­kus­si­on um den Zen­trums­platz. Die­ser metho­di­sche Ansatz kann ohne Wei­te­res auf ande­re The­men, wie z.B. den demo­gra­fi­schen Wan­del und die damit ver­bun­de­nen Ansprü­che an das Gesund­heits­we­sen oder auch an die sich ändern­den Bedürf­nis­se an eine öko­lo­gi­sche Gemein­de­po­li­tik über­tra­gen wer­den. Ich möch­te enga­gier­te Ver­tre­ter im Gemein­de­rat, die nicht nur gut ver­wal­ten, son­dern auch pro­ak­tiv nach vor­ne den­ken. Des­halb stel­le ich mich zur Wahl.«

[1] Tabel­le Bun­des­amt für Sta­tis­tik: Durch­schnitt­li­cher Miet­preis in Fran­ken nach Alters­grup­pen der Haus­halt­mit­glie­der und Gross­re­gio­nen, ver­öf­fent­licht 21.02.2019

Dies ist eine Serie mit hof­fent­lich allen Gemein­de­rats­kan­di­da­tin­nen und Gemein­de­rats­kan­di­da­ten. Mit Klick auf die­se Zei­len erhal­ten Sie alle bis jetzt erschie­ne­nen Artikel.

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Zur Erweiterung der Rassismus-Strafnorm 4

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