Schon im Artikel »Von­we­gen Neu­tral­ität« habe ich mich über den Geschicht­sklit­ter­er Bun­desrat Ueli Mau­r­er gen­ervt. Nun sagt er ja, dass seine Geschicht­sklit­terei nicht Klit­terei sei, son­dern nur eine Art Mythol­o­gisierung der Geschichte. Und dann ist offen­bar jede Fälschung statthaft.

Nun hat Ueli Mau­r­er zum 100jährigen Beste­hen des Hau­seigen­tümervere­ins am Sam­stag, den 22. August 2015 auf dem Rütli eine Rede gehal­ten (was hat denn der HEV auf dem Rütli ver­loren?). Und Ueli der Wahlkämpfer hat einen neuen Ver­such unter­nom­men ’seine Mytholo­gie’ weit­er zu klit­tern:

»Nur wenige Jahre nach Ihrer Ver­bands­grün­dung ver­sucht­en radikale Linke, organ­isiert im Oltener Aktion­skomi­tee, auch in unserem Land den Umsturz, mit Gen­er­al­streik und Gewalt woll­ten sie nach der Macht greifen«.

Auch hier pflegt der Herr Bun­desrat einen Mythos, den die Geschichtss­chrei­bung längst ad acta gelegt hat. Die immer wieder behauptete Beteili­gung der »bolschewis­tis­chen Botschaft« in Bern am Gen­er­al­streik von 1918, kon­nte nie nachgewiesen wer­den!
PreislisteDie Hin­ter­gründe dieses Gen­er­al­streiks waren schlicht und ein­fach die schlechte Ernährungslage, die Ver­ar­mung der Bevölkerung und die unge­heure Bere­icherung der Kriegs­gewinnler (so sagt das his­torische Lexikon der Schweiz: Die sozialen Prob­leme kul­minierten im Lan­desstreik von 1918, der zum Ende der Hege­monie des Freisinns führte).

Betra­chtet man die neun Forderun­gen, die das Oltener Aktion­skomi­tee auf­stellte, sind darunter  wed­er welt­be­we­gende noch umstür­z­lerische Sachen — auss­er für die bürg­er­lichen Prof­i­teure des ersten Weltkrieges (siehe auch his­torisches Lexikon der Schweiz Kapi­tel 4. Wirtschaft):

1. Neuwahl des Nation­al­rates nach dem Pro­porzsys­tem (einge­führt 1919)
2. Aktives und pas­sives Frauen­wahlrecht (einge­führt 1971)
3. Ein­führung ein­er all­ge­meinen Arbeit­spflicht
4. Beschränkung der Wochenar­beit­szeit 48-Stun­den-Woche (einge­führt z.T. 1920)
5. Reor­gan­i­sa­tion der Armee zu einem Volksheer=Milizheer (?)
6. Sicherung der Lebens­mit­telver­sorgung im Ein­vernehmen mit den land­wirtschaftlichen Pro­duzen­ten
7. Alters- und Invali­den­ver­sicherung (einge­führt 1946)
8. Staatsmono­pole für Import und Export
9. Tilgung aller Staatss­chulden durch die Besitzen­den (wäre angesichts der Kriegs­gewinnler logisch gewe­sen…)

Zur Frage der Gewal­tan­wen­dung, die Ueli Mau­r­er auch erwäh­nt, möchte ich nur so viel anführen: In mehreren Städten wurde die Streik­be­we­gung durch die aufge­bote­nen Trup­pen (Bauern­söhne aus den ländlich kon­ser­v­a­tiv­en Teilen der Schweiz) niedergeknüp­pelt und auf die Demon­stran­ten geschossen. Mehrere tote Streik­ende waren das Resul­tat. Also auch hier gek­lit­tert.
Dazu schliesst sich für mich die Frage an, ob nicht genau durch Übun­gen wie »Conex 15« der­ar­tige Ein­sätze wieder geübt wer­den?

Bild:
Denkmal Gen­er­al­streik von Schang Hut­ter auf der Schützen­wiese (wie tre­f­fend) in Olten. Quelle: Web­site SP Solothurn

Und die Frage zum Artikel:

Kriegs­gewinnler ist jed­er, der vom Krieg prof­i­tiert.
Wo arbeit­en Sie?
(Ray­mond Walden)

 

 

 

Mattiello am Mittwoch 2/34
Das fiktive Plakat (17)

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