Einer der heissesten Abstimmungskämpfe der letzten Jahrzehnte ist Geschichte. Es war aber auch ein Abstimmungskampf, in dem zum ersten Mal von seiten der Gegner in einem Masse mit Halbwahrheiten und “alternative facts” — auf gut deutsch: blanke Lügen — gearbeitet wurde, dass man von einer eigentlichen Verluderung des politischen Kampfes sprechen muss. Schlechte Aussichten für zukünftige Auseinandersetzungen auf dem politischen Parkett. Vielleicht zeigen sich halt von den politischen Schlammlawinen jenseits des Grossen Teichs auch hier langsam ein paar Auswirkungen?
Wie dem auch sei: Bei einem kleinen Apéro für das Birsfelder KVI-Komitee im Garten von Franz Büchler war die Stimmung trotz der Niederlage gut. Dafür verantwortlich ist sicher einmal die Tatsache, dass die Mehrheit der Birsfelderinnen und Birsfelder die KVI angenommen und Birsfelden innerhalb der wenigen Gemeinden im Baselbiet, die für die KVI stimmten, mit fast 56% Ja-Stimmen die Nase im Kanton ganz vorne hatte.
Und dann ist doch festzuhalten, dass die KVI eine — wenn auch hauchdünne — Mehrheit in der Schweizer Bevölkerung erreicht hat. Das ist angesichts der perfiden Nein-Kampagne ganz sicher als grosser Erfolg zu werten. Und das wird in den kommenden Jahren mit Sicherheit nachhallen:
“Wer sind die Verlierer? Die Wirtschaftsverbände haben einen extrem aufwendigen und extrem hässlichen Abwehrkampf geführt – und einen Pyrrhussieg errungen. Wären sie nicht deutlich besser gefahren, wenn sie den Gegenvorschlag des Nationalrats akzeptiert und sich mit den Initianten geeinigt hätten? Sie haben sich in eine Minderheitenposition manövriert, und dies in einer Frage, wo es nicht um matchentscheidende Standortfaktoren geht, sondern um ein simples Bekenntnis zu verbindlichen ethischen Grundstandards. Der Autoritätsverlust dürfte nachhaltig sein. …
Einen Pyrrhussieg hat auch Justizministerin Karin Keller-Sutter errungen. Sie hat in diesem Abstimmungskampf mehrere rote Linien überschritten. War es klug, das Ansinnen, Menschenrechtsverletzungen durch Schweizer Firmen vor Schweizer Gerichten einklagbar werden zu lassen, auch wenn diese Menschenrechtsverletzungen in Afrika stattfinden, als rassistisch zu disqualifizieren? War es klug, mit der behördlichen Desinformation so weit zu gehen, wie sie gegangen ist? Direktdemokratische Entscheidungsprozesse können nur dann zu einem guten Ende kommen, wenn ein Mindestniveau der Auseinandersetzung gewahrt bleibt. Wenn selbst die Regierungsvertreterinnen diese Standards nicht mehr respektieren, hat die Schweiz ein echtes Problem. Dieser Abstimmungskampf dürfte an Keller-Sutter haften bleiben. Es ist zweifelhaft, ob sie sich damit einen Gefallen getan hat.”
(Daniel Binswanger in der REPUBLIK)
Gleichzeitig dürfte die Tatsache, dass die KVI am Ständemehr gescheitert ist, noch zu reden geben:
“In der Praxis stimmen Volks- und Ständemehr nur selten nicht überein. Ist dies jedoch der Fall, so bevorteilt ein Stände-Nein die kleinen, ländlichen und eher konservativ geprägten Kantone der deutschsprachigen Zentral- und Ostschweiz” (Wikipedia). — Und genauso ist es herausgekommen: