Über Jahrhun­derte hin­weg schreck­ten die Kirchen ihre Schäfchen mit dem “Gott-sei-bei-uns” mit Hörn­ern und Klump­fuss, um sie bei der Stange zu hal­ten. Und das funk­tion­ierte dur­chaus: Die Aus­sicht, in aller Ewigkeit in einem Kessel mit sieden­dem Öl zu brat­en, war ver­ständlicher­weise nicht ger­ade erbauend. Nach der Aufk­lärung durfte er dann allerd­ings langsam in Pen­sion gehen.

Dass er heute in der Schweiz wieder reak­tiviert wird, dies­mal allerd­ings nicht von den Kirchen, deutet daraufhin, dass sich da jemand gezwun­gen sieht, wieder ein­mal den Teufel an die Wand zu malen. Dieser “jemand” ist die Economiesu­isse, die im Hin­blick auf die Abstim­mung über die Konz­ern­ver­ant­wor­tungsini­tia­tive im Novem­ber offen­sichtlich schon jet­zt in eine leichte Panikstim­mung ger­at­en ist.

Diverse Zeitun­gen titel­ten gestern: “Das Mot­to lautet: Nur nicht über Men­schen­rechte sprechen. — Interne Unter­la­gen zeigen, wie akribisch sich die Wirtschaftsver­bände vor­bere­it­et haben — und wie nervös sie sind.”

Unter der Leitung von Economiesu­isse plant ein “Steuerungsauss­chuss” des Indus­trie­ver­bands Swiss­mem, von Swiss Bank­ing und Inter­phar­ma seit einem Jahr die Gegenkam­pagne. In den inter­nen Unter­la­gen heisst es unter anderem: “Die Pro-Seite hat bei entschei­dungswirk­samen Argu­menten die Nase vorn. — Entschei­dend wird sein, worüber man im Abstim­mungskampf spricht: über Men­schen­rechte oder über Defizite der ange­bote­nen Lösung. — Wir müssen den Leuten einen Ausweg offerieren, mit gutem Gewis­sen Nein zu stim­men.”

Deshalb scheut sich Economiesu­isse, den Begriff “Men­schen­rechte” auch nur zu erwäh­nen, wie der Teufel das Wei­h­wass­er. Lieber den Teufel gle­ich für die eigene Sache instru­men­tal­isieren. Aber da sich heute Schweiz­erin­nen und Schweiz­er von Hörn­er und Bocks­fuss nicht mehr unbe­d­ingt schreck­en lassen, müssen doch noch ein paar Argu­mente her, — nur lei­der Pech, dass sie nicht stim­men:

- Da muss “die Linke” wieder mal her­hal­ten, die  bekan­ntlich von Wirtschaft sowieso nichts ver­ste­ht. Pech nur, dass angesichts des Engage­ments  von von über 120 Grup­pen und Insti­tu­tio­nen, die hin­ter der KVI ste­hen, von “der Linken” keine Rede mehr sein kann. Aber “die Linke” als Schreck­ge­spenst zieht vielle­icht doch noch ein biss­chen, — wenig­stens bei der SVP.

- Unter dem Stich­wort “Etiket­ten­schwindel” behauptet Economiesu­isse, dass die Konz­ern-Ini­tia­tive alle Unternehmen trifft, auch KMU. Pech nur, dass die Drohkulisse sich als Potemkin’sches Dorf ent­pup­pt, wenn man sich bei der KVI kundig macht. Dort ste­ht schwarz auf weiss, dass  bei den KMU nur ein klein­er Sek­tor betrof­fen sein kön­nte, näm­lich jene Unternehmen, die in Risikosek­toren wie Gold- oder Dia­man­thandel tätig sind. Aber vielle­icht find­et man ja noch ein paar Leicht­gläu­bige.

Pech auch, dass Hans-Ulrich Bigler, Direk­tor des mächti­gen Gewer­be­ver­bands, ein JA zur KVI nicht auss­chliesst. Tame­dia-Gruppe: “Bigler kri­tisiert auch die Kam­pagne von Economiesu­isse gegen die Konz­ern­ver­ant­wor­tungsini­tia­tive scharf. Die Behaup­tung, die KMU wür­den deren Fol­gen am meis­ten spüren, beze­ich­net er als «Unsinn». Im Ini­tia­tiv­text ste­he aus­drück­lich, dass KMU, die nicht in einem Hochrisikosek­tor tätig sind, von der Ini­tia­tive weit­ge­hend ausgenom­men seien.”

Das ist nun wirk­lich Pech: ein zahn­los­er Teufel und Pseudoar­gu­mente. Da müsste doch noch was Besseres zu find­en sein … Und tat­säch­lich: Economiesu­isse ist auf das ulti­ma­tive Argu­ment gestossen: Bar­ry, der treue urschweiz­erische Ben­har­diner, soll die Sache richt­en!! Heimat­ge­füh­le steigen auf, und der Kleine schaut uns ja so bit­tend und treuherzig an .… (Ganz heiss­er Geheimtipp, aber nicht an die KVI ver­rat­en: Man kön­nte vielle­icht auch noch Zot­tel, den Geiss­bock der SVP, wieder einspan­nen!)

Doch darüber mor­gen in der näch­sten Sendung mehr 🙂

Mattiello am Mittwoch 20/40
Wenn die Ethik von Glencore, Syngenta et al. aufgefressen wird

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