Vor zwei Wochen bewilligte der Landrat einen Projektierungskredit für die Verlängerung der Tramlinie 14 über die Salina Raurica bis nach Augst in der Höhe von 17 Millionen Franken.
Worauf die Aktionsgruppe “aapacke” prompt ein Referendum ankündigte.
“Aber hallo”, wird sich da manche/r fragen, “was soll das? Regierung und Landrat engagieren sich für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, und jetzt soll das Projekt gleich schon im Embryostadium sabotiert werden? Goht’s no!?”
Warum “aapacke” sofort die rote Karte zog, ist allerdings bald einmal klar, wenn die Motivation für den Entscheid berücksichtigt wird: “Die Regierung will mit einer guten Erschliessung mit dem öffentlichen Verkehr die zukünftige Entwicklung von Salina Raurica vorantreiben. Das Tram habe “Leuchtturmcharakter”, heisst es in der Vorlage, und es werde das Areal für künftige Investoren attraktiver machen.” (bz, 3.12.20)
Und genau da liegt natürlich der Hase im Pfeffer: Wenn jetzt das Tramprojekt realisiert wird, sind die Weichen für eine kommende Überbauung — wie sie auch immer aussehen wird — gestellt. Denn sonst wäre ja das 200 Millionen-Projekt überflüssig und in den Sand gesetzt.
Diesen politischen Gesichtsverlust könnten sich weder Regierung noch Landrat leisten.
Mit dem Entscheid hat sich der Landrat also kühl über die hängige Stimmrechts-Beschwerde von “aapacke” hinweggesetzt. Der ehemalige Prattler Landrat hält denn auch deutlich fest: “Die Prattler sollten sich erst zu diesem «Megaprojekt» äussern, bevor ein Tram geplant werde. «Bedauerlich und unkorrekt ist, dass der Kanton einfach weiter plant und baut, obwohl zwei Initiativen hängig sind.» Ein derartiges Vorgehen widerspreche jedem demokratischen Verständnis.” (bz, 2.12.20)
Recht hat er, denn es geht hier um ein paar grundsätzliche Fragen:
— Es heisst, wir Schweizer würden in einer direkten Demokratie leben. Nirgends sonst auf der Welt habe das Volk so viele Möglichkeiten der Mitbestimmung. — Wirklich? Warum haben dann Gemeinderat und Einwohnerrat in Pratteln verhindert, dass sich das Pratteler Stimmvolk zum Salina Raurica-Projekt äussern kann?
— Sowohl die Initiative wie das Referendum von “aapacke” verlangen lediglich ein Planungs- und Bau-Moratorium. Das heisst: Ob das geplante Megaprojekt heute wirklich noch Sinn macht, soll in den kommenden Jahren in aller Ruhe möglichst breit diskutiert werden können. Es könnte in Pratteln der Anstoss für eine vertiefte Auseinandersetzung in der Bevölkerung zu wirtschaftlichen und politischen Grundsatzfragen werden. Vielleicht in Coronazeiten durchaus sinnvoll?
Die Frage, ob es Sinn macht, die Tramverlängerung jetzt zu lancieren, war offensichtlich auch in der Bau- und Planungskommission des Landrats nicht unumstritten. Es gab Zweifel, ob das Tram bereits vor der Fertigstellung von Salina Raurica gebaut werden solle. Und die bz meinte: “Natürlich birgt das Vorpreschen mit Tram, Stadtpark und Strasse ein gewisses Risiko. Nicht auszuschliessen ist, dass Kanton und Gemeinde völlig am Bedürfnis des Marktes vorbeiplanen. Und es ist nicht völlig aus der Luft gegriffen, zu glauben, die viele Planung werde eine leblose Retortenstadt entstehen lassen.”
Die kantonal Bau- und Umweltschutzdirektion bezeichnete die Aktionsgruppe “aapacke” als kleine Minderheit, — will wohl heissen, nicht relevant und deshalb zu vernachlässigen.
Dass können Sie, liebe Leserin, lieber Leser, ändern, indem Sie — sofern Sie sich der Argumentation des Schreibenden anschliessen können — hier oder auf der Webseite der Aktionsgruppe den Unterschriftenbogen herunterladen, flugs ausfüllen — idealerweise zusammen mit ein paar Gleichgesinnten — und ihn bis zum 20. Januar an Verein aapacke, Schlossstr. 37, 4133 Pratteln senden oder, falls in Birsfelden** sesshaft, an der Rheinfelderstrasse 34 in den Briefkasten werfen.
Eine weitere Möglichkeit wäre, die Links der beiden birsfälder.li-Artikel und der aapacke-Webseite an möglichst viele Bekannte im Baselbiet zu schicken, die eventuell bereit wären, das Referendum zu unterstützen.
1500 beglaubigte Unterschriften sind nötig, um das Referendum zu lancieren. Schafft der Verein das? Es wäre wünschenswert, denn damit entstünde ein weiterer Baustein für eine lebendige demokratische Auseinandersetzung, die diesen Namen auch tatsächlich verdient.
(** nur für Birsfelder/innen: Eine neue Mega-Überbauung zwischen Pratteln und Augst würde mit Sicherheit zu einer weiteren Belastung der jetzt schon überbelasteten Rheinfelderstrasse führen. Wollen wir das?)
Und hier geht es gleich zur Fortsetzung!