Da ist wohl der Gemeindepräsidentin von Egerkingen der Kragen geplatzt. Nach der Ankündigung, dass Steuerschuldner an einer Gemeindeversammlung öffentlich genannt werden, haben offenbar einige ihre Schuld noch schnell beglichen. Sechs Namen wurden aber an der Gemeindeversammlung genannt, sechs Steuerschuldner geoutet. Im Moment ist ein Verfahren am Laufen, das die Rechtmässigkeit dieses Tuns abklären und eventuell sanktionieren soll.
Warum eigentlich sind die Steuerregister nicht öffentlich? Was wäre so schlimm daran zu wissen, wer wieviele Steuern bezahlt — oder eben nicht? Ist wirklich der Datenschutz der einzelnen Persönlichkeit oder Firma so hoch einzustufen, so viel höher als das Interesse der Gemeinden oder des Staates die ihnen zustehenden Mittel zu bekommen?
Nicht überall sind die Steuerregister übrigens nicht öffentlich, es gibt einige Kantone, in denen man durchaus Auskünfte bekommen kann. Das muss aber in einem Gesetz geregelt sein. Diese gesetzlichen Regelungen werden aber zunehmend bestritten, zum Teil mit Bezug auf Datenschutz-Gesetze. Interessant in einem derartigen Fall (Minelli) ist nun aber, dass das Bundesgericht hier anderer Ansicht ist und unter anderem begründet:
»Der Steuerzahler tritt nicht nur als Privatperson auf, sondern er trägt in einem bestimmten Ausmass an die Finanzierung des Gemeinwesens bei und erfüllt in diesem Sinne eine Aufgabe, die in einem engen Zusammenhang mit dem Politischen und Öffentlichen steht. Es kann daher durchaus als öffentliches Interesse betrachtet werden, zu wissen, wer wieviel an den Staatshaushalt beiträgt. Die Öffentlichkeit des Steuerregisters bezweckt zudem, die Steuerhinterziehung zu bekämpfen, indem Dritte die Steuerbehörden darauf hinweisen können, wenn jemand, der ein tiefes Einkommen und Vermögen versteuert, in Wirklichkeit finanziell bedeutend besser gestellt ist. Dass solche Hinweise angeblich selten vorkommen, lässt nicht ohne weiteres auf die Untauglichkeit dieses Mittels schliessen, ist doch auch eine gewisse präventive Wirkung denkbar. Jedenfalls kann das private Interesse eines Steuerpflichtigen daran, dass Zahlen über sein Einkommen und Vermögen nicht bekanntgegeben werden, nicht als überwiegend gewertet werden.«
In einer Zeit, in der die meisten unter uns viele ihrer Daten sehr freizügig preisgeben, erstaunt es eigentlich schon, dass um Steuerdaten und Bankgeheimnis so viel Tamtam gemacht wird.
Die Navigationssystem-Firmen von Garmion über Medion bis Tomtom wissen, wo wir herumfahren. Die Telefonanbieter wie Swisscom, Sunrise, Orange, ganz zu schweigen von Skype, wissen mit wem wir Kontakte haben und wo wir uns zur Zeit aufhalten. Die diversen Suchdienste von Google, Altavista, Firebird bis Yahoo! wissen, wo wir surfen. Facebook weiss, wie es uns geht, was für Fotos wir schiessen und wer unsere Freunde und Freundinnen sind, von Twitter gar nicht zu reden. Und was alles wissen die Firmen von Mastercard, Visa, Postfinance etc. über unsere Finanzen, Finanztransaktionen und über unser Einkaufsverhalten? Und hört, schaut und liest da nicht auch noch überall die NSA mit, vielleicht bald auch Herr Maurer … etc., etc.
Und alle diese Daten geben wir freiwillig preis und kein Mensch macht deswegen ein Gschtürm. Nur wenn es um Steuern und Bankkonten geht hört offenbar der Spass auf … Warum eigentlich?
Nun, das war nicht immer so, wie das obenstehende Bild belegt. Auch in Birsfelden konnte man z.B. 1933 das Steuerregister noch kaufen, so quasi die Steuer-CD von früher als alles noch billiger war. Und der brisante Inhalt lag damit offen:
Um auf den Anfang zurück zu kommen: Haben Sie Ihre Steuerschulden von 2012 beglichen? Der Gemeinde Birsfelden fehlten gemäss der Rechnung 2012 noch immerhin 8’169’000 Franken an ausstehenden Steuern …
Übrigens: Heute, am 30. September 2013 wäre auch die Steuerschuld pro 2013 zu begleichen 😉
Und dazu das Zitat zum Artikel:
»Immerhin aber steht unsere Ortschaft im Kranze der basellandschaftlichen Dörfer als eine der schönsten Blumen und wächst als Benjamin unter den Brüdern immer mehr an, und trägt dem Staate immer noch mehr ein, als manche andere zusammen.«
Xaver Gschwind, Birsfelder Heimatkunde von 1863