Dass die Bewältigung der Klimakrise auch Verzicht bedeuten kann, scheint mir klar. Dass dies nicht allen Freude machen kann, hat Naomi Klein in ihrem 2015 erschienen Buch »Die Entscheidung – Kapitalismus vs. Klima« beschrieben:
»Ein Glaubenssystem, das kollektives Handeln verteufelt und jeder Marktregulierung und dem öffentlichen Sektor den Krieg erklärt, lässt sich einfach nicht mit einem Problem vereinbaren, das kollektives Handeln in beispiellosem Umfang und ein radikales Zügeln jener Marktkräfte erfordert, die für diese Krise weitgehend verantwortlich sind und sie laufend verschlimmern.«
Und sie macht unter den Verantwortlichen noch eine ganz besondere Spezies aus — vielleicht hat das auch wieder mit dem Rückspiegel zu tun? – die religiösen Konservativen:
»Für viele, insbesondere religiöse Konservative geht die Herausforderung sogar noch weiter, sehen sie doch nicht nur ihren Glauben an die Märkte bedroht, sondern den Kern ihrer kulturellen Vorstellungen darüber, wozu der Mensch auf der Erde ist. Sind wir die Herren und sollen uns die Erde untertan machen, oder sind wir als eine Spezies unter vielen Mächten ausgeliefert, …«
Genesis hebräisch
Kommt da tatsächlich noch die Bibel ins Spiel (Genesis 1,28):
»Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan.»
Oder in anderer Übersetzung:
»Seid fruchtbar und mehrt euch, füllt die Erde und unterwerft sie und waltet über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen!«
Da sollten vielleicht auch wieder einmal neuere Erkenntnisse und Übersetzungen greifen, die sagen:
Die hebräische Exegese fand erst in den letzten Jahren angemessenere Übersetzungen. Das hebräische Verb »kabasch« (bisher übersetzt als „untertan machen“) hat auch die Bedeutung »als Kulturland in Besitz nehmen«, »dienstbar, urbar machen«.*
Oder vielleicht nützen auch Psalmen?
»Die Erde ist des Herrn und was in ihr ist.« (Psalm 24,1)
Dazu schrieb Dorothee Sölle (1929–2003):
»An die Schöpfung glauben, heisst zweierlei:
Die Erde nicht beherrschen, unterwerfen und ausbeuten, und es heisst, sie nicht aufteilen an die Besitzenden. Als ob alles, was ist — die Wüste, das Meer, die Tiere, die Pflanzen — jemandem gehören müsse! Wir verwalten nur, was Gott gehört, wir sind Treuhänder der Schöpfung. Wenn wir von Schöpfung reden, meinen wir, dass alles von Gott kommt und ihm auch weiterhin gehört, nicht einigen wenigen. In der Bibel steckt eine Art Kommunismus der Erde.«
Das Argument der Bibelliebhabenden Klimakriseleugner wäre somit hinfällig oder auch einfach nur bigott …
*Nach Matthias Schlicht: Gentechnik aus theologischer Perspektive.
Und die Weisheit zur Sache:
Wir kommen nicht weiter, weil die Massnahmen,
die am besten geeignet wären, die Katastrophe zu
verhindern — und die dem Grossteil der Menschheit zugute-
kommen würden — eine extreme Bedrohung für eine elitäre
Minderheit darstellen,die unsere Wirtschaft, unseren politischen
Prozess und unsere wichtigsten Medien im Würgegriff hat.
Naomi Klein
max feurer
Dez 31, 2019
Das Problem ist, dass rationale Erkenntnis nur bis zu einem gewissen Grad Impulse für eine tiefere zivilisatorische Kehrtwende geben kann. Und diese tieferen Impulse kommen ganz sicher nicht mehr von irgendwelchen religiösen Dogmen.Sie können sich nur aus unseren eigenen Tiefen entwickeln, — ganz im Sinne von Eugen Drewermann oder C.G.Jung.Erst dann kann sich eine echte Eigenständigkeit entwickeln, welche die Kraft zu emanzipatorischem Handeln schenkt.
Christoph Meury
Dez 31, 2019
Vermutlich wie immer: Über das Portemonnaie werden die rationale Erkenntnisse beflügelt! Erst wenn die Kosten der Umweltkatastrophen bei Ottonormalverbraucher angekommen sind und nicht mehr den Entwicklungs- und Schwellenländern angelastet werden, kommen bei uns die Hirnwinden in die Gänge. Es wäre natürlich zielgerichteter, wenn wir unseren vielgepriesen Innovationsgeist frühzeitiger zur Schadensminimierung einsetzen würden, aber davon ist nicht auszugehen. Auch im kleinen Geviert unseres Gemeinwesens ist wenig diesbezügliches Engagement zu spüren.
Es bringt vermutlich wenig, wenn wir die Schuldigen irgendwo im geistigen Nirvana suchen, oder meditativ in uns gehen. Es braucht Taten und die Summe der proaktiven Bemühungen wird eine Veränderung auf Touren bringen. Ich habe diesbezüglich bei Christof Hiltmann einen Strauss von möglichen Massnahmen im kommunalen Kleinformat deponiert, vielleicht bringt’s was.
.
PS.: Solange unsere Jung- und JüngstpolitikerInnen sich allerdings intensiviert mit der Auslegung von Reglementen für den Wahl-Plakataushang beschäftigen, sind ihre geistigen Ressourcen für die Entwicklung & Realisation von wirksamen Klimamassnahmen natürlich sehr absorbiert.
Max Feurer
Dez 31, 2019
Dass das Portemonnaie Hirwindungen beflügeln kann,gestehe ich Christoph Meury durchaus zu. Das dürfte aber — gerade in der Schweiz — noch eine ganze Weile dauern … Ich glaube ebenfalls wie er, dass es nichts bringt, “Schuldige irgenwo im geistigen Nirwana zu suchen”. Man kann auf einige nämlich sehr konkret mit dem Finger zeigen, wie es z.B. Naomi Klein in ihrem Buch “Die Schock-Strategie” getan hat.
“Entgegen einer häufigen Meinung ist Neoliberalismus keine blosse Ideologie, er ist eine Technologie der Macht” (Guillaume Paoli in der “Republik”).
Deshalb sind durchaus proaktive Bemühungen nötig, z.B. mit der Konzernverantwortungs-Initiative.
Proaktiv kann allerdings auch sein, sich ganz konkret mit seiner eigenen Beziehung zur Natur auseinanderzusetzen. Da hat Thomas Berry mit “Das Wilde und das Heilige” Pionierarbeit geleistet. Und dabei spielt das meditative In-Sich-Gehen durchaus eine Rolle. Mit dieser Meinung sitze ich aber offensichtlich auf einem anderen Dampfer als Christoph Meury ;-).
Christoph Meury
Jan 1, 2020
Ob mit, oder ohne Meditation ist egal. Jeder wählt seinen individuellen Weg. Achtsamkeit gegenüber der Natur und die Reduktion von Umweltschäden macht überall Sinn, weil die Summe aller belastenden Faktoren 100% der Emissionen ergibt. Trotzdem! Wir brauchen zwingend politische Lösungen. Und: Das Zeitfenster für’s Handeln ist nicht beliebig ausdehnbar.
.
Ob ich beispielsweise persönlich auf’s Fliegen verzichte ist dabei nicht matchentscheidend. Solange wir das Kerosin als Gesellschaft subventionieren, keine CO2-Abgaben einfordern und die Umweltkosten generell externalisieren, ist die Fliegerei zu billig und macht die schnelle Stepvisite in die Antarktis (um die letzten Eisbären und Pinguine zu begutachten) oder die Badeferien im Südpazifik zu attraktiv. Solchen Blödsinn sollten wir unterbinden. Wem der Entscheid per Meditation zufliegt ist im Vorteil, für die restlichen 99% braucht’s Entscheide via Portemonnaie.
ueli kaufmann
Jan 1, 2020
Einfach so, ohne in Eure Diskussion eingreifen zu wollen: In der Antarktis gibt es keine Eisbären, in der Arktis keine Pinguine.
Max Feurer
Jan 1, 2020
Moment mal, — das eine (Meditation) schliesst doch das andere (Portemonnaie) nicht aus! Meditation hilft, innere Stärke zu entwickeln, um aussen handlungsfähiger zu werden. Wer das ohne locker schafft: umso besser!
Damit Entscheide via Portemonnaie überhaupt möglich werden, braucht es meiner Meinung nach a)Politiker, die den Mut haben, solche Entscheide überhaupt zu fordern,
b) unsere Einsicht, dass sie uns letzlich allen dienen, und c) ein paar Köpfe, die neue Wege gehen wollen. Dazu gehört zum Beispiel Christoph Pfluger vom Zeitpunkt (www.zeitpunkt.ch) mit seinem neuen Buch “Die Strategie der friedlichen Umwälzung”. Oder Harald Welzer mit “Alles könnte anders sein”, — beide höchst lesens- und bedenkenswert!
Christoph Meury
Jan 1, 2020
Wenn man mit der Weltveränderung durch Meditation lediglich Nullkommanull Menschen erreichen kann, dann ist diese Option sehr schwach. Dann plädiere ich für die zur Verfügung stehenden politischen Aktionsfelder und die Veränderung durch’s Portemonnaie. Ist alles eine Frage der Effizienz und der zur Verfügung stehenden Zeit.
.
Der aktive Teil der Klimajungend befähigt sich übrigens seit ein paar Jahren durch solidarisches und politisches Handeln. Ebenfalls eine Option des persönlichen Empowerments. Eine äusserst effiziente Befähigung, offenbar.
.
Ja Bücher, habe ich natürlich auch schon eine Menge gelesen. Aber Bücher machen keine Revolution und sind im günstigsten Fall Krücken für’s eigene Denken. Die Welt wäre bereits eine bessere, wenn man all die klugen Sachbücher als Hebel einsetzen könnte.
.
Joga, Meditation und Schamanismus, etc. ist gut und recht, hilft aber beispielsweise den indigenen Völker im Amazonasgebiet wenig, um den Urwald zu retten, den Rodungen und dem Abrennen Einhalt zu gebieten. Sie können auch den Oberpfosten Jair Bolsonaro & seine Entourage nicht stoppen. Die Rettung ist eine Frage der politischen Machtverhältnisse, des Geldes und der militärischen Macht. Nicht einmal die internationale Gemeinschaft kommt dagegen an. Da können die Indigenen auch mit Candomblé und ihren Verbündeten, den Orishas, nichts ausrichten.
So ist das eben im realen Leben.
Franz Büchler
Jan 1, 2020
Ich habe mich ja im Birsfälderpünggtli schon viel mit der Klimakatastrophe und der Klimakrise auseinandergesetzt — und ich werde es weiterhin tun.
.
Euere Diskussion hat mir eines ganz klar gezeigt:
Bei euch beiden ist angekommen, dass es sich nicht um Klimaveränderung, Klimaerwärmung, Erderwärmung und Klimawandel handelt. Es war lange Zeit mein Fehler im Birsfälderpünggtli zum »Klimawandel« zu schreiben. Ich habe mich entwickelt durch lesen, lesen, lesen. Ich empfehle dies weiter!
.
In einer der letzten bzBasel-Ausgaben wurde unter dem Titel »Auswege aus der Klimaproblematik: Kann die Technik unsere Welt retten?« das Hohe Lied der Technik gesungen. Allerdings mit Techniken, die heute im Versuchslabor erprobt werden oder gar schon wieder verworfen wurden.
Manchmal empfinde ich Verfasser derartiger Artikel fast als Klimakatastrophenleugner. Aber vielleicht kommen ja diese Rettungstechniken irgend einmal. Hoffentlich nicht zu spät.
.
Nur ich denke, das wird nicht reichen, solange SUVs für ihre immer besseren und »umweltfreundlicheren Motoren« gelobt werden — in Wirklichkeit aber die Bilanz immer schlechter wird, wegen dem Gewicht und der Grösse dieser Fahrzeuge. Dass sie trotzdem immer mehr gekauft werden zeigt, dass in den Köpfen etwas nicht stimmt.
.
Darum glaube ich, dass das Lesen, Politik und Portemonnaie die wichtigen Dinge sind, die zu einer Veränderung führen könnten. Und darin seid ihr euch ja einig. Ein bisschen streitet ihr euch um das Barthaar des Propheten. Benützt doch euere Energie dafür, der Gemeinde Birsfelden zu zeigen wo Bartli den Most holt.
Ich denke, die Birsfelder Gemeindeversammlung ist nicht so oberkonservativ wie man manchmal glauben könnte … Das ist meine momentane Erfahrung.
Ich helfe euch gerne dabei …
Max Feurer
Jan 3, 2020
Spannende Diskussion. Da ich zurzeit unterwegs bin, nur noch zwei Bemerkungen:
Für mich ist die Klimakrise nur ein Symptom für eine viel tiefer liegende gesellschaftliche Krise. Die hat der Cherokee Jack D. Forbes schon 1981 in “Die Wetiko-Seuche” ziemlich treffend analysiert, neuerdings auch Kingsley L. Dennis in “Healing the Wounded Mind. The Psychosis of the Modern World and the Search for the Self.” Halt nur Bücher, — aber Bücher können Lawinen auslösen 😉
Christoph Meury
Jan 4, 2020
Da die Gesellschaft sich im permanenten Wandel befindet, was ziemlich gesund & normal ist, ist sie auch in einem Dauerkrisenzustand. Das ist aber ein Wesensmerkmal von Veränderungsprozessen und weiter nicht bedenklich. Die Frage ist dabei lediglich, wie man mit solchen Veränderungen umgeht und entsprechende Prozesse gesellschaftlich-nachhaltig und sozial moderiert. Dafür muss man aber zu 100% in der Gegenwart leben und entsprechend agieren. Der Fundus der vergangenen Erkenntnisse ist ein wohltemperiertes Ruhekissen, aber letztlich kein Ort um zum Verweilen.
.
Apropos Bücher: Ihre Wirkung wird überschätzt. Ich wüsste kein Buch, welches eine Lawine ausgelöst hätte. Vielleicht ein paar Bestseller, welche aber lediglich eine Verkaufslawine ausgelöst haben. Dies wiederum hat mit Sicherheit die Kassen der AutorInnen und der Verlage klingeln lassen. Mehr nicht! -> Die Krise als Geschäftsmodell!
Nochmals: Würde man die Flut der gescheiten Sachbücher, philosophischen/sozialen/politischen Essays als Indiz für ihre Wirksamkeit nehmen, wäre die Welt bereits mehrfach gerettet und wir könnten uns gelassen in die Hängematte zurückziehen. Wäre schön (vielleicht etwas langweilig!), ist aber leider nicht so.
.
Meine Lesetipp: «Globale Green New Deal« von Jeremy Rifkin. Spannend, aber letztlich auch nur ein Konglomerat von interessanten Ideen. Der Mann verdient sein Geld als Berater und nicht als Macher.
Max Feurer
Jan 4, 2020
Ich meine durchaus, dass Bücher Lawinen auslösen können, z.B. “Das Kapital” von Karl Marx, “Traumdeutung” von Sigmund Freud oder “Über das Unbewusste” von C.G. Jung (Die Bibel und den Koran lasse ich mal aussen vor ..). Ob die Bücher von Forbes und Dennis dazugehören, wird die Zukunft weisen müssen.
Sehr einverstanden bin ich mit Ihrer Meinung, dass das Lesen noch so gescheiter Bücher allein gar nichts bringt. Erst die Umsetzung im Leben — das Machen — bringt die entsprechenden Früchte.
Weniger einverstanden bin ich mit der Gleichsetzung von permanentem Wandel mit Dauerkrisenzustand. Das trifft geschichtlich gesehen und heute zwar zweifellos zu, aber es ist kein Naturgesetz. Doch so langsam sollte es doch möglich werden, Wandel und Herausforderungen auf etwas harmonischere Weise zu bewältigen! Bis das Realität wird, müssen wir aber wahrscheinlich noch durch ein paar happige Krisen durch .…
Christoph Meury
Jan 4, 2020
Manipulierte Wahlen, staatliche Gewalt gegen die Bevölkerung, verfolgte Journalisten: Demokratische Regierungsformen sind weltweit so stark gefährdet wie lange nicht mehr. Weltweit stehen mehr als 3,3 Milliarden Menschen unter der Fuchtel autokratischer Regierungen. Aus dem Nichts scheinen sie aufzutauchen, die neuen Ära’s der Autokraten, der Despoten, der narzisstischen und rechtsradikalen Populisten: Wladimir Putin, Donald Trump, Recep Tayyip Erdogan, Rodrigo Duterte, etc., etc. Da wird die friedliche Umwälzung ein schwieriges Unterfangen werden. Ob dies die Menschheit je erleben wird, oder ob dies ein frommer Wunsch bleibt? Wir werden es kaum je erleben oder erfahren.
Vermutlich werden wir es uns in der Dauerkrise einrichten müssen. Die erbarmungslos Realität ist eindeutig am Drücker…. oder wir erfinden uns einen Messias! Heureka & Halleluja! im Doppelpack.
Max Feurer
Jan 5, 2020
Zugegeben, die Liste der Autokraten und Despoten wird immer länger. Man sollte die drei Duz-Freunde Netanyahu, Orban und Bolsonaro nicht vergessen, auch Modi und Xi Ping lassen grüssen …
Aber es gibt auch überall weltweite Gegenbewegungen, wie die letzten Reportagen in der “Republik” eindrücklich gezeigt haben.
Und Europa hat noch lange nicht das letzte Wort gesprochen. Was in der nächsten Zeit not tut, hat Dieter Thomä in seinem neuen Buch “Warum Demokratien Helden brauchen” auf den Punkt gebracht. Gut, halt schon wieder “nur” ein Buch, aber ein höchst anregendes, das Mut macht, — das aber auch zeigt, dass Demokratie nur mit persönlichem Einsatz überhaupt eine Überlebenschance hat. Persönlich bin ich überzeugt,
dass sich zurzeit sozusagen “im Untergrund” immer stärker positive Kräfte aufbauen, die früher oder später sichtbar werden.
Christoph Meury
Jan 6, 2020
Wir diskutieren jetzt unter Ausschluss der Öffentlichkeit & ohne Echo. Zudem bewegen sich beide Seiten im Bereich der reinen Spekulation und faktenlosen Hoffnung.
.
«Persönlich bin ich überzeugt, dass sich zurzeit sozusagen “im Untergrund” immer stärker positive Kräfte aufbauen, die früher oder später sichtbar werden.« Diese Hoffnung sei ihnen unbenommen. Ist aber letztlich nicht mehr als Kaffeesatzlesen. Klar, die Zivilgesellschaft wird sich immer wieder auflehnen und in öffentlich wahrnehmbare Opposition gehen. Aber wie bereits der Arabische Frühling gezeigt hat, ist eine Langzeitwirkung fast ausgeschlossen. Gegen die autoritären herrschenden Regimes ist gewaltlos praktisch nicht anzukommen. Im Gegenteil meistens werden die Aufstände mit einem Rollback gekontert und die Militärs übernehmen die Macht. So geschehen in Ägypten und teilweise auch in den Lateinamerikanischen Staaten. Im Kleinen sehen wir dies ja auch bei uns: Die Grüne-Welle ist bereits wieder am ausrollen und die politischen Verhältnisse verharren im Status Quo. Politische & soziale Strukturen und die zu Grunde liegenden Machtverhältnisse kann man nicht einfach kippen, sie erodieren auch nicht einfach so.
max feurer
Jan 7, 2020
Na ja, eine Diskussion kann ja auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Echo interessant sein 🙂
Zugegeben: Rein rational betrachtet sieht die weltpolitische Situation und die Möglichkeit, sie zum Positiven zu verändern, ziemlich düster aus. Mein Optimismus nährt sich weniger aus einer persönlichen Überzeugung — da habe ich mich falsch ausgedrückt — sondern sozusagen ein Stockwerk tiefer aus einer persönlichen Intuition im Sinne von C.G. Jung (http://16typen.net/intuition/). Und die kann man rational nie beweisen, man kann sie eben nur “intuitiv” erfassen und erleben 😉
Letztlich geht es darum, mit welcher inneren Einstellung wir in die kommenden schwierigen Zeiten gehen: Entweder wir werfen schon im Voraus die Flinte ins Korn (erfahrungsgemäss keine besonders kreative und erfolgsversprechende Option ;-)), — oder wir nehmen die Herausforderung an, einen politischen Gegenentwurf zu leben,wenn auch nur im Kleinen. Es geht darum, ob wir im Sinne von Joseph Campbell (“The Hero with a Thousand Faces”)in die Rolle des Helden schlüpfen wollen, der sich allen Herausforderungen, die auf ihn zukommen, mutig stellt, — oder eben nicht.
Auf diese Frage werde ich übrigens in der kommenden “Tell”-Serie im birsfälder.li immer wieder eingehen.