Wir haben den Gemeinderatskandidatinnen und Gemeinderatskandidaten am 4. Januar einen Fragebogen mit 10 Fragem geschickt. Die Fragen nahmen auf verschiedene politische Dinge Bezug.
Die drei ersten Fragen beschäftigen sich mit aktuellen Initiativen resp. Referenden, die dieses Jahr in der Schweiz zur Abstimmung kommen.
Eine Frage beschäftigt sich mit der Klimakatastrophe und die letzten Fragen beschäftigen sich mit dem grössten Areal Birsfeldens, mit dem Hafen.
Hier nun die Antworten der aktuellen Gemeinderätin Regula Meschberger:
• Am 9. Februar 2020 wird auch über die Erweiterung der Rassismusstrafnorm (Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung) abgestimmt. Was ist Ihre Meinung dazu?
Regula Meschberger: »Die Erweiterung der Rassismusstrafnorm auf auf das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ist richtig und wichtig. Ich stehe voll dahinter. Es macht mich zwar wütend und traurig zugleich, dass solche gesetzlichen Regelungen überhaupt notwendig sind. Eigentlich sollten wir alle, die ganze Gesellschaft, akzeptieren, dass Menschen unterschiedlich sind, unterschiedliche Bedürfnisse und Lebensweisen haben. Wer gibt uns das Recht zu bestimmen, welche Lebensweise die richtige ist? Da diese Toleranz und Akzeptanz nicht überall vorhanden ist, braucht es den gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung und damit auch entsprechende Strafnormen. Es ist geradezu ein Hohn, wenn gewisse Kreise von einer Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit sprechen. Hass hat nichts mit dieser Freiheit zu tun, ganz abgesehen davon, dass diese Freiheit immer begrenzt wird durch das Recht des anderen Menschen auf seine Lebensweise und seine Meinung.«
• Am 9. Februar 2020 wird über die Volksinitiative »Mehr bezahlbare Wohnungen« abgestimmt. Was ist Ihre Meinung dazu?
Regula Meschberger: »Zur Volksinitiative „mehr bezahlbare Wohnungen“ sage ich Ja. Wieder einmal wird der „freie Markt“ beschworen. Er würde bei Annahme dieser Initiative zerstört. Das ist vollkommener Blödsinn. Was hat uns der freie Markt im Wohnungsbereich in den letzten Jahrzehnten gebracht? Vor allem steigende Mietzinsen. 14 Milliarden Franken bezahlen die Mieterinnen und Mieter jährlich zuviel, weil die aktuellen Mietzinse 40% zu hoch sind gegenüber den gesetzlichen Vorgaben (Bundesverfassung). Freie Marktwirtschaft zu Lasten der Mieterinnen und Mieter!
Die Initiative verlangt eine Ausweitung des gemeinnützigen Wohnungsbaus, indem bei neuen Überbauungen mindestens 10% der Wohnungen gemeinnützig sein müssen. Gemeinnützig heisst, dass keine Rendite erzielt werden soll. Ziel ist eine zunehmende Anzahl preisgünstiger Wohnungen. Das entlastet letztlich die Gemeinden, weil sie weniger Mietzinsbeiträge bezahlen müssen und die Mieterinnen und Mieter mehr Geld für tägliche Ausgaben zur Verfügung haben, was wiederum der gesamten Volkswirtschaft zugute kommt.
Wo also ist der Schaden für die Volkswirtschaft?«
• Irgendwann (so Gott will) werden wir auch über die sogenannte »Konzernverantwortungsinitiative« abstimmen. In Birsfelden gibt es dafür sogar ein Lokalkomitee.
a. Finden Sie diese Initiative eine gute Sache?
Regula Meschberger: »Es ist schlimm, dass schweizerische Konzerne Natur- und Bodenschätze in armen Ländern schamlos ausnutzen und die dortige Bevölkerung unter schlimmsten und gefahrvollen Bedingungen arbeiten lässt. Die Folgen sind katastrophal: Die Naturvielfalt wird zerstört, der Lebensraum für Mensch und Tier wird zerstört und die Lebensbedingungen für die arbeitende Bevölkerung sind schlicht katastrophal. Dass da die eidgenössische Politik nicht rigoros durchgreift, ist ebenfalls eine Katastrophe. Deshalb braucht es diese Initiative.«
b. Würden Sie dem Lokalkomitee beitreten?
Regula Meschberger: »Ich bin bereits Komiteemitglied, weil mir die Konzernverantwortungsinitiative wichtig ist. Traurig genug, dass sich der Ständerat nicht zu einem guten Gegenvorschlag durchringen konnte, resp. das Thema schlicht vertagt hat. Vielleicht hat es aber den Vorteil, dass die Bevölkerung nun laufend sensibilisiert werden kann.«
• Die Gemeinde Birsfelden könnte mit geeigneten Massnahmen viel zur Verhinderung der Klimakatastrophe beitragen. Welche Massnahmen, die Birsfelden einleiten kann, würden Sie der Gemeindeversammlung vorschlagen? Sie dürfen auch über Ihre zuküftigen Departemente hinaus denken …
Regula Meschberger: »Die Gemeinde sind wir alle. Wir alle, Einwohnerinnen und Einwohner, Politikerinnen und Politiker, Gewerbetreibende, Gemeindeverwaltung müssen unseren Beitrag dazu leisten, dass sich die Klimasituation verbessert. Ich kann es nicht mehr hören, wenn gesagt wird, es nütze nichts, im Kleinen aktiv zu sein. Natürlich sind die grossen Klimaverschmutzer die Rüstungsindustrie und die kriegführenden Länder. Was da ständig in die Luft gejagt wird, ist eine einzige Katastrophe. Und trotzdem hat schon Vieles im Kleinen begonnen und ist gross geworden. Wir haben alle irgendwo Einfluss.
Die Gemeinde kann einen Beitrag leisten durch vorbildliches Verhalten und eine grosse Sensibilisierungskampagne. Diese macht allerdings nur Sinn, wenn sie konkrete Möglichkeiten aufzeigt. Wir tun ja schon einiges vor allem in Sachen Abfallverwertung. Wir müssen noch mehr tun in der Abfallvermeidung. Auf diese Themen muss immer wieder eingegangen werden. Einmalig reicht nicht aus.
Wichtig ist aber auch der Kontakt mit unserem Gewerbe mit Gesprächen zum Klimaschutz. Mit Fair Trade sind bereits erste Bemühungen im Gang. Diese müssen ausgeweitet werden.
Mir scheint auch wichtig, dass getroffene Massnahmen immer wieder in Bezug auf ihre Nachhaltigkeit hinterfragt werden. Es stört mich, wenn überall Elektroautos propagiert werden und man nicht bereit ist, genau hinzuschauen, unter welchen Bedingungen Bestandteile für die Batterien gewonnen und hergestellt werden. Wir müssen wieder lernen, gesamtheitlicher zu denken.
Toll wäre, wenn Birsfelden im Kanton in Bezug auf die Sensibilisierung der Bevölkerung und der Wirtschaft Vorbild würde.«
• Sicher kennen Sie die Absichtserklärung »Entwicklung Industrie- und Gewerbezone Birsfelden«.
a. Sind Sie mit den dort gemachten Zukunftsvisionen einverstanden?
b. Sehen Sie andere Möglichkeiten, die die Gemeinde Birsfelden anstreben sollte?
Regula Meschberger: »Die in der Absichtserklärung genannten Entwicklungsgebiete sind mir wichtig. Es geht um die Erneuerung und Optimierung von bestehender Bausubstanz aber auch um neue Bauten anstelle von bestehenden. Dichter bauen ist das grosse Thema. Allerdings muss das im Einklang mit den Wünschen der Menschen und den Bedürfnissen einer vielfältigen Natur erfolgen. Guter, bezahlbarer Wohnraum in der Natur und gleichzeitig in Stadtnähe sollen die Vorzüge Birsfeldens sein oder noch werden. Deshalb müssen einzelne Absichten hinterfragt oder genauer definiert werden.
Wichtig ist auch die klare Definition bezüglich Gewerbe — und Industriezone in Berücksichtigung des Erhalts und der Schaffung von Arbeitsplätzen, verbunden mit einer guten Erschliessung. Überhaupt muss die Mobilität bei allen Planungen mitgedacht werden. Die Nähe von Arbeitsplatz und Wohnraum ist eine wichtige Forderung, aber auch die sinnvolle Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr. Da haben wir durchaus noch Verbesserungsbedarf.«
• Als Birsfelder oder Birsfelderinnen kennen Sie das Areal der ehemaligen JOWA-Bäckerei, das ohne Bahnanschluss und Schiffsanlegestelle ist. Die heutige Fischzuchtanstalt braucht offenbar weder das eine noch das andere, ist also kaum »hafenaffin«
a. Fänden Sie es gut, das Areal würde für den Wohnungsbau ausgeschieden?
b. Wenn nein: Was sind die Gründe dafür?
Regula Meschberger: »Grundsätzlich ist Wohnen am Wasser immer noch ein erstrebenswertes Ziel. Allerdings gibt es in der Gemeinde einige Entwicklungsprojekte, die schon aufgegleist sind. Es soll nicht alles gleichzeitig gemacht werden. Und solange wir nicht wissen, wie und wo der geplante Rheintunnel durchkommen wird und was der Bau für einen grossen Teil des Hafenareals für mehrere Jahre bedeuten wird, sollten keine konkreten Wohnprojekte im Hafen aufgegleist werden. Später kann das durchaus wieder zum Thema werden.
Das Zielbild Hafen sieht wichtige Veränderungen im Hafengebiet vor. Mir ist vor allem die Entfernung der Tankanlagen wichtig. Sie sind viel zu nahe am Sternenfeld-Wohngebiet. Auch die angedachten Veränderungen bezüglich Industriebetriebe sind ein wichtiger Schritt in ein sinnvoll genutztes Hafengebiet.
Aber eben, auch das Wohnen soll wieder zum Thema werden, wenn auch nicht sofort.«
• Welche Veränderungen in der Gemeinde Birsfelden würden Sie als erste Priorität bestimmen?
Regula Meschberger: »Ich denke nicht an grosse Veränderungen, sondern viel eher am Dranbleiben am Geplanten und Gedachten. Die Ergebnisse bedeuten Veränderung genug. Als für „Leben in Birsfelden“ zuständige Gemeinderätin ist mir der Kontakt, die Beziehung der Menschen in Birsfelden untereinander, wichtig. Deshalb braucht es die Unterstützung der Gemeinde für Fabezja, dem Familien- und Begegnungszentrum. Es braucht aber auch die gezielte Weiterentwicklung der familienergänzenden Kinderbetreuung und der Tagesstrukturen, wie das Erhalten und Schaffen guter Angebote für ältere und alte Menschen mit dem Ziel, autonom und selbstbestimmt leben zu können. Aber auch in Sachen Gestaltung der Freizeit (Vereine) und Kultur ist noch Vieles möglich. Dazu braucht es aber nicht nur die Politik, sondern die Mitarbeit der Einwohnerinnen und Einwohner. Damit wird Birsfelden zu einer lebens- und liebenswerten Gemeinde.«
Christoph Meury
Jan 14, 2020
Die Entwicklungsprojekte im Hafen, insbesondere die potentielle Entwicklung des JOWA-Areals, müssen jetzt an die Hand genommen werden. Es braucht endlich ein Moratorium gegen die kontinuierliche und heimliche Verlängerung der diversen Baurechtsverträge auf dem Hafenareal. Die Baurechtsverträge haben Laufdauern von 2020 bis 2060. Ein grosser Arealstreifen, entlang des Rheines, ist mit einem Baurecht bis 2030 belegt. Ergo muss die Politik jetzt eingreifen. Tut sie es nicht, werden die SRH die Baurechtsverträge nach Ablauf einfach um weitere Jahre verlängern. Wenn Regula Meschberger den Zeitpunkt auf später verschieben will, verschiebt sie eine adäquate Arealentwicklung auf Nimmwiedersehen. Sie ignoriert, dass die langen Baurechtsverträge jegliche vernünftige Planung verhindern. Dies auch, weil die Baurechtsverträge gestaffelt ausgestellt sind. Das JOWA-Areal ist im Moment bis 2030 mit einem Fischzuchtprojekt blockiert. Es läge also an der Politik hier ein Moratorium einzufordern. Erst dann, kann eine Planung überhaupt in Angriff genommen werden. Eine Arealentwicklung wiederum dauert danach nochmals rund 10 Jahre. Es ist also keinesfalls ein unmittelbar anstehendes weiteres Entwicklungsprojekt. Es ist ein Projekt für die mittel- bis langfristige Entwicklung von Birsfelden. Die zögerliche Haltung der kommunalen Politik gegenüber der SRH ist mir unerklärlich. Fast schon als devot muss man die PolitikerInnen in ihrem Verhältnis zum Kanton und der SRH bezeichnen.
Christoph Meury
Jan 14, 2020
Nachtrag zur Energiewende: Die Energiewende mit Sensibilisierungskampagnen zu bewerkstelligen ist ziemlich blauäugig und greift ins Leere. Man wird sich rasch konkrete technische Massnahmen überlegen müssen um zumindest den CO2-Anstieg beim Verkehr massiv zu reduzieren. Die Elektromobilität ist dafür geeignet und wird kommen.
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Volkswagen, BMW und Daimler haben Pläne bekanntgegeben, die auf nichts Geringeres hinauslaufen als eine Auslauffrist für den Verbrennungsmotor sowie die Masseneinführung des Elektrofahrzeugs im Verlaufe des kommenden Jahrzehnts anzukündigen. Volkswagen, wo man die schwindelerregend Summe von 80 Milliarden Euro für diesen Übergang bereitgestellt hat, sagt, man werde bis 2025 fünfzig neue batteriebetriebene Fahrzeugmodelle auf dem Markt haben, und erwartet beim Verkauf der Markenmodelle VW, Skoda, Seat, Audi und Porsche 2029 die 22-Milliarden-Marke zu überschreiten. Daimler hat 42 Milliarden Euro bereitgestellt, um in den nächsten Jahren Elektrofahrzeuge auf den Markt zu bringe; beim BMW sind es 50 Milliarden, hier will man bis 2025 zwölf Elektrofahrzeuge auf den Markt bringen…
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In Europa ist Norwegen weiterhin führend bei E‑Fahrzeugen. Dort hat inzwischen fast jedes zweite neu zugelassene Fahrzeug einen Elektromotor, im vergangenen Jahr waren das 73.000 Exemplare. In Deutschland stieg der Absatz vergangenes Jahr um 24 Prozent auf 68.000 E‑Fahrzeuge.
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Kurzum: Wenn die wichtigsten Autobauer in Europa Milliardensummen in die Hand nehmen um in die Elektromobilität zu investieren und wir zudem wissen, dass China bereits in grossem Stil günstige E‑Autos auf den Markt wirft, dann ist es müssig darüber zu sinnieren, ob die E‑Mobilität die unmittelbare Mobilität der Zukunft sein wird. Kein Autobauer kann es sich leisten Milliarden in einen Flop zu investieren. Ergo wird die E‑Mobilität kommen und zwar bald. Bereits 2025 wird der Markt E‑Modelle in genügender Anzahl auf den Markt werfen. Also ist es nur noch eine Frage, ob wir darauf vorbereitet sind. D.h. ob wir dafür genügend Elektrizität bereitstellen können und ob eine adäquate Menge an Infrastruktur zur «Betankung« zur Verfügung steht. Der Rest ist ideologisches Geplänkel.
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Birsfelden: Es wird in jedem Fall existentiell sein genügend zusätzlichen Strom zu produzieren. Dies ist lokal zu tiefen Grenzkosten möglich. Dezentrale Photovoltaikanlagen und ein smartes Stromnetz sind dafür die Basis. In Birsfelden anerbietet es sich die Industriebauten im Hafenareal für die Energiegewinnung zu nutzen. Die zahlreichen Flach- oder Shedd-Dächer sind dafür prädestiniert. Die Politik müsste den Leistungsauftrag mit den Schweizerischen Rheinhäfen mit adäquaten Auflagen versehen. Die SRH müssen angewiesen werden die auf dem Hafenareal domizilierten Firmen aufzufordern ihre Dächer für Solar-Contracting zur Verfügung zu stellen. Primeo Energie, oder ein privater Anbieter, beispielsweise ADV, organisieren die Nutzung der Dächer und verwalten den selbstproduzierten Strom. Das ist nicht nur sinnvoll, sondern auch ein gutes Geschäft.
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Konkreter Alltag: Die Gemeinde Birsfelden verpflichtet sich zukünftige alle gemeindeeigenen Fahrzeuge durch Elektrofahrzeuge zu ersetzen. Das ist eine Investition in die Zukunft, Mehrkosten werden dabei in Kauf genommen.