… und darum bitte ich alle Lehrerinnen und Lehrer an diesem Tag ausnahmsweise im Unterricht wieder einmal Dialekt zu sprechen, das den Kindern zu erklären und sie zu ermutigen in ihrem Dialekt/in ihrer Sprache zu sprechen.
Sicher ein schöner Tag … Und weil am 21. Februar 2020 der letzte Schultag vor den Fasnachtsferien ist, muss man halt ein Auge zudrücken und die Sache vielleicht um einen Tag vorverschieben!
Der 21. Februar wurde nämlich von der Unesco zum Tag der Muttesprache erklärt. Der Hintergrund ist eigentlich tragisch: »Im Jahr 1952 beschloss das Regime des damaligen Pakistans die Erhebung von Urdu zur alleinigen Amtssprache, obwohl es nur für 3% der Bevölkerung Muttersprache war. In Ostpakistan wurde sogar fast ausschließlich Bengalisch gesprochen. Bei Protesten in Dhaka am 21. Februar schoss die Polizei auf Demonstranten; es gab Tote. Die fortwährende sprachliche und kulturelle Unterdrückung Ostpakistans führte schließlich 1971 zur Abspaltung und zur Gründung von Bangladesch. Der 21. Februar wird dort seitdem als Tag der Märtyrer begangen. Auf Antrag von Bangladesch wurde dieser Tag dann im November 1999 durch die UNESCO zum Internationalen Tag der Muttersprache erhoben.« (nach wikipedia)
Was hat nun der Stein von Rosetta mit dem Tag der Muttersprache zu tun?
Nun: Hyroglyphen waren in Ägypten von etwa 3200 v.Chr. bis etwa 400 n.Chr. in Gebrauch. Seit etwa 600 v.Chr. war auch die demotische Sprache in Ägypten aufgetaucht. Diese Sprache brauchte andere Schriftzeichen. Etwa 1000 Jahre blieb das Demotische die Alltagssprache. Das Demotische stand unter dem starken Einfluss des politisch dominierenden Griechisch. Vielen demotischen Verwaltungsurkunden folgt eine griechische Zusammenfassung; es gibt auch bilinguale Texte, in denen in den primär demotischen Text (geschrieben von rechts nach links) griechische Fremdwörter in griechischer Schrift (von links nach rechts) eingefügt sind.
Der Stein von Rosetta half nun den Forschern, da er den gleichen Text in den drei Sprachen enthält, dabei, die Hyroglyphen-Sprache zu lernen / zu übersetzen.
Vielleicht machen Sie sich einmal selbst auf die Suche nach Ihrer Muttersprache, vielleicht mit der Hilfe dieses kleinen Gedichts im Basler Dialekt von Blasius:
Mym Bueb sy Hosesagg
En alti Käpselibischtoole
E Borpmenee, nadyrlig lär,
E Ryssbley und e Stiggli Kohle,
E Naasduech, wo gärn suuber wär,
E schimmlig-grien Stigg Kandiszugger,
E Glee, vierblettrig und verblieht
E Mässer und e Hampfle Glugger
E Loos, wo sicher nimme zieht,
Zindhelzli und e Niele-Zwygli,
E Billet uff der Minschterdurm,
E Luupen und e Schnurregygli
Und z underscht noon e Räägewurm
Was soone Gnopf — s isch fascht e Wunder —
Nit alles mit sich ummedrait!
E Sagg voll Miggis, Drägg und Blunder?
E Sagg voll Buebe-Sääligkeit!
Und jetzt kommt doch wieder der »Stein von Rosetta« ins Spiel, in der Form von vielen Übersetzungen dieses Gedichtleins in viele verschiedene Dialekte und Fremdsprachen.
Mit den folgenden Links finden Sie das Gedicht in 82 Schweizer Dialekte und Fremdsprachen und 34 deutsche Varianten aus Deutschland, Oesterreich und dem Elsass.
Das geht also von Standarddeutsch über Zürcher Dialekt, Rüedlinger Dialekt, Schwander Idiom und Appenzeller Dialekt über Pus-ciavin und Türkisch bis Japanisch, Arabisch und so weiter. Ich wünsche viel Vergnügen.
Die Frage zur Sache:
Warum wird im Vaterland die Muttersprache gesprochen,
warum nicht im Mutterland die Vatersprache?