Die Welt schaut scho­ckiert auf das neue, immer bru­ta­ler wer­den­de Gemet­zel im Nahen Osten. Unfass­bar, wel­che Tra­gö­di­en sich in den letz­ten Tagen abspiel­ten und sich noch abspie­len wer­den. Und das Trau­rigs­te: Ein Aus­stieg aus die­ser Gewalt­spi­ra­le scheint aus­sichts­los, so dass der lang­jäh­ri­ge Nah­ost-Exper­te Erich Gys­ling kürz­lich resi­gniert fest­stell­te: “Ich spü­re kei­nen Fun­ken Hoff­nung.

Die links­li­be­ra­le israe­li­sche Zei­tung Haa­retz hat den Mut, immer wie­der Stim­men eine Platt­form zu geben, die nicht über­all gern gehört wer­den, — vor allem nicht bei den Mäch­ti­gen. Hier Aus­zü­ge aus Arti­keln von drei Frau­en, einer in Isra­el leben­den Paläs­ti­nen­se­rin und zwei Israe­lin­nen. Der Grund:
Es waren und sind Män­ner, die im Nahen Osten seit jeher die Poli­tik bestim­men. Es waren Män­ner, die in den Kib­bu­zims an der Gaza-Gren­ze die Gräu­el­ta­ten ver­üb­ten. Und es war ein Mann, der alle Paläs­ti­nen­ser kürz­lich pau­schal als “human ani­mals” abqua­li­fi­zier­te. Was haben Frau­en zu den blu­ti­gen Ereig­nis­sen zu sagen?

Die Jour­na­lis­tin Hanin Majad­li schreibt heu­te am 13. Oktober:
Man muss kein Gan­dhi oder eine beson­ders edle See­le sein, um von den Bil­dern des Gemet­zels und der Gräu­el­ta­ten im Süden ent­setzt zu sein. Die Bil­der von gan­zen Fami­li­en, die ermor­det wur­den, von den Lei­chen jun­ger Men­schen, die über das Gelän­de eines Natur­fes­tes ver­streut waren, von ande­ren, die mit schrei­en­den Babys in die Gefan­gen­schaft geführt wur­den, von Men­schen, die in ihren Autos erschos­sen wur­den und tot am Stra­ßen­rand lagen.
Als Paläs­ti­nen­se­rin, die die Unge­rech­tig­kei­ten der Besat­zung und die schreck­li­chen Taten, die die israe­li­sche Armee seit Jah­ren tag­täg­lich an ihrem Volk ver­übt, sieht und emp­fin­det und die auf die­sen Sei­ten dar­über schreibt, erken­ne ich Ver­bre­chen, wenn ich sie sehe, und kann ganz klar sagen, dass sie für mich mora­lisch inak­zep­ta­bel sind, und ich war ent­setzt, sie mit anzusehen.
Aber ich sehe auch den Kon­text, in dem die­se Gräu­el­ta­ten gesche­hen sind. Ich sage das nicht, um sie zu recht­fer­ti­gen, son­dern um zu erklä­ren, was die meis­ten Israe­lis jah­re­lang nicht sehen woll­ten und sich des­halb jetzt über­rascht und scho­ckiert zei­gen. Das ist jetzt wich­tig, denn wenn hier “Ruhe” herrscht, ist nie­mand dar­an inter­es­siert, über die Paläs­ti­nen­ser zu spre­chen, und wenn es kei­ne “Ruhe” gibt, will man den Gaza­strei­fen und alle, die dort leben, “platt­ma­chen”. Das ist lei­der das emo­tio­na­le Spek­trum der Israe­lis in Bezug auf die Paläs­ti­nen­ser. Und die­ser Kreis­lauf muss durch­bro­chen werden.
Auch schreck­li­che Ver­bre­chen gesche­hen nicht im luft­lee­ren Raum, son­dern dort, wo es einen frucht­ba­ren Boden dafür gibt. Die Besat­zung ist die Wur­zel allen Übels und die Wur­zel der Ver­zweif­lung der Paläs­ti­nen­ser. Die unmensch­li­che, gewalt­sa­me und bru­ta­le Blo­cka­de des Gaza­strei­fens schafft eine enor­me Moti­va­ti­on für die Unter­stüt­zung von schreck­li­chen Aktio­nen wie die­ser. Etwa tau­send Hamas-Kämp­fer haben Gräu­el­ta­ten begangen.
Aber in 99 Pro­zent der Fäl­le sind es die israe­li­schen Streit­kräf­te, die ein­mar­schie­ren, bom­bar­die­ren, ent­füh­ren, schie­ßen und mor­den, ohne sich die Hän­de schmut­zig zu machen. Paläs­ti­nen­si­sche Zivi­lis­ten ster­ben am Grenz­zaun und gan­ze paläs­ti­nen­si­sche Fami­li­en wer­den im Vier­tel Shu­ja­i­y­eh in Gaza-Stadt und im Flücht­lings­la­ger Al-Shati getö­tet. Wie mei­ne jüdi­schen Freun­de nach jeder erfolg­rei­chen Ope­ra­ti­on in Gaza zu mir sag­ten: Es ist sehr trau­rig, Hanin, aber so ist der Krieg. Und ich sage: Nein, auch im Krieg gibt es Moral. Und die muss es geben, damit es Leben geben kann.
Die­ser Arti­kel wird unter den schwie­rigs­ten Umstän­den geschrie­ben, die ich erle­be, seit ich mit dem Schrei­ben begon­nen habe, und viel­leicht in mei­nem gan­zen Leben. Wenn es schon in nor­ma­len Zei­ten eine kom­ple­xe Erfah­rung ist, ein paläs­ti­nen­si­scher Israe­li zu sein, so ist es in die­sen Zei­ten fast unmög­lich. Denn seit dem Beginn des Krie­ges wer­den ich und 2 Mil­lio­nen wei­te­re ara­bi­sche Bür­ger als schul­dig ange­se­hen. Weil wir schwei­gen oder Angst haben oder weil wir es gewagt haben, zu ver­glei­chen oder weil wir — und das ist das Schlimms­te — über den Kon­text und die Besat­zung gespro­chen haben.
Ja, es ist beängs­ti­gend für uns, jetzt unse­re Stim­me zu erhe­ben. Nicht jeder ist dazu in der Lage. Aber ich emp­fin­de es als mei­ne mora­li­sche und uni­ver­sel­le Pflicht gegen­über mei­nem Volk und die­sem Ort, an dem ich lebe, an dem ich Kol­le­gen und Freun­de habe, die ich lie­be und um deren Leben ich mir Sor­gen mache, ange­sichts der Ent­mensch­li­chung der Bewoh­ner von Gaza nicht zu schwei­gen. Ich hal­te es für mei­ne Pflicht, mich gegen alle Rufe nach Rache und blin­der kol­lek­ti­ver Bestra­fung zu weh­ren: das Abstel­len von Was­ser und Strom, das mas­sen­haf­te Aus­hun­gern der Zivil­be­völ­ke­rung, die völ­li­ge Zer­stö­rung des Her­zens von Gaza. Nichts von alle­dem ist eine ange­mes­se­ne Reak­ti­on oder Lösung. Das sind Kriegsverbrechen.
Ich gebe zu, dass ich kei­ne Lösung weiß, aber Isra­el hat nicht nur nichts getan, um den Men­schen im Gaza­strei­fen unter sei­ner Mili­tär­blo­cka­de ein nor­ma­les Leben zu ermög­li­chen, son­dern es hat alles getan, um ihr Leben zu erschwe­ren. Die Paläs­ti­nen­ser ver­die­nen Gerech­tig­keit und Frei­heit, und ich wün­sche mir von gan­zem Her­zen, dass die Frei­heit mei­nes Vol­kes nicht mit israe­li­schem Blut getränkt wird, und ich hof­fe sehr, dass es noch ein paar Israe­lis gibt, die genau­so denken.

Die Abrech­nung muss mit der Hamas erfol­gen, nicht mit allen Men­schen im Gazastreifen

Die Jour­na­lis­tin Tamar Kaplan­sky schrieb am 12. Oktober:
… Jeder, der an die­sem ver­fluch­ten Ort lebt, hat wahr­schein­lich gehört, was mit den Gefan­ge­nen geschieht. Kürz­lich spra­chen in der Fern­seh­se­rie “The One” des israe­li­schen Staats­fern­se­hens Pilo­ten des Jom-Kip­pur-Krie­ges über ihre Tage in ägyp­ti­scher und syri­scher Gefan­gen­schaft. Sie spra­chen kurz, manch­mal mit einem Hauch von Humor, manch­mal in einem gemes­se­nen, gedämpf­ten Ton. Das Trau­ma, das sie erlit­ten haben, ist in ihren Gesichts­fal­ten eingebrannt.
Ange­sichts der Bil­der in den sozia­len Netz­wer­ken und Medi­en klin­gen ihre Geschich­ten nach, eben­so wie die mög­li­chen Hor­ror­sze­na­ri­en. Und ein Gedan­ke, über­schat­tet, hart­nä­ckig, erschüt­tert plötz­lich die See­le: So vie­le Frau­en sind in den Gaza­strei­fen ver­schleppt worden.
Doron Asher war mit ihren Töch­tern Raz, 4,5 Jah­re, und Aviv, 2,5 Jah­re, zu ihrer Mut­ter, Efrat Katz, nach Nahal Oz gefah­ren. Sie wur­den alle gekidnappt. …
Dik­la Arva wur­de mit ihrem Sohn Tomer und ihren Töch­tern aus ihrem Haus in Nahal Oz gekidnappt.
Ihr Sohn Tomer, die Töch­ter Daf­na und Ella und ihr Part­ner Noam Eli­a­kim  wur­den aus ihrem Haus in Nahal Oz ent­führt. Ihre Toch­ter Odi­ne hat­te sich selbst in einem siche­ren Raum ver­steckt, als sie ein Live-Video der Mut­ter sah, das Hamas-Mit­glie­der auf Face­book hoch­ge­la­den hatten. …
Auf herz­zer­rei­ßen­den Fotos umarmt eine ande­re Mut­ter ihren Sohn, ein Baby in einem Tra­ge­tuch auf ihrer Brust. In dem Pos­ting geben Fami­li­en­mit­glie­der sie als Shiri Bibas aus. Die Kin­der, der 4‑jährige Ari­el und der 9 Mona­te alte Kfir, sind rot­haa­rig. So klein. Spä­ter ver­öf­fent­licht die Hamas auch ein Video von ihnen. Sie weint. Ihr Mann und ihre Eltern wer­den ver­misst und sind wahr­schein­lich auch ent­führt wor­den, schreibt ein Ver­wand­ter. Ihre Mut­ter ist krank und braucht Medikamente. …

Dut­zen­de von Frau­en wer­den ver­misst. Ich schaue mir zwang­haft ihre Bil­der an. Die jun­gen Leu­te von der Frie­dens­par­tei sind schön und lächeln. Ihre Eltern sind ver­zwei­felt vor Sor­ge. Ich den­ke an die Mut­ter von Abe­ra Men­gis­tu, die acht­ein­halb Jah­re lang in der Gefan­gen­schaft der Hamas auf ein Lebens­zei­chen war­te­te. Vor sechs Mona­ten ver­öf­fent­lich­te die Hamas ein Video von ihm, und seit­her ist nichts mehr zu sehen. Ich habe Berich­te von Kriegs­ge­fan­ge­nen gele­sen, von Dut­zen­den von Män­nern, die mit Nar­ben zurückkamen.
Aber das ist nicht das­sel­be. Müt­ter mit ihren Kin­dern, mit ihren Töch­tern, jun­ge Frau­en, die auf “Vorher”-Fotos lächeln, Groß­müt­ter, die ihre Enkel und Uren­kel umar­men. Jede Frau hat einen Namen. Sie wer­den ent­hüllt, ein Name nach dem ande­ren, wäh­rend die Stun­den ver­ge­hen. Das Ent­set­zen ist so groß.
Der Gedan­ke lässt sich nur schwer arti­ku­lie­ren: Frau­en zah­len in Krie­gen einen ande­ren Preis. Sexu­el­le Gewalt ist eine Waf­fe in den Hän­den der Män­ner. Das ist immer so, und im Krieg noch deut­li­cher. Die Kör­per der Frau­en wer­den zu einem Instru­ment, mit dem die Män­ner den Besitz, den Sieg und die Demü­ti­gung des Fein­des bewei­sen. Abge­se­hen von den Fol­te­run­gen, die in Fil­men und Büchern und von Men­schen, die dort waren, beschrie­ben wer­den, ist die­ser Gedan­ke hart­nä­ckig, bestän­dig und furcht­bar: Es gibt dort Frau­en, Mäd­chen und Jun­gen. Selbst in der nor­ma­len Welt, wenn man sie so nen­nen kann, wird eine von fünf Frau­en ver­ge­wal­tigt. Eine von drei Frau­en wird im Lau­fe ihres Lebens sexu­ell miss­braucht. Eines von fünf Mäd­chen wird sexu­ell miss­braucht; der Pro­zent­satz steigt mit dem Alter. Bis zum Alter von 12 Jah­ren sind Jun­gen in glei­chem Maße betroffen.
Das ist die “nor­ma­le” Rea­li­tät. Das ist der All­tag. Was wird in der Höl­le, deren Tore am Sams­tag­mor­gen geöff­net wur­den, mit den Gefan­ge­nen geschehen? …

Unter­des­sen tag­te das Kabi­nett erst am Sams­tag­nach­mit­tag in aller Ruhe. Wie in einer Regie­rung mit dem nied­rigs­ten Frau­en­an­teil seit Jah­ren nicht anders zu erwar­ten, gab es eine beein­dru­cken­de und auf­ge­bla­se­ne Demons­tra­ti­on von Testosteron. …
Kei­ne der weni­gen Frau­en, die es geschafft haben, einen Kabi­netts­sitz in Isra­els schlech­tes­ter Regie­rung zu bekom­men, hat auch nur zur Kennt­nis genom­men, dass zum ers­ten Mal in Isra­els Krie­gen nicht nur Zivi­lis­ten ent­führt wur­den, son­dern dar­un­ter offen­bar auch vie­le Frau­en. Die­se Leu­te, die zu unse­rer Bestür­zung für unser Schick­sal ver­ant­wort­lich sind, tun auch jetzt nichts ande­res, als zu plap­pern, lee­re Dro­hun­gen aus­zu­spre­chen und sich wie Schlä­ger aufzuführen.
Die­ser Arti­kel soll­te eigent­lich von etwas ande­rem han­deln, aber dann heul­te eine Sire­ne und seit­dem ist nichts mehr so, wie es ein­mal war. Hun­der­te von Zivi­lis­ten wur­den ermor­det. Dut­zen­de von Men­schen wur­den ent­führt und wer­den in Gaza gefan­gen gehal­ten. Die Unge­wiss­heit über ihr Schick­sal ist beängs­ti­gend. Über allem schwebt der Gedan­ke, den man weg­zu­schie­ben ver­sucht, aber nicht schafft: Müt­ter und ihre Kin­der. Jun­ge Frau­en und alte. Es sind so vie­le Frau­en dort. So vie­le Frauen.

Die Jour­na­lis­tin Ami­ra Hass eben­falls am 12. Oktober:
Die israe­li­schen Sicher­heits­kräf­te haben die Ver­tei­di­gung der Gemein­den in der Nähe des Gaza­strei­fens ver­nach­läs­sigt, weil sie damit beschäf­tigt waren, die Sied­ler im West­jor­dan­land, ihre Land­nah­me und ihre Riten der Stein- und Altar­an­be­tung zu verteidigen.
Dies ist eine der unaus­weich­li­chen Schluss­fol­ge­run­gen, die aus den Gräu­el­ta­ten vom Sams­tag gezo­gen wer­den müs­sen. Es ist nicht über­ra­schend, aber die­se Ver­nach­läs­si­gung steht in engem Zusam­men­hang mit einem der Haupt­zie­le der Jus­tiz­re­form und ihrer reli­gi­ös-zio­nis­ti­schen Unter­stüt­zer — der Beschleu­ni­gung der De-fac­to-Anne­xi­on des größ­ten Teils des West­jor­dan­lan­des und der Ver­grö­ße­rung der jüdi­schen Sied­ler­po­pu­la­ti­on. Die­ses Ziel ist nicht nur nach wie vor auf dem Tisch, son­dern lässt sich jetzt noch leich­ter verwirklichen.
Die israe­li­schen und inter­na­tio­na­len Medi­en igno­rie­ren das West­jor­dan­land, wäh­rend die erschüt­tern­den Aus­sa­gen der Über­le­ben­den der Anschlä­ge vom Sams­tag all­mäh­lich an die Öffent­lich­keit gelan­gen und das israe­li­sche Mili­tär töd­li­che Ver­gel­tungs­bom­bar­de­ments auf den Gaza­strei­fen durch­führt und ihn von der Wasser‑, Strom- und Lebens­mit­tel­ver­sor­gung abschneidet.
Die feh­len­de Auf­merk­sam­keit hat es den Sied­lern und ihren offi­zi­el­len (Mili­tär und Poli­zei) und halb­of­fi­zi­el­len (Sicher­heits­be­am­te der Sied­lun­gen und rechts­ge­rich­te­te Frei­wil­li­ge, die als Eskor­te fun­gie­ren) Voll­stre­ckungs­or­ga­nen ermög­licht, ihre Angrif­fe gegen paläs­ti­nen­si­sche Hir­ten und Land­wir­te mit einem kla­ren Ziel zu eska­lie­ren: mehr Gemein­schaf­ten von ihrem Land und ihren Häu­sern zu vertreiben.
Wie bri­sant die Lage ist, zeig­te sich am Mitt­woch, als drei Bewoh­ner des Dor­fes Qus­ra süd­öst­lich von Nab­lus — zwei von ihnen Jugend­li­che — durch schar­fe Waf­fen getö­tet und acht wei­te­re ver­letzt wur­den. Nach Anga­ben der Dorf­be­woh­ner han­del­te es sich bei den Schüt­zen um mas­kier­te Sied­ler, die mit drei Gelän­de­wa­gen in das Dorf ein­dran­gen. Spä­ter, als es nach den Beer­di­gun­gen zu Zusam­men­stö­ßen kam, wur­de ein wei­te­rer Jugend­li­cher in Qus­ra getö­tet, wobei noch unklar ist, ob dies durch die Armee oder ande­re geschah. Eine paläs­ti­nen­si­sche Whats­App-Grup­pe, die Angrif­fe von Sied­lern in Echt­zeit doku­men­tiert, ins­be­son­de­re in der Gegend nörd­lich von Ramal­lah, berich­te­te minüt­lich über die Ereig­nis­se in Qus­ra. Die­se Infor­ma­tio­nen fan­den ihren Weg in die israe­li­schen Nach­rich­ten. Ande­re Vor­fäl­le, bei denen es kei­ne Opfer gab, wur­den jedoch nicht gemel­det. So gab es auch am Mitt­woch Berich­te über Sied­ler, die auf Bau­ern schos­sen, die in dem Dorf Mar­da süd­west­lich von Nab­lus auf ihrem Land arbeiteten. …

Um 3:00 Uhr mor­gens wur­de berich­tet, dass Sied­ler in das Dorf Qary­out west­lich von Jalud ein­ge­drun­gen waren und jun­ge Paläs­ti­nen­ser, die sich ihnen näher­ten, zur Rede stell­ten, bevor das Mili­tär in das Gebiet ein­drang und auf Häu­ser schoss.
Weni­ge Minu­ten vor 13 Uhr wur­de eine Grup­pe bewaff­ne­ter Sied­ler gemel­det, die in die Stadt Qara­wat Bani Hassan im Gou­ver­ne­ment Salfit, süd­west­lich von Nab­lus, ein­ge­drun­gen war. Auf Vide­os, die der Mel­dung bei­gefügt waren, waren Schüs­se zu hören. Ein Bewoh­ner berich­te­te: “Sied­ler und drei Sol­da­ten ver­such­ten, Fami­li­en bei der Oli­ven­ern­te zu ver­trei­ben. Es kam zu einer Kon­fron­ta­ti­on, und [die Sol­da­ten] schos­sen mit schar­fen Waf­fen auf die Jugend­li­chen und zogen ab.”
Um 14.30 Uhr erschien ein Bericht über einen paläs­ti­nen­si­schen Anwalt, der aus Salfit her­aus­ge­fah­ren war und in der Sied­lung Ari­el von einem Wach­mann oder einem ande­ren israe­li­schen Zivi­lis­ten erschos­sen wur­de. Als Grund wur­de der Ver­dacht ange­ge­ben, er wol­le einen Anschlag mit einem Auto verüben.
Um 14.35 Uhr ging eine War­nung ein, dass Sied­ler in der Nähe von Ni’­lin auf paläs­ti­nen­si­sche Autos schie­ßen. Um 15.30 Uhr kam ein Bericht über einen Sied­ler­an­griff auf die Stadt Ein­abus, die west­lich von Hawa­ra liegt und an die Sied­lung Yitz­har und ihre Außen­pos­ten grenzt.
“Die Sied­ler ver­su­chen, in eines der Häu­ser ein­zu­drin­gen”, sag­te die Stim­me in dem bei­gefüg­ten Video und warn­te die Bewoh­ner, sich vom Fens­ter fern­zu­hal­ten. Zwei Bewoh­ner wur­den durch die Schüs­se ver­letzt, wie spä­ter berich­tet wurde. …

Die Mög­lich­kei­ten der Paläs­ti­nen­ser, bedroh­ten Gemein­den zu hel­fen, sind ein­ge­schränk­ter denn je. Seit Sams­tag hat die IDF vie­le Ein- und Aus­gän­ge zu paläs­ti­nen­si­schen Städ­ten und Dör­fern blo­ckiert, indem sie Beton­blö­cke und Erd­hü­gel auf­stell­te und bereits vor­han­de­ne Eisen­to­re ver­rie­gel­te. Ein paläs­ti­nen­si­scher Jour­na­list beob­ach­te­te, dass die israe­li­schen Trup­pen in der Nähe die­ser neu­en Stra­ßen­sper­ren kei­ne Pos­ten besetzten.
Die Städ­te und Dör­fer sind von­ein­an­der abge­schnit­ten, wobei die Abrie­ge­lung in der Nähe von Jeru­sa­lem beson­ders streng ist. Ein Beam­ter einer inter­na­tio­na­len Hilfs­or­ga­ni­sa­ti­on erklär­te gegen­über Haa­retz, dass es unmög­lich sei, zwi­schen dem Nor­den und dem Süden des West­jor­dan­lan­des zu rei­sen. Die Stra­ße zwi­schen Beth­le­hem und Hebron ist für Paläs­ti­nen­ser nahe­zu unzugänglich. …

Auf den Haupt­stra­ßen gibt es fast kei­ne Autos in paläs­ti­nen­si­schem Besitz mehr. Selbst die­je­ni­gen, die einen Weg aus den Städ­ten fin­den, wagen es nicht, auf der Stra­ße zu fahren.
Eines der wich­tigs­ten Zie­le der Sied­ler ist es, paläs­ti­nen­si­sche Fahr­zeu­ge von den Haupt­stra­ßen des West­jor­dan­lan­des zu ver­drän­gen. Manch­mal set­zen sie die­ses Ziel um, indem sie die Zufahrts­stra­ßen in und aus den Städ­ten blockieren.
Die Abrie­ge­lung der paläs­ti­nen­si­schen Städ­te und das Feh­len paläs­ti­nen­si­schen Ver­kehrs auf den Haupt­stra­ßen erleich­tern dem Mili­tär in die­sem ange­spann­ten Moment die Kon­trol­le des Gebiets. Und als Neben­pro­dukt set­zen sie den Plan der reli­giö­sen zio­nis­ti­schen Füh­rer, die Paläs­ti­nen­ser ver­schwin­den zu las­sen, in die Tat um.

 

 

 

 

Die Reichsidee 106
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