Vielleicht haben Sie den SVP-Flyer gegen die »Erleichterte Einbürgerung« von jungen Drittgeneration-Ausländern schon in die Hand bekommen. Oder es wird bei Gelegenheit sicher noch passieren. Im obigen Text (Originalausschnitt aus dem Flyer) von nur sechs Zeilen kommen schon jede Menge Ungereimtheiten vor, die richtig gestellt gehören:
Das “lasche Einbürgerungspraxis”-Märchen
Im Text oben: »Die lasche Einbürgerungspraxis …« Das ist falsch!
Auf dem Weg zum roten Pass gibt es viele Hürden. Die Schweiz ist bei der Vergabe der Staatsbürgerschaft deutlich strenger als viele andere europäische Länder.
Mit einer Einbürgerungsquote von 1.2% liegt sie unter dem europäischen Durchschnitt.
Der “nicht integriert”-Schwindel
Im Text oben: »So werden Personen eingebürgert, die nicht integriert sind und sich nicht mit unserem Rechtssystem identifizieren.« Das ist falsch!
Diese Aussage ist schlicht gelogen. Artikel 20 des neuen Bürgerrechtsgesetzes hält fest: “Bei der erleichterten Einbürgerung müssen die Integrationskriterien nach Art. 12 erfüllt sein”. Diese Integrationskriterien sind die gleichen wie bei der ordentlichen Einbürgerung. “Erleichtert” wird lediglich das Verfahren, nicht aber die Integrationskriterien.
Die “unkontrolliert”-Lüge
Im Text oben: “Sie erhalten unkontrolliert das Stimm- und Wahlrecht.” Das ist falsch!
Automatisch und unkontrolliert wird in der Schweiz auch in Zukunft niemand eingebürgert. Es braucht weiterhin ein Gesuch, woraufhin der Bund das Verfahren durchführt und sämtliche Kriterien, die für ein erleichtertes Verfahren und für die Einbürgerung erfüllt sein müssen, überprüft. Dabei bleiben die Integrationskriterien identisch mit jenen der ordentlichen Einbürgerung. Bei der Überprüfung dieser Kriterien konsultiert der Bund die Kantone und diese wiederum die Gemeinden. Sowohl die Kantone als auch die Gemeinden haben dabei ein Beschwerderecht (Art. 47 nBüG).
Die SVP erwähnt auf ihrem Flyer inklusive Kleingedrucktem mit keinem Wort, dass es bei dieser Vorlage ausschliesslich um die dritte Generation geht. Als SVP-Nationalrat Andreas Glarner (das ist der, der einen Stacheldrahtzaun um die Schweiz forderte) in der Arena darauf angesprochen wurde, warum eine solche für diese Abstimmung zentrale Information vorenthalten werde (Minute 51:20), sagt er: “Es gibt halt nicht so viel Platz, wir können ja keine Romane abdrucken.” = Trump’sche Rechtfertigung von Postfaktischem?
Franz Büchler
Feb 6, 2017
Ergänzung:
http://www.matthiaszehnder.ch/wochenkommentar/schweizermacher/