Papa Moll. Für einen Teil der kindlichen Leser ein Trottel, für die anderen ein bewundernswerter Vater, der viel Zeit für die Kids aufbrachte. Und jetzt kommt der Film. Unweigerlich und unvermeidbar. Dazu ein paar Infos und Gedanken:
„Die Comic-Figur Papa Moll schuf Edith Oppenheim-Jonas in den 1950er Jahren im Auftrag der Pro Juventute, welche den ausländischen Comics eine schweizerische Kinderfigur gegenüberstellen wollte. Die Abenteuer von Papa Moll und seiner Familie erschienen ab 1952 in der Jugendzeitschrift Junior, ab 1967 auch in Buchform.“
So recherchiert ist es auf Wikipedia zu lesen. Bloss, — das stimmt nicht. Dazu später.
Zur Zeit wird der Papa Moll, der seit 1952 mit einem Augenzwinkern, aber moralindurchtränkt die Schweizer Kinder begleitet. Keiner kommt oder kam davon. Auch mir wurde nichts erspart. Jetzt wird die Figur als Film aufbereitet und lebhaft beworben. (BZ vom 23.8. letzte Seite).
Klar, mit Schweizer Filmen lässt sich hierzulande nur Geld machen, wenn die Geschichte bereits bekannt ist. Da weiss man, was man hat:
Spyris „Heidi“ zum 3. mal, Helds „Rote Zora“, Carigets „Schellen Ursli“, Schädelins „Mein Name ist Eugen“ und nicht zuletzt, Schillers „Tell“, auch zum xten mal. Schweizer Leser werden früh mit erfundenen Geschichten gefüttert. Von klein auf und immer wieder. So bleibt man zur Genüge durchgeknetet, um auch den leibhaftig lebenden Märchenerzählern Glauben zu schenken.
Die Papa Moll-Verfilmung setzt nun aktuell der Literaturfledderei die Krone auf. Das Aufrühren in der patriotischen Suppenküche kennt keine Grenzen, keinen Anstand. Wir werden das Aufgerührte und Aufgeführte weiterhin auslöffeln.
Nur, “Papa Moll” ist ein Plagiat der Edith Oppenheim. Das Original “Vater und Sohn” stammt von Erich Ohser, von den Nazis mir Arbeitsverbot belegt. zeichnete dieser weiter unter dem Pseudonym e.o.Plauen. Bis er, nach einer Denunziation, von den Nazis in den Selbstmord getrieben wurde. Unmöglich, dass die Schweizer Kinder von einem kommunistischen Zeichner jahrzehntelang “indoktriniert” wurden. Vermutlich deshalb wurde Frau Oppenheim nie öffentlich mit dem Plagiatsvorwurf konfrontiert. Ohser war tot, seine Geschichten gut, der Krieg war kalt und Kommunisten schickte man von der Schweiz nach Sibirien einfach. Da konnte wohl kein Kommunist für die beliebteste Comic-Figur neben Globi als Urheber bezeichnet werden.
Dass dieses Theater heute weiter betrieben wird, dass Ohser mit keinem Wort erwähnt wird, dass die vermeintliche Schöpferin nicht nur in ihrem Wohnort Zurzach weiterhin hochgejubelt wird, peinlich.
Dass 70 Jahre nach dem Tod des Autors die Verwertungsrechte erlöschen, 2014, ist wohl der Beweis dafür, dass die Filmemacher den Sachverhalt sehr wohl kennen. Lägen die Rechte bei Frau Oppenheim, müssten sie mit der Filmproduktion bis 2071 warten. Dannzumal wird nicht mehr gelesen, und ob noch jemand ins Kino geht?
Immerhin gibt es in Berlin vor der Strafanstalt Moabit einen Stolperstein, der an e.o.Plauen, den Schöpfer von Papa Moll erinnert. Siehe Titelbild.
Diego Persenico
Aug 26, 2016
Papa Moll war ein Grund um zum Coiffeure zu gehen, denn dort erhielt man die Neueste Zeitschrift von Papa Moll.
Werner
Aug 26, 2016
Stolpersteine sind dazu da, darüber zu stolpern. Danke für den Hinweis.
Werner