Nun ruft das Jungvolk wieder zum Klimastreik auf. Zum zweiten internationalen Klimastreik. Und die Zögerer, Zauderer und Problemleugner schimpfen sich wieder die Lippen franslig:
… die, dauernd mit ihren Smartphones … die, mit ihrem Fastfoood … die, mit ihrem Littering … die, mit ihrem Schuleschwänzen … usw.
Doch das perfideste Argument kommt dann meist am Schluss: »Die sollen bei sich selbst anfangen, jeder Einzelne soll bei sich anfangen.«
Das ist ganz klar und ist ganz wahr,
nur ist es auch ein Totschlagargument*.
Es gibt in der ganzen Klimaproblematik nun einfach ganz wichtige Dinge, die nicht jeder einzelne Mensch in Bewegung bringen kann. Dazu braucht es die Regierungen, dazu braucht es die Politik, dazu braucht es die Autoindustrie, dazu braucht es die Energiekonzerne, dazu
braucht es die Konsumgüterindustrie, dazu braucht es die Nahrungsmittelindustrie, usw. Und zwar braucht es nicht nur die Namen von Firmen, Parteien und Gewerkschaften, es braucht die Verantwortlichen Entscheidungstragenden, die Menschen hinter diesen »Organisationen«.
Doch schauen wir zurück in die 1980er-Jahre:
Damals erstickten die Städte in den Stickoxyden NOx (heisst es darum ersticken?), die Bevölkerung wuchs, die Motorisierung wuchs und damit auch die Belastung mit den Autoabgasen.
Da tauchte die Möglichkeit des Katalysators auf. Damit wäre die Belastung der Luft für Bevölkerung und Natur reduzierbar gewesen.
Wäre es nach der Automobilindustrie und ihrer Lobby gegangen, wäre der Katalysator noch heute eine kostspielige Zusatzoption, die man frei wählen könnte. Für sie wäre es eine weitere Möglichkeit gewesen, sich eine goldene Nase zu verdienen. Eine allgemeine Verbesserung wäre wohl nur ganz allmählich gekommen und die Gutmenschen, die den Katalysator einbauten, wären sich nach ein paar Jahren als echt beschissen vorgekommen.
Zu stark war die Umweltbewegung damals, zu gross war die Belastung der Bevölkerung durch Smog — und so konnte der Katalysator gesetzlich für alle Neuwagen obligatorisch erklärt werden. Hätte man das damals jedem Einzelnen überlassen, wie man das heute im Bereiche CO2 machen will — nicht auszudenken …!
*Totschlagargumente sind inhaltlich nahezu leere Argumente, also Scheinargumente, bloße Behauptungen oder Vorurteile, von denen der Sprecher annimmt, dass die Mehrheit der Diskussionsteilnehmer entweder mit ihm in der Bewertung übereinstimmt oder keinen Widerspruch wagt, da dies in der öffentlichen Meinung auf Ablehnung stößt (siehe Schweigespirale).
Killerphrasen (killer phrase) wird umgangssprachlich oft synonym für „Totschlagargument“ benutzt. Im Gegensatz zum Totschlagargument fehlt der Killerphrase aber der argumentative Schein, der damit unmittelbar die Absicht ausdrückt, ein Gespräch, eine Diskussion oder einen kreativen Prozess beenden zu wollen. Der Begriff geht auf Charles Clark zurück.
Übrigens:
Christoph Meury
Mai 4, 2019
Die Gemeinde Birsfelden hat rund 30 Fahrzeuge im Einsatz. Alles diesel- oder benzinbetriebene Autos, LKWs oder Spezialfahrzeuge. Die FDP wollte wissen, ob es elektrisch betriebene Alternativen dazu gibt. Nein, gibt es nicht, sagt der Gemeinderat. Dann fabuliert er über die Batterieproblematik und macht sich Sorgen über den Rohstoffabbau in der Herkunftsländern. Kein Wort über die CO2-Belastung, die Dieselproblematik und die Lärmbelastung der bisherigen mobilen Dreckschleudern.
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Kurzum: Die Situation aus Sicht der Verantwortlichen ist alternativlos. «Man beobachtet den Markt«, legt die Hände aber im Weiteren in den Schoss.
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Nur: Wer kein Ziel und keine Strategie hat ist eine Lame Duck! Daher braucht es den Druck von der Strasse. Es braucht die Jungen, die Dampf machen. Als Revival: «Nieder mit den Alpen, freie Sicht auf’s Mittelmeer!«
Gasser Alex
Mai 4, 2019
Die Jugend rüttelt wach, doch mir fehlt der Glaube. Wie viele junge der 68er Bewegung waren später in den Firmenspitzen und Universitäten zu finden gewesen, weitab ihrer damaligen Ideen?
Mich würde das persönliche Verhalten der heute Demonstrierenden interessieren, wo waren sie in den Ferien, mit welchem Transportmittel, wie bewegen sie sich im Alltag?
Christoph Meury
Mai 4, 2019
Es ist das Privileg der Jungend wachzurütteln und die Schlafmützen in Politik & Verwaltung auf Vordermann zu bringen. Dafür müssen sie sich nicht legitimieren.
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Ansonst gilt: Es sind die klugen Ideen und innovativen Projekte, welche uns vorwärtsbringen. Ideologisch wasserdichte Positionen interessieren heute kaum jemand und widerspruchsfrei lebt niemand.
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Ergo bleibt die Frage nach den zukunftsweisenden Ideen und den pragmatischen Umsetzungen.
Franz Büchler
Mai 4, 2019
Da gibt es nur eines, lieber Alex:
Geh am 24. Mai an die Demo und frag sie — wenn du es wirklich wissen willst und deine Frage nicht nur paternalistisch in den Raum stellen willst!
ueli kaufmann
Mai 4, 2019
Ja Hallo, lieber Alex
Hier bin ich, geboren 1948, also 1968 gerade 20 Jahre alt. Eben hatte Rudi Dutschke zum „Marsch durch die Institutionen“ aufgerufen. Daran habe ich mich orientiert: nach 20 Tagen Haft wegen Störung und Sabotage des öffentlichen Verkehrs, Schullehrer, Ochsentour in einer staatstragenden Partei, Zum Schluss Landrat, Präsident der Begnadigungskommission.
In zwei- drei Fällen darf ich mir eine Feder an den Hut stecken. Und sonst? Was habe ich bewirkt?
Wie soll ich heute die Jugendlichen beeinflussen?
Es gab damals noch neben dem „Marsch durch die Institutionen“ einen anderen Slogan: „Macht kaputt, was Euch kaputt macht!“
Sollten wir heute nicht das Jungvolk (SVP-Jargon) unterstützen um das zu verhindern? Wir, Du und ich, werden es nicht mehr erleben, aber es muss und wird so kommen.