Am kommenden Sonntag, dem 18. Mai ist Abstimmungstermin, das heisst, die Stimmberechtigten sind wieder einmal aufgefordert, an der Urne das Resultat der monate- oder gar jahrelangen Diskussionen in Parlament, Kommission und Regierung mit einem simplen Ja oder Nein abzusegnen bzw. zu verwerfen. Zuweilen ist das gar nicht so einfach, weil die Themen komplex sind. Deshalb kann es durchaus auch vorkommen, dass man für die Entscheidungsgrundlage auf den Bauch oder die Ideologie zurückgreifen muss. Es ist selbst für gebildete und interessierte Menschen teilweise überfordernd, sich mit der ganzen Fülle an Details der Vorlagen beschäftigen zu können…
Als Hilfestellung gibt es zwar einiges: Ein Beilageheft zu den Abstimmungsunterlagen, neutrale Plattformen (z.B. vimentis.ch), Diskussionen in Print- und anderen Medien und mittlerweile auch durchaus gut gemachte Erklärungsvideos auf youtube:
Die gibt es nicht nur zum Gripen, sondern auch zu weniger viralen Vorlagen. Zu Risiken und Nebenwirkungen empfehlen wir beispielsweise das politnetz oder easyvote. Sogar der Bundesrat überlegt sich, so künftig mehr junge Stimmende an die Urne zu locken.
Denn — so hat es sich z.B. bei der Masseneinwanderungsinitiative (MEI) gezeigt — es ist gerade die ganz junge Generation, die den Abstimmungssonntag verschläft auslässt und damit werden anscheinend auch die Prognosen von Wahlfrosch Longchamps etwas ungenauer. Und die Analyse zum Birsfelder Rekord-Resultat zur MEI (60% Ja) lässt auch heute noch auf sich warten. Den unklaren Vorzeichen zum Trotz: Wir wagen trotzdem ein Abstimmungsorakel.
Dazu beschreiben wir kurz den gemeinen Birsfelder (und meinen damit auch die Birsfelderin):
- Agglomerationsgemeindebewohner: Fühlt sich zwar äusserst urban, lacht gerne über den Oberbaselbieter und dessen Dialekt, Fasnächtler, geht regelmässig an den FCB-Match und gumpt bei den entsprechenden Fan-Gesängen, findet die Fusionsidee allerdings dann doch etwas übertrieben und die Basler zu grün.
- Netto-AHV-Bezüger: Die Altersstruktur in Birsfelden ist unausgeglichen. Den wachsenden Schülerzahlen steht immer noch eine Übermacht an Ergrauten gegenüber. Es fliesst monatlich mehr Geld aus der AHV-Kasse nach Birsfelden als umgekehrt. Trotzdem: Der Birsfelder hat das ganze Leben gearbeitet, einbezahlt und nun die Rente auch verdient. Statt Goldküste bleibt er aber an der Rheinküste, ob in der Wohnung oder dem kleinen Einfamilienhäuschen.
- Politmuffel aber nicht unpolitisch: Die ewigen Streiterein auf Lokalebene haben dem Birsfelder die Lust am Politisieren geraubt. An den Besuch der letzten Gemeindeversammlung kann oder mag er sich kaum mehr erinnern, so gross war das Chaos, als es um das Kraftwerkhochhaus ging. Beim Schwatz im Coop oder in der Beiz behält er die Meinung lieber für sich. Vielleicht biegt unverhofft der Nachbar bei der Charcuterie aus der Tiefkühlgasse. Bei der Sammlung für die nächste Initiative vor dem Laden setzt er aber seine Unterschrift drunter — den Sammler kennt er schliesslich persönlich. Und er kommt schneller weg, wie wenn er begründen müsste, warum das nun doch nicht so eine gute Idee sei. Trotzdem: Bei der nächsten Abstimmung macht er vermutlich mit. Und eine Lieblingspartei hat er irgendwie dann doch.
Daneben gibt es noch die, die gar nicht abstimmen gehen (und deshalb in der Betrachtung keine Rolle spielen) und die, die nur gehen, wenn es um sehr wichtige Sachen, wie höhere Vignettengebühren oder Minarette geht.
So und nun zur Prognose des Birsfelder Resultats (Achtung: Dies ist keine Wahlempfehlung):
Gripen: Wird mit ca. 58% Ja angenommen.
Mindestlohninitiative: Wird mit 62% Nein abgelehnt.
Pensionskasse: Wird mit mind. 67% Ja angenommen.
Gewerbeparkkarte: Wird mit etwa 89% Ja angenommen.
Angaben ohne Gewähr, dafür auch ausserhalb der Bürozeiten abrufbar. Pädophilen- und Ärztevorlage überlassen wir eurer Phantasie oder der Kommentarspalte.
hasira
Mai 15, 2014
Also wenn schon vom “gemeinen Birsfelder” geschrieben wird, dann bitte auch …
… oder sind die Birsfelderinnen nicht gemein?
Diego Persenico
Mai 15, 2014
Ich finde Birsfelderinnen sind viel gemeiner.….
florian dettwiler
Mai 15, 2014
Gemein(t) sind natürlich alle. Besonders gemein nur die Redaktion 😉
Aber woher kommt eigentlich das Wort “Gemeinde”?
hasira
Mai 18, 2014
Deine Prognose, dass der Gripen mit 58% angenommen wird, lag böse daneben. der Bund mit 46% und Birsfelden mit 35% gefallen mir da schon besser.
Beim Mindestlohn hast du das Birsfelder Resultat fast getroffen. 3% in Voraussagen sind noch in der Fehlertoleranz. Ebenso bei der Parkkarte.
Bei der Pensionskassensache sind die Fehlermargen etwas höher, aber noch in der Toleranzzone.
Also noch etwas Verbesserungspotenziel bei Militärvorlagen …
Bin gespannt auf die nächsten Orakel.
florian dettwiler
Mai 19, 2014
Stimmt, da hat mich das Birsfelder Stimmvolk — glücklicherweise positiv — überrascht. Hätte nicht gedacht, dass in Zeiten der Ukraine-Krise der Anteil der Gripen-Gegner weit über die 30% geht, die vor 9 Monaten der Wehrpflichts-Abschaffung zugestimmt haben. Das gesamte Resultat des “bürgerlichen” Baselbiets steht da ein bisschen schräg in der Landschaft. War Ueli mit seinem Chalet nicht in BL?
Dann noch ein Gerücht: Nach der Annahme der Pädophilen-Initiative überlegt sich die katholische Kirche ebenfalls, eine Initiative zu lancieren: Lebenslanges Verbot von beruflicher oder ehrenamtlicher Tätigkeit im Zusammenhang mit Kassen und Geld für verurteilte (Un-)Treuhänder.
annacarla
Mai 19, 2014
Ich habe die kath. Kirche nicht in die Diskussion gebracht. Ein Gerücht hingegen habe ich gehört. Die stellen z.Z.Listen zusammen, wem nach der Pädoinitiative gekündigt werden muss. Ich lese schon den Blick-Titel: Kath Kirche muss hunderte von Mitarbeitern auf de Strasse stellen. Hoffentlich treffen die dort nicht zufällig auf Minderjährige.