Am 18. Mai stimmen wir über die Eidgenössische Volksinitiative »Für den Schutz fairer Löhne« (Mindestlohn-Initiative) ab.
Die Initiative bezweckt ganz kurz gesagt, dass man von seinem Lohn ohne Sozialhilfe seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. 2010 waren es rund 9% der arbeitenden Bevölkerung, die den Mindestlohn nicht erreichten.
Die Hauptkritikpunkte der Gegner sind:
Die Initiative ist zu pauschal formuliert und berücksichtigt die unterschiedlichen Branchen und Regionen nicht.
Es steht allen Branchen und Regionen frei die Mindestlöhne höher als 4000 Franken zu variieren. Auch so können die eventuell notwendigen Unterschiede ja beibehalten werden! Wo liegt das Problem? Da bei den Niedrigverdienern der grösste Teil des Lohns in Nahrungsmittel, Krankenkasse, etc. gehen, die weder von der Branche noch von der Region abhängig sind, ist dies einfach nur ein trauriges Scheinargument.
Die Initiative verstösst gegen die Gesetze des freien Marktes.
Dazu müsste man eigentlich nur Fragen:
»Sind wir nun schon so weit, dass die Gesetze des sogenannt »freien Marktes« über der Verfassung der Schweiz stehen?«
Wo bleibt da eigentlich die SVP, die ja, wie sie sagt, die einzige Verteidigerin der Freiheit und Unabhängigkeit in unserem Lande sei? Verteidigt sie auch die Unabhängigkeit von den »freien Märkten«? Eigentlich müsste man in diesem Falle die SVP an ihrer Parole zu diesem Thema messen! Doch weit gefehlt, sie mag auch in diesem Falle, wie bei der Abzocker-Initiative, ihre reichen Parteigänger und Parteigängerinnen nicht enttäuschen …
Die Initiative gefährdet Arbeitsplätze und schlussendlich den Wirtschaftsstandort Schweiz.
Es stellt sich die Frage, ob es wirklich die Löhne sind, die die Hochpreisinsel Schweiz gefährden, oder ob es nicht andere Fakten sind, wie z.B.:
Lohndumping in diversen Branchen.
Innovationshemmungen durch Ausruhen auf den Lorbeeren.
Steuerdumping und und ‑konkurrenzierung in Europa und innerhalb der Schweiz.
Gegenüber dem Ausland unfaire Bankengesetze, die heute mit Milliarden Strafen abgegolten werden müssen. Geld das fehlt, resp. einigen Banken das Bezahlen von Steuern erspart.
Vielleicht könnte ja der Mindestlohn tiefer angesetzt werden, wenn sich endlich die sogenannten VolksvertreterInnen zu einer Kartellgesetzrevision entschliessen könnten die Hand und Fuss hat, inklusive Zähne, was die Lebenshaltungskosten verringern würde.
Wenn gewisse Unternehmen, die schon heute nicht rentabel sind, wegen dem Mindestlohn untergehen, wären sie auch ohne über kurz oder lang untergegangen. Es kann ja nicht sein, dass Arbeitnehmende ihre Betriebe via Hungerlöhne subventionieren müssen und den Patrons eine geschützte Werkstatt erhalten.
Also nicht so, wie dies Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands zynisch sieht: »Nicht jeder Lohn kann für eine Familie existenzsichernd sein. Wo ausnahmsweise das Haushalteinkommen nicht ausreicht, gewährleisten Sozialversicherungen und Sozialhilfe die Existenzsicherung.«
Und wenn die FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter auf NZZ-Online sagt »Löhne und Arbeitsbedingungen sind Verhandlungssache und liegen in der Verantwortung der Sozialpartner«, dann ist das nicht mehr als Abstimmungsgeplapper. Die Swiss Retail Federation, ein Verband der Detailhändler, dessen Präsidentin sie ist, wehrte sich bis heute erfolgreich dagegen, um einen Gesamtarbeitsvertrag auch nur zu verhandeln.
Dass der Mindestlohn auch sehr viel Geld in den Wirtschaftskreislauf bringt, wird geflissentlich übersehen: in der Regel versinken die Zusatzverdienste durch die Mindestlöhne nicht in irgendwelchen Ersparnissen, Spekulationsobjekten, Steueroptimierungen, etc. Das heisst, diese Zusatzverdienste fliessen in den Konsum, in Investitionen, kurz in die Säcke der Leute, die heute das grosse Jammern veranstalten. Der Mindestlohnt stärkt die AHV und macht so die Renten sicherer.
Und darum braucht es den Mindestlohn, das hat sogar Oswald Grübel begriffen, wenn er am 20. April 2014 in der »Schweiz am Sonntag« sagt:
»Wenn wir als Gesellschaft nicht mehr in der Lage sind – weder von Seiten der Arbeitgeber noch vonseiten der Arbeitnehmer –, die Löhne so zu regeln. dass alle einigermassen damit überleben können, ist das ein Armutszeugnis.«
Und dass dies nötig ist zeigt schon alleine der Umstand, dass seit Sammelbeginn der Initiative im Januar 2011 von der Arbeitgeberseite her kein einziger, vernünftiger Vorschlag erfolgte, sondern nur das Arbeitsstellenverlustgebrabbel täglich zelebriert wurde.
Und die Weisheit zum Artikel:
»Die Unternehmen müssten eigentlich über die Produktivität
miteinander konkurrieren und nicht über ihre Fähigkeit,
die Löhne zu drücken, so wie sie das jetzt tun.«
Heiner Flassbeck,
ehem. Chef-Ökonom der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung
Ernst Lehmann
Mai 6, 2014
Der Mindestlohn ist genau so richtig, wie die Krankenversicherung für Jedermann. So wie jeder eine Krankenkasse haben sollte, sollte auch jeder in der Lage sein mit einem regulären Vollzeitjob gut über die Runden zu kommen.