Das Jahr ohne Som­mer. Wir spechen hier nicht vom Som­mer 2013 und natür­lich auch nicht vom Som­mer 2015, denn den ken­nen wir noch nicht. Wir sprechen von 1816, dem Jahr ohne Som­mer.

Aus dem Basel­bi­et
(nach www.baselland.ch Geschichte und Geschicht­en aus dem Basel­bi­et):
»Obwohl die erste Hälfte des 19. Jahrhun­derts für die Land­wirtschaft all­ge­mein gün­stig war, trat­en in den Jahren 1816/1817 gravierende Krisen auf. Der Grund lag in schlecht­en Ern­teerträ­gen, die sich nach ungün­sti­gen Wit­terungsver­hält­nis­sen ein­stell­ten. Die Lebens­mit­tel­preise stiegen der­art stark an, dass die unter­bäuer­lichen Schicht­en mit ihren knap­pen Einkom­men in Not geri­eten.«
»… hat­te es nur wenige, kleine und schlechte Kartof­feln gegeben. Quan­tität und Qual­ität des Fut­ters waren stark reduziert. Darunter hat­te die Viehzucht gelit­ten, und schliesslich – so hielt Pfar­rer Mer­ian fest – war wegen «anhal­tender Hem­mung des Com­merzes», beson­ders «des Sei­den­bandgewerbes», kaum mehr Bargeld vorhan­den.«

Aus der Deutschschweiz, vor allem Ostschweiz
(nach Schweiz­er Bauer):
»1816 schneite es jeden Monat min­destens ein­mal bis herunter auf 800 Meter über Meer — in der Deutschschweiz und den angren­zen­den deutschsprachi­gen Gebi­eten eben­so wie im Nor­dosten der USA und im Südosten von Kana­da.«
»Was auf den Feldern nicht dem Boden­frost zum Opfer fiel, ver­faulte wegen anhal­tender Regengüsse in der Erde oder wurde durch Über­flu­tun­gen wegen der über­mäs­si­gen Schneeschmelze weggeschwemmt. Die Folge war das Hunger­jahr 1817, als Getrei­de­preise bis zu 300 Prozent stiegen.

Vergleich der Temperaturen 1816 zum langjährigen Mittel 1971-2000 (Bild:Giorgiogp2)

Ver­gle­ich der Tem­per­a­turen 1816 zum langjähri­gen Mit­tel 1971–2000 (Bild:Giorgiogp2)

In der Deutschschweiz ass man aus Not die «eck­el­haftesten Speisen», berichtete der Chro­nist R. Zol­likofer: Brei aus Knochen­mehl oder zer­rieben­em Heu, gedör­rte Kartof­felschalen und – als Lecker­bis­sen – Hunde und Katzen. In der Inner­schweiz “haben die Kinder oft im Gras gewei­det wie die Schafe”, berichtete der Schwyz­er Armen­für­sorg­er Augustin Schibig (siehe Titel­bild aus dem Toggen­burg­er Muse­um Licht­en­steig).
Die Ster­ber­ate war im Hunger­jahr 1817 in der Schweiz dop­pelt so hoch wie im Durch­schnitt, wies ein BBC-Doku­men­tarfilm 2005 nach. Aus Rus­s­land, das von der Kli­makatas­tro­phe ver­schont geblieben war, schick­te Zar Alexan­der I immer­hin 100’000 Rubel in die Ostschweiz.«
Über die Ursachen dieses schlecht­en Wet­ters kon­nte man damals nur rät­seln. Und es dauerte 100 Jahre, bis die Ursache bekan­nt wurde.

10. April 1815:
Der gewaltig­ste Vulka­naus­bruch seit 7000 Jahren sorgte für diese Kli­maverän­derung. Der Vulkan Tamb­o­ra auf der Insel Sum­bawa (Indone­sien) schleud­erte etwa 140 Mil­liar­den Ton­nen Steine und Asche in die Luft und etwa 130 Mega­ton­nen Schwe­felverbindun­gen. In den Jahren vorher waren schon vier weit­ere grosse Vulka­naus­brüche geschehen. Der Schleier dieser Staub­par­tikel und Gase ver­min­derte die Sonnene­in­strahlung so, dass im Som­mer Schnee fiel und sich im Nor­dosten der USA im Juli und August auf Seen und Flüssen Eis bildete. In Europa ver­ringerte sich die Durch­schnittstem­per­atur um 2 bis 4 Grad. (Karte anklick­en zum Ver­grössern.)

Dafür gab es feuer­rote Son­nenun­tergänge, 300% teur­eres Getrei­de, riesige Hagelkörn­er und wikipedia erzählt, Herr von Drais soll als Folge der Kli­maverän­derung das Velo erfun­den haben und deswe­gen gebe es auch das Buch Mor­mone …

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Krater des Tamb­o­ra. Die ober­sten 1500 m wur­den bei der Erup­tion weggeschleud­ert (Bild: NASA Earth Obser­va­to­ry)

 

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