Nach all den vielen Artikeln, die sich mit den Stellungnahmen der verschiedensten Gruppierungen und Parteien befassten, habe ich Lust auch meine Stellungnahme abzugeben. Vielleicht auch ein bisschen als Illustration, was mich bewegt. Vielleicht ist dann auch der eine oder andere meiner Kommentare verständlicher.
Ich mag das Projekt Camillo, das von der dazu bestellten Jury auserkoren wurde. Ich kann den Kommentar der Jury akzeptieren, obwohl ich eigentlich ein anderes Projekt vorgezogen hätte. Damit kein Missverständnis entsteht: Ich habe das andere Projekt nicht wegen mehr Grün vorgezogen!
Anmerkungen zum »Neuen Zentrum« von Franz Büchler zuhanden der Gemeinde Birsfelden
1. Zentrumsplatz
• Im ganzen Bereich Zentrumsplatz, aber auch In den Gassen, Brunnenplatz und Kastanienhof sollte ein öffentliches WLAN funktionieren. Ebenfalls schön wäre so etwas wie ein Internet-Café = Raum mit Internet, Schreib- und Druckgelegenheit gegen kleines Entgelt (gesponsert von Breitband?), eventuell mit Beratung für die Bedienung von Smartphones, Tablets und Computern durch Jugendliche für Alte 🙂 Z.B. in Verbindung mit der Bibliothek oder dem Museum (gleichzeitig Museumscafé?).
• Sympathisch wäre ein öffentlicher Bücherschrank »Hol eins, bring eins« wie z.B. in Basel (Volta), Olten oder Biel. Der Bücherschrank müsste nicht unbedingt auf dem Zentrumsplatz stehen, mögliche Orte wären auch Kastanienhof, Brunnenplatz vor der Stadthalle oder beim Museum …
• Der ganze Platz wird praktisch vom Café Messana dominiert. Eigentlich sollte er aber der Begegnung der Bevölkerung dienen. Hier muss mit attraktiven Sitzgelegenheiten für »nicht konsumorientierten« Aufenthalt noch einiges getan werden. (Man orientiere sich bei Jan Gehl)
• Noch offen scheint mir die Veloparkierung in Tramnähe zu sein (Vermittlung eines Sicherheitsgefühls für Spätheimkehrende). Erster Gedanke war dafür die Recyclierung der alten Unterführung, widerspricht aber wohl dem Sicherheitsdenken …
2. Weg zum Brunnenplatz
• Die überall verteilten Veloständer scheinen das Problem lösen zu wollen, dass man die Veloparkierung in Tramnähe vergessen hatte.
Man muss aber auch mit dem Velo nicht direkt vor jedes Haus fahren können, gleich wie die Autos. Die Architekten sind gefordert eine elegantere Lösung zu finden!
3. In den Gassen
• Die Dreierkombination von Gebäuden vor der Fensterfront des Schulhauses Birspark 1 lässt dem Schulhaus kaum Luft. Vor allem das höchste der Gebäude (8–9 Stockwerke) ist sehr happig.
Bei Verzicht auf den kleinen Block links (westlich) könnte der »Turm« links platziert werden, der Mittelteil nur leicht nach rechts verschoben werden.
Dadurch fällt ein kleiner Teil Wohnraum weg, das Schulhaus bekäme etwas mehr Luft (die Fensterplätze in diversen Fächern sind ja Geschichte), die Grünfläche zum Brunnenplatz könnte etwas vergrössert und der Platz luftiger werden.
• Ebenfalls eine Vergrösserung der Grünfläche ergäbe sich, wenn das Schulsekretariat wegfällt (Abriss) und in die Gemeindeverwaltung verlegt würde.
4. Brunnenplatz und Stadthalle
• Ein grosser, überdachter Veloständer entlang der nördlichen Fassade der Stadthalle könnte einige der zerstreuten Veloständer aufheben. Der Eingangsbereich der Stadthalle wird ja zum Brunnenplatz hin verlegt.
• Anstelle der zerstreuten Veloständer könnten überall Sitzgelegenheiten geschaffen werden, z.B. für die alten Leute vom Kastanienhof, die wegen der schweren Beine alle 50 Meter stillstehen, absitzen müssen (Man orientiere sich bei Jan Gehl).
5. Kastanienhof
• Keine besonderen Anmerkungen.
6. Allgemein (z.B. Klimaerwärmung)
• Die Bodenbeläge sollen der zunehmenden Erderwärmung angepasst sein. Das heisst möglichst hohe Albedo. Nicht dass nach zwei heissen Sommern wie in Los Angeles die Strassen weiss gestrichen werden müssen.
• Den Bäumen in den Strassen und Gassen sollte eine genügende Bewässerung gewährleistet sein. Eventuell mit Bewässerungssystemen, wie sie in Stockholm angewendet werden (Regenwasser der Dächer).
• Die bewachsenen Dächer sollten Regenwasser zurückhalten können.
• Zum Thema siehe auch: https://www.birsfaelder.li/wp/tag/klimawandel2/
7. Architektur
• Die Pflicht für die Planer (siehe Studienauftrag) zur möglichst kleinen Abwicklung der Gebäude ist schon fast Pflicht zur Langeweile (Siehe Studienauftrag Seite 27, Punkt 6.9)
• Es müssen ja nicht alles Gebäude im Stile von Mario Botta, Frank Gehry oder Richard Meier sein. Aber die BauherrInnen sollten irgendwie verpflichtet werden können, nicht nur »Little Boxes« hinzustellen. (Malvina Reynolds: https://www.youtube.com/watch?v=2_2lGkEU4Xs) Dazu gibt es auch eine berndeutsche Fassung von Bernhard Stirnemann.
So weit das, was die Gemeinde von mir erhalten hat.
Nach all dem Gejammer um mehr Grünflächen und mit der Kenntnis, dass eine Arbeitsgruppe (AG Stadtplanung), in der auch Hanspeter Moser vertreten war, erklärte: »10. Der Erhalt der »Alten Turnhalle« darf nicht “durch alle Böden” als sakrosankt angesehen werden.«, bin ich zum Entschluss gekommen, meine Fotomontage mit dem verschobenen Turm zu ergänzen:
• Die alte Turnhalle wir geopfert. Der Kastanienhof wird minimal verkleinert und bis etwas vor das Biotop verschoben. Der Hofraum des Kastanienhofs wird natürlich begrünt wie in Camillo vorgesehen.
• Das Dach des Kastanienhofs erhält eine begehbare Dachbepflanzung wie die Zürcher Hochschule der Künste und vielleicht auch andere Bauten im Bereich des Projekts Camillo.
• Ebenfalls müssen alle Dächer im ganzen Perimeter begrünt werden (geschickt geplante Begrünung und Solarmodule beissen sich nicht). Wenn immer möglich sollen auch die Fassaden zumindest teilweise begrünt oder bepflanzt werden, wie etwa die Konviktgasse in Freiburg i.B. oder sogar besser.
• Das Birsfelder Museum (mit dem Lift!) bleibt bestehen und wird renoviert und wieder mit Fensterläden versehen. So kann es als ältestes Schulhaus weiterbestehen, auch wenn das Glockentürmlein fehlt (darum kein Denkmalschutz!).
• An der nördlichsten Ecke des Kastanienhofs wird wie vorgesehen ein Café eingerichtet, dessen Aussenbereich durch das Museum von den Strassen abgeschirmt wird. Alle alten Bäume bleiben bestehen, alle Teerflächen (ausser ein Weg zur Migros) werden begrünt.
• Und schlussendlich habe ich auch gefunden, was ich längst suchte: Die Gemeinde Birsfelden könnte sich die Stadt Zürich als Vorbild nehmen und den gemeinnützigen Wohnungsbau in ihre Pläne aufnehmen.
So, das war’s. Und wem’s nicht passt, der soll etwas Besseres nicht nur schreiben, sondern auch bildlich vorstellen — oder sich e Stägge derzue stegge, wie meine Schwiegermutter in solchen Fällen sagte.
Und jetzt ist für mich Schluss mit Zentrumsartikeln bis Mitte Juli, dann soll ja auf http://www.zentrum-birsfelden.ch/ erscheinen, was aus den Dialoganlässen und Gesprächen resultiert hat. Was natürlich nicht heisst, dass Sie bis dann keine Kommentare mehr schreiben dürfen 🙂
Meury Christoph
Juli 2, 2018
Franz ist bereits beim Feintuning. Zumindest hat er bereits ein öffentliches WLAN vorgesehen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Allerdings sagt auch Franz nichts zum Wohnprojekt im neuen Zentrum. 165 Wohnungen für 350 Menschen will man realisieren. Hält Franz dieses Ziel für realistisch, oder will er redimensionieren? Oder das Angebot outsourcen?
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Man kann die verschiedenen Baukuben nicht einfach wie bei Legospielen hin und her verschieben, verkleinern oder Teile weglassen, ohne das ganze Gefüge (Architektur ist auch Komposition) zu verändern und Wohn- und Gewerberaum zu streichen (Flächenreduktion = Volumenreduktion).
Kurze Nebenbemerkung: Architektur & Stadtplanung ist hochprofessionelles Handwerk. Man lernt dies an entsprechenden Fach- und Hochschulen. Die meisten Planer haben zudem ein gerütteltes Mass an Praxiserfahrung.
Und: Jedes Wohngebäude hat auch einen entsprechenden Unterbau. Das Parkhaus »Kastanienhof« weist 63 Parkplätze aus und ist der statische Unterbau der darüber liegenden Gebäude.
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Auch über die Finanzierung finde ich bei der vorliegenden Stellungnahme keinen Hinweis. Das Projekt »Camillo« geht davon aus, dass die Gemeinde von den Investoren einen Baurechtszins erhält. D.h.: Je weniger Wohneinheiten und je weniger Gewerbebauten, umso weniger Baurechtszins. Im Klartext: Reduziert man das vermietbare Bauvolumen, reduziert man den Ertrag durch die Baurechtszinsen. Nimmt die Gemeinde weniger ein, kann sie die öffentlichen Anlagen (Grünanlagen) und die öffentlichen Bauten (Gemeindeverwaltung, Stadthalle, etc.) nicht mehr, oder nur sehr reduziert, finanzieren.
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Gerne hätte ich auch etwas über die potentiellen Investoren gelesen. Sind es die staatlichen Pensionskassen? Sind es Wohnbaustiftungen? Genossenschaften? Institutionelle Investoren? Welche Gebäude werden den Investoren angeboten? Von welchen Baurechtszinsen reden wir? Wie funktioniert die Ausgestaltung eines Poolings (unterschiedliche Baurechtszinsen, beispielsweise bei gemeinnützigem Wohnungsbau)? Wie beteiligt sich die Gemeinde an den Investitionen? Wer bezahlt das neue Museum, die Ludothek, die Bibliothek, den Spielplatz, die Gemeindeverwaltung?
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Die Gugger-Planung sieht eine kleinteilige Parzellenstruktur im Norden vor. Was heisst dies in Bezug auf die Architektur? Gibt es gestalterische Vorgaben? Werden hier verschiedenen Architekten zu Gange sein? Über wieviele Investitionseinheiten reden wir?
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Fragen über Fragen…
Aber schön wissen wir jetzt, dass die allgemeine Absicht besteht, den Museumslift zu retten. Auch die FDP hat sich dazu offensichtlich Gedanken gemacht (siehe bz vom 2.Juli 2018).
Franz Büchler
Juli 2, 2018
1. WLAN
Du mokierst dich etwas über Feintuning. Nun, ich denke man darf ab und zu auch etwas in die Zukunft schauen, zuhanden der Gemeinde.
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2. Grösse des Wohnprojekts
Wie du lesen kannst bin ich mit dem Konzept »Camillo« einverstanden. Wie du auch lesen kannst, redimensioniere ich ein klein wenig, zugunsten Schulhaus und Grünflächen.
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3. Architektur und Stadtplanung
Schön, die hohe Meinung, die du von Stadtplanern hast. Aber sicher auch wie ich, nicht einfach von allen. Darum dürfen auch Laien ihre Bemerkungen machen, vor allen dann, wenn sie auch Vorschläge zu eventuell möglichen Verbesserung machen.
Natürlich kann man den Kastanienhof nicht ohne seinen Unterbau verschieben, aber mit kann man es. Ich bin ja nicht blöd.
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4. Finanzierung / Investoren
Das Projekt »Camillo« ist mit der Anzahl Wohnungen eher an der oberen Grenze, die vorgesehen war. So erträgt es wohl eine minimale Reduktion. Aber ich gestehe es später den Guggers zu, zu einer andere Meinung zu kommen. Ich versuche nur auf einen minimalen Kompromiss zuzusteuern, denn ich mag das Projekt. Denken und Vorschläge machen ist ja gestattet.
Mit dem Hinweis auf die Gemeindeordnung der Stadt Zürich habe ich sehr wohl einen Hinweis zu möglichen Investoren gegeben, sogar zur Festschreibung, man muss es nur zur Kenntnis nehmen wollen.
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5. Parzellenstruktur
Da bist nun du schon im Feintuning 🙂
Die Kleinteilige Parzellierung wurde uns als Möglichkeit vorgestellt. Da finde ich es sinnvoll, das noch offener zu halten.
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6. Museumslift
Obwohl ich zum Birsfelder Museum eine ganz spezielle Beziehung habe, mich auch für diesen Lift eingesetzt habe, habe ich die Streichung des Museums durch das Projekt »Camillo« nie bekämpft.
Diese Bemerkung, lieber Christoph, empfinde ich als »unter der Gürtellinie«
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7. Advocatus diaboli
Ich habe deine oftmals vorgebrachte Kritik im Laufe der Zentrumsdiskussion meist als wohltuend empfunden. Auch die Kritik an meinem Vorschlag ist zum Teil vielleicht berechtigt. Nur meine ich, es wäre vielleicht Zeit, dass auch du konstruktive Vorschläge machst, wie das Projekt Camillo möglichst schadlos über die Runden gebracht werden kann.
Meury Christoph
Juli 2, 2018
@Franz
Wenn wir in die Zukunft denken, dann brauchen wir vorallem ein schnelles Internet, ein ultraschnelles Internet. Aber nicht primär für den persönlichen Gebrauch, sondern für’s Business. Vielleicht möchten zukünftig ein paar innovative Startups in Birsfelden andocken.
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Nein, ich gebe keine Stellungnahme ab. Ich war mit dem Vorgang einverstanden: Architekturwettbewerb, Jury-Auswahl, Mitwirkungsprozess, Einbringen in einer Kleingruppe, Nachbesserungen. Ich fand die Auswahl gut und bin mit dem Projekt »Camillo« d’accord.
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Und: Ja, ich habe volles Vertrauen in die Architekten. Insbesondere in Harry Gugger. Er scheint mir der Richtige für diese komplexe Planung zu sein. Ein Vollprofi. Und, nein ich bin kein verhinderter Architekt. Die architektonische Ausgestaltung überlasse ich voll und ganz dem Harry Gugger Studio.
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Ich hab’s schon gesagt: Die mehrteilige Parzellenstruktur ist eine echte Chance und bietet die Möglichkeit Projekte im gemeinnützigen & sozialen Wohnungsbau zu realisieren. Ja, Birsfelden soll wachsen. Ich freue mich auf neue EinwohnerInnen. Ich mag’s bunt und vielfältig.
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Die Sehnsucht nach Grünraum kann ich verstehen. Es ist aber unrealistisch dies im Zentrum auszuleben. Birsfelden bietet mehr (viel mehr): Kraftwerkinsel, Hardwald, Rheinufer, Birsufer, etc.
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»Camillo« ist nachhaltig: Gesellschaftlich/sozial, ökologisch, energietechnisch. Wenn man’s bezahlen kann, dann spricht nichts dagegen hier noch mehr zu fordern (Dachbegrünungen, Photovoltaik, von mir aus auch: Fassadenbegrünungen).
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Schulhaus und Pausenplatz: Wieviel Pausenplatz braucht eine SchülerIn, um artgerecht gehalten zu werden? Ist die aktuelle Asphaltwüste dafür Massstab? Oder wäre hier auch eine andere Erlebniswelt vorstellbar? Ja, wir müssen zuerst über Qualitäten reden, bevor wir den SchülerInnen mehr Luft und einen Fensterplatz mit Weitsicht zugestehen.
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Zuletzt: Wir planen nicht für uns. Wir agieren hier nur als Stellvertreter. Die späteren NutzerInnen sind bei diesem Diskurs leider aussenvor. Essentiell also die Frage: Wie können auch die Stimmen jüngerer Menschen miteinbeziehen? Welche Bedürfnisse haben die potentiellen BewohnerInnen? Das würde mich sehr interessieren.
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Nein Kompromisse auf Vorrat will ich nicht machen. Ich bin für’s Projekt »Camillo«, so wie es präsentiert wurde. Wenn die versprochenen Nachbesserungen im Herbst vorliegen, kann man zur Abstimmung schreiten.
Alex Gasser
Juli 2, 2018
Hat es sich schon herumgesprochen? Heute und morgen schaue ich Fussball. Dann packe ich meinen Koffer und fliege am Sonntag zusammen mit Tochter und ihren zwei Buben nach Menorca. Und wenn ich gesund und gebräunt wieder zurückkomme, werde ich mich wieder in die Zukunft Birsfelden einklinken.
Betty C.
Juli 6, 2018
Ich mag übrigens das Projekt Camillo vom Studio Gugger ebenfalls ! Bin sehr gespannt, welche Verbesserungen wie gemacht werden ! Denn es gibt durchaus Luft nach oben. Auch ich werde mich demnächst in südlichere Gefilde verziehen und dem Dolcefarniente frönen.
Franz Büchler
Juli 7, 2018
Also ich werde erst am 22. in die Ferien gehen …