Heute stellt sich mir noch einmal die Frage des oft geforderten Grünkorridors.
Übrigens: Der Studienauftrag fordert hauptsächlich einen begrünten Korridor. Ist das das Gleiche wie ein Grünkorridor?
Grünkorridor ist ein verwirrlicher Begriff, denn was bedeutet hier Korridor? Ein Verbindungsgang in einem Gebäude ist es nicht. Ein enger Verkehrsweg in einem Ballungsraum? Auch nicht. Eine schmale Zone, die Zugang über oder durch fremdes Territorium gewährt? Nein.
Eine Verbindung zwischen isolierten Lebensräumen? Der ökologische Begriff des Korridors?
Dazu müssten die isolierten Lebensräume klar sein, mindestens zwei. Rhein und Birs als isolierte Lebensräume also? Und welche Lebewesen zirkulieren zwischen diesen isolierten Lebensräumen? Getrennt durch zwei verkehrsreiche Strassen. Für welche Tiere ist das gedacht? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, dass diese Lebewesen diesen Korridor auch wirklich benützen?
Bitte liebe Grünkorridor-Fordernde sagt mir:
Welche Tiere zirkulieren heute zwischen den »isolierten Lebensräumen«? Sind denn diese Lebensräume so isoliert? Welche Tiere sollen in Zukunft besser durch den Grünkorridor zirkulieren können? Wie werden die Bedingungen für diese Tiere beschrieben? Zirkulieren zwischen Birs und Rhein nicht vor allem Fische und Enten?
Oder wäre es einfacher zwischen Birs und Rhein einen kleinen Kanal zu bauen, in dem sich im Sommer Kinder und Erwachsene im Zentrum die Füsse kühlen können? Und in dem sich ab und zu ein paar Fische und Enten verirren? Irgendwie scheint mir das nicht ganz neu, darüber wurde doch schon einmal diskutiert, glaube ich …
Ein wieder ernster gemeinter Vorschlag wäre die Pflicht zur Fassadenbegrünung mit einheimischen Pflanzen. Es muss ja nicht gerade wie am Quai Branly in Paris aussehen:
Und eine Weisheit:
Es kann die edelste Idee,
wenn eine Partei sich ihrer bemächtigt,
zu Tode gesündigt werden.
Peter Rosegger
Meury Christoph
Jun 29, 2018
Fassadenbegrünungen sehen hübsch aus, sind aber nicht das Gelbe vom Ei, meistens einfach ein Marketing-Argument, ein Alleinstellungsmerkmal.
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Das berühmteste Beispiel, der »Bosco Verticale« in Mailand, ist ein Luxusbau mit vertikalem Wald. Die grüne Waldfantasie ist aber keine Schnäppchen: a) weil die Infrastruktur für das Bewässerungssystem & die Aufforstung des Waldes 5% der Bauinvestition ausmacht, beim »Bosco Verticale« sind das 4.5 Mio. € (bei Baukosten von 85 Mio. €), b) ist der Unterhalt arbeitsintensiv, ein paar Gärtner sind das ganze Jahr damit beschäftigt den Wald à jour zu halten. Fazit: Es ist billiger & effizienter andernorts Grünraum anzulegen. Die Fassadenbegrünung verteuert das Bauen und damit letztlich die Mieten. Die Idee ist nur für Leute mit dickem Portemonnaie erschwinglich.
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Ich hab’s schon gesagt: Im stark frequentierten Zentrumsraum kann ein Grüngürtel/Korridor nur unter den Kriterien »robust« und »strapazierfähig« angelegt werden. Das Zentrum wird benutzt: 350 neue BewohnerInnen, SchülerInnen der beiden Schulhäuser, BesucherInnen von Museum, Bibliothek, Stadthalle und Gemeindeverwaltung. Alle werden das Zentrum durchqueren, sich hier verweilen. Es scheint mir daher unrealistisch von einem sensiblen Grünraum, mit seltenen Pflanzen und Tieren auszugehen. Die Tiere & Pflanzen wären in Bälde zertrampelt. Eine unschöne Idee.
Franz Büchler
Jun 29, 2018
Schau dir doch noch einmal den Link zum Thema Fassadenbegrünung an. Es gibt durchaus auch gute Gründe dafür.
Es spricht ja niemand von senkrechten Wäldern an vierstöckigen Häusern, sondern von vernünftigen und auch pflegearmen Möglichkeiten wie Efeu, wilden Reben, Glyzinien und so weiter …
Meury Christoph
Jun 29, 2018
Im privaten Bereich sind Fassadenbegrünungen in jedem Fall okay. Wir haben bei uns auch ein wild wuchernde Glyzinie. Eine Augenweide!
Im öffentlichen Raum bin ich skeptisch. Aber es gibt gute Beispiele.
Trotzdem: Begrünte Fassaden sind arbeits- und kostenintensiv. Man muss sich die Zeit nehmen, sonst sehen sie in kürzester Zeit jämmerlich aus.
Das Stoll-Haus in Münchenstein ist ein schlechtes Beispiel. Angekündigt wurde eine üppige Begrünung (animierte Werbebildchen). Geblieben ist eine popelige Bepflanzung mit mickrigen Pflänzchen.