Franz Büchler und Christoph Meury wollen ins Geschehen eingreifen. Mit einem Antrag an den Gemeinderat von Birsfelden wollen die selbsternannten Hafenspezialisten & Areal- und Stadtentwickler in spe der Gemeinde aus der leiden Situation heraushelfen und ihr für das »Areal 1550« die uneingeschränkte Handlungshoheit zurückgeben.
Nach der Devise: Lasst uns Nägel mit Köpfen machen!, haben die Beiden einen Antrag gestellt das Areal 1550 als reine Erholungs- und Grünzone zu deklarieren.
Wir nutzen die Sommerpause, um dem Gemeinderat die Möglichkeit zu geben bereits an seiner nächsten Sitzung (4. August) darauf zu reagieren.
Birsfelden, den 14. Juli 2020
Betrifft: Umzonung Areal 1550
Sehr geehrter Gemeinderat
Sehr geehrte Damen und Herren
Hiermit erlauben wir uns, z.H. der nächsten Gemeinderatssitzung, respektive Gemeindeversammlung, einen weiteren Antrag zu stellen.
Der Siedlungsdruck in der Gemeinde Birsfelden hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Die Areale entlang des Rhein stehen dabei seit geraumer Zeit im Fokus der verschiedenen Arealentwickler & Planer. Dabei entstehen durch divergierende Interessen zahlreiche Zielkonflikte. Die Situation ist verworren und es gilt hier Klarheit herzustellen. Wir fänden es daher sinnvoll, wenn die Gemeindeversammlung über die zukünftige Nutzung der Grünräume entlang des Rheins (vom Hafen bis zum Birsköpfli) entscheiden und die verschiedenen widersprüchlichen Aussagen in Bezug auf die Nutzung insbesondere der Parzelle 1550 (entlang der Schleusenanlage) bereinigen würde.
Um einen Diskurs in Gang zu bringen, um damit eine Klärung zu erreichen, haben wir einen Antrag für einen Zonenbereinigung der Parzelle 1550 eingebracht. Eine Zonenänderung soll die Parzelle 1550 der Spekulation nachhaltig entziehen und der Birsfelder Bevölkerung die Naherholungszone auch zukünftig uneingeschränkt zuzugestehen.
Mit freundlichen Grüssen
Franz Büchler und Christoph Meury
Erläuterung und Antrag
Kraftwerk Birsfelden und Umgebung — Parzelle 1550
Das Kraftwerk ist lediglich kommunal geschützt. Aber weder der kommunale Schutz, noch der Eintrag ins ISOS, noch ins Kulturgüterschutzinventar erzeugen einen Umgebungsschutz.
Die Parzelle 1550 (entlang der Schleusenanlage) gehört der Kraftwerk Birsfelden AG und liegt in der «Spezialzone Kraftwerk und Erholungseinrichtungen«. Das Reglement sagt dazu:
»1. In dieser Zone sind Bauten und Anlagen im Zusammenhang mit der öffentlichen Energiewirtschaft und dem Betrieb der Schifffahrtsanlagen sowie Erholungseinrichtungen zulässig.
2. Das bestehende Gebäude Nr. 60 beim Parkplatz kann mit Wohn- und/oder Büronutzung belegt werden, auch wenn kein weiterer Bedarf des Kraftwerks besteht. Ein Ersatzbau für eventuell später notwendig werdende Büronutzung ist nicht möglich. Geringfügige Erweiterungen am bestehenden Gebäude (zusätzlicher Erschliessungsbau mit Treppe und Lift, Gebäudeerhöhung um ca. 1.50 Meter, energetische Verbesserungen) sind zuläs- sig. Als Autoabstellplatz ist ein freistehender Garagenbau für maximal 8 Personenwagen westlich des bestehenden Gebäudes möglich. Die Erschliessung erfolgt über den Parkplatz (Parzelle 1550).«
Eine Wohnüberbauung würde in jedem Fall eine Zonenplanrevision verlangen.
Das Areal am Stausee befindet sich an exklusiver Lage am Rhein an der Schnittstelle zwischen Rheinpark, Hafenareal und Sternenfeldquartier. An dieser Schnittstelle könnte gemäss einer Projektstudie (2019) von Losinger Marazzi und dem Architekturbüro SSA aus Basel eine neues Wohnquartier in Birsfelden entstehen. Die Presse hat verschiedentlich darüber berichtet.
Die Kraftwerk Birsfelden AG interessiert sich offensichtlich für die Entwicklung der Parzelle Nr. 1550 auf der Festlandseite der Schleuse im Flurgebiet »Am Stausee« in Birsfelden. Die Parzelle wird heute für Familiengärten, eine Tennisanlage mit Baurecht bis Ende 2033, ein Bürogebäude und einen Parkplatz genutzt. Sie ist mit öffentlichen Strassen und Wegen erschlossen, die aus dem Zentrum in das Naherholungsgebiet zur Insel, zu den Schleusen und zum Kraftwerk führen. Auf dem Areal befindet sich ein Naturbiotop, das von der Bevölkerung sehr geschätzt wird. Die Parzelle weist eine Fläche von 38’726 m² auf und lässt, gemäss Projektbeschrieb, eine Bebauung mit bis zu mehreren hundert Wohnungen zu. Das evoziert einen erheblichen Zielkonflikt: Die Parzelle 1550 ist essentieller Bestandteil einer Naherholungszonen für die Birsfelderinnen und Birsfelder. Sie geht über in den Grüngürtel des Rheinparks und endet auf Birsfelder Seite beim Birsköpfli.
Das Areal befindet sich gemäss dem Stadtentwicklungskonzept (STEK) Birsfelden aber auch im Entwicklungsgebiet Rheinufer. Das STEK sieht vor, dass hier architektonisch hochwertige Siedlungen mit dem attraktiven Freiraum zu verknüpfen und dadurch interessante Wohnraumangebote zu schaffen. Dies zumindest die Interpretation der Entwickler der Projektstudie »Kraftort am Rhein«.
Widersprüchlich sind einerseits die Ideen des STEK, wie auch die Anliegen der Bevölkerung nach einer öffentlichen Naherholungszone. Anderseits aber auch der Projektideen der Kraftwerk Birsfelden AG nach einer Kommerzialisierung des Areals durch eine Umzonung in eine Wohnzone. Ebenfalls nicht kompatibel sind die Vorgaben des kürzlich veröffentlichten «Leitbild Natur« mit Bauprojekten im Stile der Projektstudie von Losinger Marazzi & SSA. Vorgaben des «Leitbild Natur«: «Das Gebiet Birsköpfli bis Schleusenweg/Grenze Hafenzone und die Rheininsel bleiben grundsätzlich als hochwertige Natur- und Grünräume samt ihrer Lebensvielfalt für Tier und Pflanzen erhalten, beziehungsweise werden aufgewertet.«
Wir sind der Meinung, dass die Gemeindeversammlung die Situation abschliessend klären sollte. Es kann nicht sein, dass die Kraftwerk Birsfelden AG in regelmässigen Abständen mit Bauprojekten Druck macht und die Bauparzelle als Baulandreserve betrachtet. Eine Umzonung in eine Grünzone würde die Situation klären und die Parzelle nachhaltig der Spekulation entziehen.
Antrag:
Der Gemeinderat beschliesst die Parzelle 1550 aus der Spezialzone «Kraftwerk und Erholungseinrichtungen« zu nehmen und in eine reine Erholungs- und Grünzone umzuwandeln.
Die zukünftige Entwicklung der Parzelle 1550 soll im STEK präzisiert/korrigiert werden. Die Parzelle 1550 steht für Wohnnutzung zukünftig nicht mehr zur Verfügung. Die Gemeindeversammlung soll abschliessend darüber befinden.
Wir hoffen, dass eine Klärung möglich ist und die Parzelle 1550 als Grünraum und Naherholungszone für die Birsfelderinnen und Birsfelder erhalten bleibt.
Birsfelden, 14. Juli 2020
Franz Büchler und Christoph Meury
Bilder: Titel: Franz Büchler, Nägel mit Köpfen: Tageswoche (auf fünf GemeinderätInnen erweitert)
Christoph Meury
Jul 31, 2020
Abstand halten! Ist die aktuelle Parole im Imperativ, selbstverständlich. Das ist soweit okay, heisst aber nicht, dass man nicht auch Kontakt aufnehmen und ins Gespräch kommen kann. Das Reden und Denken hat uns das BAG unmittelbar nicht verboten. Ergo reden wir, Franz und Christoph, in den Hafengeschichten ausufernd über Birsfelder Geschichten, über Politisches, Wirtschaftliches, Soziales. Eben über das, was uns unter den Nägeln brennt. Auch über Stadtentwicklung, Freiraumgestaltung und Naturschutz. Wir palavern über politische Optionen und versuchen (zumindest verbal) Nägel mit Köpfen zu machen.
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Wir sind aber noch weitergegangen: Wir haben Anträge z.H. der Gemeindeversammlung geschrieben und signalisieren den verantwortlichen PolitikerInnen im Vorfeld Gesprächsbereitschaft. Wir haben eine Handvoll angeschrieben und sie eingeladen mit uns in Kontakt zu treten, um darüber nachzudenken, was wir für Birsfelden tun könnten, um unser Gemeinwesen voranzubringen, um in Eigenregie unsere unmittelbare Zukunft zu planen. Wir haben die uns nahestehenden Protagonisten persönlich kontaktiert und sie eingeladen mit uns eine politische Agenda aufzustellen und im direkten Gespräch über unsere Aktion «Wir machen Nägel mit Köpfen!« und unsere Anträge einen Austausch zu pflegen. Wir möchten die Anträge letztlich erfolgreiche lancieren und wir verstehen uns dabei nicht als politisches Unterhaltungsprogramm zur Auflockerung von öffentlichen Versammlungen. Wir möchten etwas erreichen!
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Aber entweder haben wir den falschen Ton erwischt, die Sommerpause als Denkpause missachtet, oder einfach Themen zur Diskussion gestellt, über die Niemand Lust hat zu diskutieren. Offensichtlich verkehren auf diesem Blog keine SPler, Grüne, FDPler oder EVPler und CVPler, welche sich angesprochen fühlen, oder die LeserInnen politisier unter dem Status a.D. Wir wissen es nicht. Wir tappen im Dunkeln. Offensichtlich müssen wir mit unseren Anträge alleine vor der Gemeindeversammlung antraben. Offensichtlich ist die Zeit für Allianzen nicht reif. Offensichtlich stehen wir unseren Ansinnen im politischen Schilf. Oder Corona & die Sommerhitze sind der ultimative politische Overkill!
max feurer
Aug 1, 2020
Ich weiss nicht, wann die nächste Gemeindeversammlung stattfindet. Aber es sollte genügend Zeit verbleiben, um die Bevölkerung mit einer Info-Aktion direkt zu informieren (halt wieder mal mit Briefkasten stopfen — aber vielleicht hat jemand ja eine bessere Idee?)
Das hätte den grossen Vorteil, dass sich alle, die gedenken, an der Gemeindeversammlung teilzunehmen, in alle Ruhe über unser Anliegen vorinformieren könnten.
Gleichzeitig wäre das die Gelegenheit, das birsfaelder.li bekannter zu machen.
Christoph Meury
Aug 1, 2020
Danke für’s Mitdenken. Da wir aber noch nicht im Abstimmungsmodus sind, können wir uns die Zeit nehmen und die Frage in den Raum stellen, ob unsere Anträge (Rückzonung der Parzelle 1550 in eine reine Grünzone, die Unterschutzstellung des Kraftwerks, inkl. Umgebungsschutz und der Erwerb des Areals «Sternenfeld West«) etwas mit Politik zu tun haben. Ob die Anliegen Teil einer zukünftigen Stadtentwicklung sind und wirtschaftspolitische Relevanz für Birsfelden haben? Daher richtet sich unser Aufruf an die PolitikerInnen. Ohne Rückantwort müssen wir allerdings davon ausgehen, dass die gestandenen Parteien unsere Anliegen nicht in ihr politisches Portfolio aufnehmen können/wollen. Wäre dem so, müssten wir schlussfolgern, dass die Zivilgesellschaft die Deutungsmacht übernehmen und wir den politischen Lokalmatadoren ins Handwerk pfuschen müssten, ihre Agenda zur Disposition stellen, um eigenständig politisch zu agieren. Das wäre nicht ganz einfach. Aber wie der Kampf gegen die Salzgewinnung in der Rütihard in Muttenz gezeigt hat, grundsätzlich nicht unmöglich. Da wär’s dann mit ein paar Flugblättern vermutlich nicht getan… En verra!