Aus der Presse haben wir erfahren, dass die Kraftwerk Birs­felden AG, die IWB und die Fritz Mey­er AG sich zusam­mengeschlossen haben, um auf der Kraftwerkin­sel gemein­sam eine indus­trielle Wasser­stoff-Pro­duk­tion zu instal­lieren. Sowohl der Beitrag im Birs­felder Anzeiger (24.April 2020), wie auch bei Prime News, waren von der IWB lancierte PR-Beiträge. Mit viel Vorschus­s­lor­beeren wurde die neue Tech­nik propagiert. Nichts erfahren kon­nte man der­weilen über die Grösse der Anlage, die genaue Platzierung der Pro­duk­tion­san­lage und die Tanks für die Lagerung des Wasser­stoffs, kein Wort auch über die allfäl­lige Gefährlichkeit des neuen Antrieb­sstoffes, eben­falls keine Angaben über den Abtrans­port des Wasser­stoffs mit Tan­klast­wa­gen. Gemein­hin gehen die Ver­ant­wortlichen davon aus, dass die Birs­felderIn­nen die Katze im Sack kaufen werden.

Daher habe ich ver­sucht Licht ins Dun­kle zu brin­gen. Aus­ge­tauscht habe ich mich mit der PR-Abteilung der IWB, mit Frau Gian­fer­rari, mit RR Christoph Brutschin, VR bei der Kraftwerk Birs­felden AG, mit Rudolf Rech­stein­er, VR bei der IWB, mit der Direk­tion der KWB, mit Sascha Jäger, mit der kan­tonalen Denkmalpflege BL, mit Wal­ter Nieder­berg­er, Stv. Denkmalpfleger, mit dem Basel­bi­eter Heimatschutz, Rue­di Riesen, Präsi­dent, und mit Christof Hilt­mann, Gemein­de­präsi­dent Birs­felden. Über all diese Etap­pen kon­nte ich das Info-Puz­zle zusammensetzen.

Um es vorgängig aber deut­lich zu sagen, trotz kri­tis­ch­er Nach­frage begrüsse ich die Lancierung ein­er indus­triellen Wasser­stoff-Pro­duk­tion. Ich begrüsse auch das Engage­ment der beteiligten Firmen.
Die Erfahrun­gen mit Wasser­stoff sind wichtig und es braucht alter­na­tive Energi­eträger, vorallem für den Antrieb von Last­wa­gen und Gewerbefahrzeugen.
Aber! Der Stan­dort auf der Kraftwerkin­sel ist falsch.

Die Wasser­stoff-Pro­duk­tion­san­lage kann in der Start­phase möglicher­weise in einem Con­tain­er auf der Kraftwerkin­sel, direkt hin­ter den bish­eri­gen Annexge­bäu­den, platziert wer­den. Das dürfte aber ökonomisch nicht wirk­lich inter­es­sant sein. Das heisst, man muss davon aus­ge­hen, dass die Pilot­phase zum Zeit­punkt X erfol­gre­ich abgeschlossen wer­den kann und man danach wirtschaftlich rentabel Wasser­stoff pro­duzieren möchte. Heisst: Die Anlage muss ver­grössert und erweit­ert wer­den. Dafür ist die Kraftwerkin­sel mit Sicher­heit nicht geeignet. Dies auch, weil dann die Zielkon­flik­te, zwis­chen der Kraftwerkin­sel als Naher­hol­ungszone und der Kraftwerkin­sel als Pro­duk­tion­s­stan­dort für die indus­trielle Wasser­stoff-Pro­duk­tion, unlös­bar würden.

Zudem, ein weit­ere Knack­punkt, bere­its eine kleine Wasser­stoff-Pro­duk­tion­san­lage, dürfte die BL Denkmalpflege und den BL Heimatschutz auf den Plan rufen. Die Kraftwerkan­lage ste­ht unter Schutz.
Mit wach­sender Grösse würde sich dieser Zielkon­flikt ver­schär­fen. Sobald eine indus­trielle Pro­duk­tion zur Diskus­sion ste­ht, wäre dieser Kon­flikt auf der Kraftwerkin­sel schw­er lösbar.

Nicht nur der Abtrans­port des Wasser­stoffs ist ein ungek­lärtes Prob­lem, son­dern auch die Lagerung. Für die Lagerung braucht es Druck­be­häl­ter und diese müssten unmit­tel­bar bei der Pro­duk­tion­san­lage posi­tion­iert wer­den. Eine ästhetis­che Lösung, welche die denkmalpflegerischen Kri­te­rien erfüllt, kann ich mir nicht vorstellen. Beim Abtrans­port per LKW müsste in jedem Fall der jet­zige Velo- und Fuss­gänger­weg über die Schleuse benutzt wer­den. Das führt unweiger­lich zu weit­eren Zielkon­flik­ten: LKW ver­sus Velo­fahrerIn­nen und Fuss­gänger. Zudem ist die Brücke über die Schleuse ein beliebtes Aus­flugsziel. Es gibt Tage da ist die Pas­sage voll mit Schaulusti­gen, welche dem Schleusen­vor­gang zuschauen.

Ein weit­ere Knack­punkt ist die Öffentlichkeit. Sowohl die Parzelle 1550, ent­lang der Schleuse­nan­lage, wie auch die Kraftwerkin­sel ist eine der beliebtesten Naher­hol­ungszo­nen der Birs­felderIn­nen. Wie früher Abstim­mungskämpfe gezeigt haben, wird die Bevölkerung die Entwick­lung auf der Kraftwerkin­sel, wie auch auf dem gegenüber­liegen­den Are­al, mit Argusaugen beobacht­en und sofort auf die Bar­rikaden steigen, sobald nur ein Jota ihres Frei- und Grün­raumes ander­weit­ig genutzt wer­den sollte. Da in allen Fällen Baube­wil­li­gun­gen und/oder Zonenän­derun­gen nötig sind, wer­den diese Anliegen bekämpft wer­den. Da nützen auch die aus­gek­lügelt­sten PR-Kam­pag­nen wenig. Meine per­sön­liche Einschätzung!

Lösungsansatz: Da das Hafenare­al ein Stein­wurf ent­fer­nt ist und unmit­tel­bar an die Parzelle 1550 anschliesst, wäre der Pro­duk­tion­s­stan­dort auf der ehe­ma­li­gen Jowa-Parzelle (direkt neben der Fis­chzucht!) ide­al und vorallem zonenkon­form. Das Are­al ist für den Abtrans­port mit LKW’s frei zugänglich und via Ster­nen­feld­strasse direkt an die Auto­bahn angeschlossen.

Bere­its jet­zt wer­den die Wohnüber­bau­un­gen vis à vis des Kraftwerks mit Abwärme (Fer­n­wärme — AEV, Alter­na­tiv-Energie Birs­felden) bedi­ent und Strom­leitun­gen führen sowieso ins Indus­trieare­al (Birs­felder Hafen). Die Nähe zum Kraftwerk ist sin­nvoll, aber nicht axioma­tisch. Das Hafenare­al ist nahe genug, um effizient Wasser­stoff pro­duzieren zu kön­nen. Zudem ist am Hafen­stan­dort (Jowa-Are­al) eine zukün­ftige Expan­sion unprob­lema­tisch. Auch die Lagerung in Wasser­stoff-Tanks ist im Hafen, ohne weit­ere Zielkon­flik­te möglich. Ergänzend kön­nten dort auch die Pho­to­voltaik-Zellen, welche auf dem Dach des Tur­binen­haus­es nicht möglich waren, platzieren wer­den, um dadurch die Effizienz der Strompro­duk­tion der KWB zu steigern.

Kurze Inter­ven­tion von Rudolf Rech­stein­er (IWB), als Ent­geg­nung auf meinen Vorschlag die Wasser­stoff-Pro­duk­tion zonenkon­form im Birs­felder Hafen zu planen:
• Ste­ht die Elek­trol­yse im Hafen, muss das öffentliche Strom­netz in Anspruch genom­men werden.
• Direk­tleitun­gen nach ausser­halb des Gelän­des des Kraftwerks sind geset­zlich nicht zulässig.
• Mit dem öffentlichen Netz fall­en Net­zge­bühren  an, die weit höher liegen als der Wert der Energie und eine Pro­duk­tion im Hafen würde dadurch völ­lig unrentabel.
• Die Nutzung der Abwärme ist auch am Stan­dort auf der Insel vorgesehen.

Ich ent­geg­ne Rudolf Rechsteiner:
Das Are­al der Kraftwerk Birs­felden AG — Parzelle 1550 — führt ent­lang der Schleuse­nan­lage und gren­zt unmit­tel­bar an das Hafenare­al. Auf dem ehe­ma­li­gen Jowa-Are­al wäre die indus­trielle Pro­duk­tion von Wasser­stoff zonenkon­form. Die benötigten Strom- und Abwärmeleitun­gen kön­nten prob­lem­los via Parzelle 1550 ver­legt wer­den. Das öffentliche Strom­netz muss nicht beansprucht wer­den. Da auch das Hafenare­al den bei­den Kan­to­nen gehört, sind auch dort Direk­tleitun­gen möglich. Damit müsste man die geset­zlichen Vor­gaben nicht ein­mal ritzen.

Kurzum: Ein Stan­dortwech­sel in das Hafenare­al ergäbe eine echte Win-Win-Situation.

Die Stim­mung in Birs­felden gegenüber dem Birs­felder Hafen, respek­tive der SRH und dem Kan­ton BL ist mis­er­abel. Das gilt auch beim Kraftwerk Birs­felden. Bei bei­den Unternehmungen gehen die Birs­felderIn­nen leer aus. Die Gemein­de­fi­nanzen erhal­ten kein­er­lei Gewin­nan­teile. Beim Kraftwerk bekommt die Gemeinde Birs­felden seit den 50er Jahren keine Wasserzin­sen, obwohl sie Anrecht darauf hätte. Beim Hafen steckt der Kan­ton die Bau­recht­szinse voll­ständig in den eige­nen Sack. Das alles schlägt auf die Grund­stim­mung der Birs­felder StimmbürgerInnen.

Stellt sich daher zu guter Let­zt die Frage aus Sicht der Birs­felderIn: Welchen Mehrw­ert hat Otto­nor­malver­brauch­er bei diesem Wasserstoff-Pilotprojekt?
Da wäre es doch nicht verkehrt, wenn IWB & KWB der Gemeinde Birs­felden ein val­ables Ange­bot machen würde.

Zur Auswahl:
• Birs­felden erhält zukün­fti­gen einen Anteil eines ihr längst zuste­hen­den Wasserzins­es. KWB trifft eine entsprechende Regelung mit dem Kan­ton BL.
• Die Parzelle 1550 (ent­lang der Schleuse­nan­lage) wird unter ein Mora­to­ri­um gestellt und die näch­sten 40 Jahre nicht mit Baupro­jek­ten belegt. Die Parzelle 1550 bleibt öffentliche Grünzone.
• Die Birs­felderIn­nen erhal­ten ein ver­brieftes Recht auf die uneingeschränk­te Benutzung der Kraftwerkin­sel und die unge­hin­derte Bege­hung der Parzelle 1550.
• Wed­er Velowege, noch Fuss­gänger­pas­sagen wer­den mit Beschränkun­gen belegt. Der freie Zugang zum Kraftwerkare­al ist garantiert.
• Sowohl die BL Denkmalpflege, wie auch der BL Heimatschutz sank­tion­ieren die Wasser­stoff-Pro­jek­te. IWB & KWB lancieren eine entsprechende Vernehmlassung.
Min­destens vier Punk­te soll­ten erfüllt sein.
Damit kön­nte Good­will geschaf­fen werden.

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