Zwei Wochen nach der Aus­strah­lung der SRF DOK-Sen­dung »Sozi­al­hil­fe unter Druck – Wie viel darf man haben?« opfert die bz Basel eine hal­be Sei­te um zwei SVP­ler unter dem Titel »Im Kan­ton der Sozi­al-Hard­li­ner« jam­mern zu lassen.
Ich weiss nicht, was Ben­ja­min Wie­land und Hans-Mar­tin Jer­mann gesto­chen hat, die­se »olle Kamel­len« wie­der auf­zu­neh­men. Die Sache wird dadurch nicht bes­ser — nur der Initi­ant, respek­ti­ve der Motio­när, erhält wie­der ein­mal ein biss­chen Pres­se, ganz im Sin­ne der SVP-Tak­tik von bes­ser eine schlech­te Pres­se als gar keine.

Um was geht es?
Land­rat Peter Rieb­li hat in einer Moti­on gefor­dert, dass der Grund­be­darf der Sozi­al­hi­le von Beginn an um 30% gekürzt wer­den soll und erst bei guter Koope­ra­ti­on nach und nach bis zum Maxi­mum auf­ge­stockt wer­den kann. Hier der gan­ze Text der Moti­on.
Peter Rieb­li sagt dar­in unter anderem:
»Des­halb kommt es heu­te immer wie­der vor, dass reni­ten­te, inte­gra­ti­ons­un­wil­li­ge und unmo­ti­vier­te Per­so­nen die gleich hohen Sozi­al­hil­fe­leis­tun­gen erhal­ten wie moti­vier­te, da sich der admi­nis­tra­ti­ve Auf­wand nicht rechnet.«

Das heisst, die heu­te schon mög­li­che »Bestra­fung« von Unwil­li­gen, Reni­ten­ten und so, wird heu­te nicht ange­wandt, weil dies der Ver­wal­tung zu auf­wän­dig ist der Sache nach­zu­ge­hen. Da wer­den lie­ber alle Sozi­al­hil­fe­be­zie­hen­den vor­erst ein­mal als Reni­ten­te, Inte­gra­ti­ons­un­wil­li­ge und Unmo­ti­vier­te behan­delt. Und somit rech­net sich dann der admi­nis­tra­ti­ve Auf­wand, denn so kann von Anfang an 30% am Grund­be­darf gespart wer­den … und die hoch­ge­lob­te »bür­ger­li­che« Sanie­rung der Kan­tons­fi­nan­zen auf­ge­bes­sert werden.

Der Land­rat stimm­te mit einer Stim­me mehr der Moti­on zu!

Und nun jam­mern also Rieb­li und Trüs­sel sie wür­den ja total falsch verstanden:
»Dass wir die Kürzungen als Moti­va­ti­on sehen und die Bezüger aus eige­ner Kraft wie­der auf 100 Pro­zent kom­men kön­nen, wur­de kaum erwähnt.«
Wie soll denn eine Kür­zung der Sozi­al­hil­fe eine Moti­va­ti­on sein?

Es ist die alte SVP-Tak­tik und wir wer­den sie vor den kom­men­den Wah­len noch öfter erleben:
Man setzt etwas in die Welt, eine Pro­vo­ka­ti­on oder einen (fast) ras­sis­ti­schen Spruch, oder eine ver­fas­sungs­mäs­si­ge Unklar­heit. Sind die Reak­tio­nen dann mas­siv kon­trär ist die Reak­ti­on wie die des gros­sen Gurus nach ver­lo­re­ner Abstimmung:
»Der Kampf gegen die SVP von­sei­ten der Staats­me­di­en und von ‹Blick› bis zur NZZ hat mich in ihrer ­Radi­ka­li­tät an die Metho­den der Natio­nal­so­zia­lis­ten den Juden gegen­über erinnert.«
Zwei Tage spä­ter nahm Blo­cher nicht etwa sei­ne Aus­sa­ge zurück, son­dern setz­te im «Blick» noch einen drauf:
»Statt ‹Kauft nicht bei den Juden› heisst es heu­te ‹Stellt kei­ne SVP­ler als Uni-Pro­fes­so­ren ein›.«

Und nun rei­ten auch Rieb­li und Trüs­sel auf der Ver­spies­se­rungs­wel­le, wie sie Jörg Schel­ler in »Geschich­te der Gegen­wart« so schön beschrie­ben hat:
»Aber nicht nur bei All­tags­pe­ti­tes­sen, auch mit Blick auf die poli­ti­sche Kul­tur ist die Ver­spies­se­rung weit fort­ge­schrit­ten – das stets etwas neu­ro­tisch wir­ken­de Lip­pen­be­kennt­nis, man stel­le selbst “eine Alter­na­ti­ve“ dar, bil­de eine „Avant­gar­de“, sei „gegen das Estab­lish­ment“ oder wir­ke als „Out­si­der“, ver­stärkt die­sen Ein­druck noch. So beto­nen die Spies­ser in poli­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen unab­läs­sig, es sei ihr gutes Recht, ihre Mei­nung kund­zu­tun, nie­mand kön­ne ihnen das ver­bie­ten. Man wird doch wohl noch! Die ande­ren sol­len sich nicht so haben! Dabei ist die Tat­sa­che, dass man die­ses und jenes doch wohl noch sagen dür­fe, für die Spies­ser gleich­be­deu­tend damit, dass das, was da von ihnen gesagt wor­den ist, rich­tig ist. Das „Mein“ in „Mei­nung“ neh­men sie überaus ernst.«

Und da das gan­ze Tam-Tam ja als Wahl­hil­fe insze­niert ist, hier auch die Hil­fe für die Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler des Wahl­krei­ses Muttenz/Birsfelden:
Der Moti­on zuge­stimmt haben die SVP­ler Bie­dert, Strau­mann und der FDP­ler Hiltmann.
Die Moti­on abge­lehnt haben SPler Brun­ner, Meschber­ger, Schwei­zer, der CVP­ler Ober­beck und die EVP­le­rin Fritz.

Und die Ver­fas­sung zur Sache:

2 Sie för­dert die gemein­sa­me Wohlfahrt,
die nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung, den inne­ren Zusammenhalt
und die kul­tu­rel­le Viel­falt des Landes.
Bun­des­ver­fas­sung der Schwei­ze­ri­schen Eidgenossenschaft

 

 

 

Birsfelden von hinten 19/3
Wochenrückblick

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