Cagli­os­tro hoff­te, in Eng­land sein Leben in ruhi­ge­rem Fahr­was­ser fort­füh­ren zu kön­nen. Das Gegen­teil traf ein, denn der lan­ge Arm von Lou­is XVI. und sei­nes Minis­ters de Bre­teuil reich­te pro­blem­los bis nach Lon­don. Und Cagli­os­tro hat­te nicht die Absicht, zu dem ihm zuge­füg­ten Unrecht vor­nehm zu schweigen.

In einem öffent­li­chen Brief, der in Frank­reich sofort reis­sen­den Absatz fand, klag­te er die Poli­zei an, ihn anläss­lich der Haus­durch­su­chung vor sei­ner Ver­haf­tung bestoh­len zu haben und for­der­te Scha­den­er­satz — selbst­ver­ständ­lich ohne Erfolg. In einem wei­te­ren Brief, der “Lett­re au Peu­ple Ang­lais”, kri­ti­sier­te er das intrans­pa­ren­te Jus­tiz­ver­fah­ren mit den “let­t­res de cachet” und pro­phe­zei­te eine frü­her oder spä­ter ein­tre­ten­de Revolution:
Es ist eine Eurer Gerich­te wür­di­ge Auf­ga­be, an die­ser glück­li­chen Revo­lu­ti­on zu arbei­ten. Nur schwa­chen See­len erscheint es schwie­rig. Sie gut vor­zu­be­rei­ten, ist das gan­ze Geheim­nis: Man soll nichts über­stür­zen, denn sie liegt im Inter­es­se der Völ­ker, des Königs und des Königs­hau­ses; man soll sich also die nöti­ge Zeit neh­men. Die Zeit ist der ers­te Die­ner der Wahr­heit … Mit Mut, Geduld, der Kraft des Löwen, der Klug­heit des Ele­fan­ten, der Ein­fach­heit der Tau­be lässt sich die­se dring­lich not­wen­di­ge Revo­lu­ti­on fried­lich durch­füh­ren — eine Vor­aus­set­zung, ohne die man nicht an sie den­ken soll­te. So wer­det Ihr Euren Rich­tern ein Glück ver­dan­ken, das noch kei­nes der bekann­ten Völ­ker genos­sen hat: Ihr wer­det Eure Frei­heit ohne einen Hand­streich wie­der­erlan­gen, aus der Hand eures Königs entgegennehmen.

Damit täusch­te er sich aller­dings gewal­tig: Die Fran­zö­si­sche Revo­lu­ti­on ver­sank bekannt­lich in einem Meer von Blut und Gewalt. Und er sel­ber soll­te sie nicht mehr in Frei­heit erle­ben, son­dern in den Ker­kern der katho­li­schen Inquisition.

Kaum hat­ten er und sei­ne Frau sich in Lon­don nie­der­ge­las­sen, begann ein von der fran­zö­si­schen Regie­rung gekauf­ter Jour­na­list, Thé­ve­neau de Moran­de, sich auf ihn ein­zu­schies­sen. Moran­de war Chef­re­dak­tor des “Cour­ri­er de l’Eu­ro­pe”, einer in Lon­don erschei­nen­den Zei­tung. Dar­in ver­brei­te­te er die Ver­si­on der Kom­tes­se de la Mot­te zur Hals­band­af­fä­re. Auch der in Strass­burg in Uneh­ren ent­las­se­ne Sachi tauch­te wie­der auf und fand bei Moran­de offe­ne Ohren. Cagli­os­tro wehr­te sich, so gut er konnte:
Ich über­las­se die­sen Schrei­ber­ling, den Frank­reich aus­ge­wie­sen hat, den Eng­land ver­leug­net und den Euro­pa seit lan­gem durch­schaut, sei­ner eige­nen Schan­de. Mag er mich ruhig wei­ter­hin beschimp­fen: ich wer­de ihn nicht vor Gericht laden … ich lege mei­ne Rache in die Hän­de des­sen, der die Ver­bre­chen der Väter nicht an den Kin­dern rächt: sie wird viel­leicht lang­sam sein, ihn dafür umso siche­rer erei­len. Mein Ver­trau­en in den Höchs­ten ist noch nie ent­täuscht worden …

Doch die Schlin­ge zog sich immer wei­ter zu. Doku­men­te tauch­ten auf, die Bewei­se vor­zu­le­gen schie­nen, Cagli­os­tro sei mit dem in den 70er Jah­ren in Paris auf­ge­tauch­ten Betrü­ger Bal­sa­mo iden­tisch. Ein fran­zö­si­scher Poli­zei­spit­zel in Paler­mo schick­te detail­lier­te Anga­ben zu den Fami­li­en­ver­hält­nis­sen Bal­sa­mos. Ein beson­ders har­ter Schlag und eine tie­fe Ent­täu­schung war die Ver­öf­fent­li­chung der  Schrift Nach­richt von des berüch­tig­ten Cagli­os­tro Auf­ent­halt in Mit­au im Jah­re 1779 und des­sen magi­schen Ope­ra­tio­nen durch sei­ne ehe­ma­li­ge Schü­le­rin Eli­sa­beth von der Recke.

Cagli­os­tro ver­such­te, auf dem Lan­de bei sei­nem Freund aus Strass­burg, dem Hof­ma­ler Phil­ip­pe Jakob Lou­ther­bourg, Mit­glied der Roy­al Aca­de­my, für ein paar Wochen Ruhe zu fin­den. Es gab durch­aus auch publi­zis­ti­sche Bemü­hun­gen zu sei­ner Ver­tei­di­gung, z.B. mit einer Gegen­dar­stel­lung sei­nes Lebens.

Doch als Gerüch­te auf­tauch­ten, die fran­zö­si­sche Regie­rung beab­sich­ti­ge, Cagli­ostros Aus­lie­fe­rung zu for­dern, wur­de der Druck für ihn offen­sicht­lich zu gross. Er beauf­trag­te sei­ne Frau, alles in die Wege zu lei­ten, um den Haus­halt in Lon­don auf­zu­lö­sen, und reis­te ab — zu sei­nem treu­en Freund Jakob Sara­sin in Basel, der ihn mit offe­nen Armen emp­fing. Aber auch in der Eid­ge­nos­sen­schaft soll­te er nicht mehr zur Ruhe kommen …

Dar­über mehr am kom­men­den Sams­tag, den 25. Sep­tem­ber!

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