Im Febru­ar 2018 lan­de­te Welt­wo­che-Chef­re­dak­tor Roger Köp­pel einen media­len Coup ers­ter Klas­se, als er die Ein­la­dung von Ste­ve Ban­non nach Zürich ver­kün­de­te. Am 6. März konn­ten dann in Oer­li­kon über 1500 Zuhö­re­rin­nen und Zuhö­rer den Aus­füh­run­gen des vor kur­zem von Trump geschass­ten Wahl­kampf-Stra­te­gen und Bera­ters lauschen:
Es war Ban­nons ers­ter Auf­tritt in Euro­pa — doch der soll­te klar­ma­chen: Ste­ve Ban­non ist schon lan­ge hier. Alle popu­lis­ti­schen Bewe­gun­gen, egal ob in Ita­li­en, Ungarn, Polen oder der Schweiz gehör­ten doch zusam­men, fand Ban­non. Köp­pel wider­sprach ihm nicht. Auch nicht als die­ser den 77-jäh­ri­gen SVP-Stra­te­gen Chris­toph Blo­cher als “Trump befo­re Trump” lob­te und erklär­te, es habe viel­leicht alles in der Schweiz sei­nen Anfang genom­men, damals 1992, als das Land ent­schied, sich aus dem Pro­jekt Euro­pa herauszuhalten.
Bis­her hat­te die SVP stets dar­auf bestan­den, weder mit Popu­lis­ten in den Nach­bar­län­dern noch mit Trump etwas zu tun zu haben. Jetzt aber wur­de begeis­tert geklatscht, wenn Ban­non von den groß­ar­ti­gen Errun­gen­schaf­ten von “Dok­tor Blok­ker” sprach (aus Süd­deut­sche Zei­tung, 7. März 2018)

Dass Trump und Ban­non auch nach dem Raus­wurf aus dem Weis­sen Haus in Kon­takt blie­ben, zeig­te sich spä­tes­tens, als Trump Ban­non am letz­ten Tag sei­ner Amts­zeit begna­dig­te, nach­dem die­ser wegen Betrug und Geld­wä­sche ver­ur­teilt wor­den war. Ban­non war inzwi­schen zu sei­ner Lieb­lings­be­schäf­ti­gung zurück­ge­kehrt: Mit­tels sei­nes neu geschaf­fe­nen “War Room”- Pod­casts die USA auf sei­ne Welt­an­schau­ung ein­zu­schwö­ren. Der ame­ri­ka­ni­sche Inves­ti­ga­tiv-Jour­na­list Isaac Arns­dorf schil­dert in sei­nem soeben erschie­ne­nen Buch “Finish What We Star­ted. The MAGA-movement’s ground war to end demo­cra­cy”, wie Ban­non bei den Vor­be­rei­tun­gen zum 6. Janu­ar 2021 höchst aktiv mitwirkte:

Wäh­rend Trump also damit beschäf­tigt war, repu­bli­ka­ni­sche Funk­tio­nä­re in Geor­gia, Ari­zo­na und Michi­gan anzu­ru­fen, um sie zu drän­gen, ihn zum Sie­ger zu erklä­ren, und wäh­rend Trumps Anwäl­te weit her­ge­hol­te Kla­gen ein­reich­ten, um die Ergeb­nis­se für ungül­tig zu erklä­ren, und Repu­bli­ka­ner zusam­men­trom­mel­ten, um sich dem Wahl­män­ner­kol­le­gi­um vor­zu­schla­gen und Vize­prä­si­dent Mike Pence zu beein­flus­sen, sie als recht­mä­ßi­ge Wahl­män­ner zu akzep­tie­ren; und wäh­rend repu­bli­ka­ni­sche Akti­vis­ten im gan­zen Land “Stop the Steal”-Kundgebungen orga­ni­sier­ten, um gegen die Ergeb­nis­se zu pro­tes­tie­ren, und wäh­rend Miliz­grup­pen Waf­fen kauf­ten und Angriffs­plä­ne für die größ­te Kund­ge­bung von allen ent­war­fen, mach­te Ban­non sei­nen Hun­dert­tau­sen­den von Pod­cast-Hörern den 6. Janu­ar schmackhaft:
“Das ist wich­ti­ger als der 3. Novem­ber,
(Wahl­tag Prä­si­dent­schaft) das ist wich­ti­ger als Trumps Prä­si­dent­schaft”, sag­te er in der Sen­dung. “Das ist wich­ti­ger als der Kampf zwi­schen den Natio­na­lis­ten und den Glo­ba­lis­ten. Das ist wich­ti­ger als der Kampf zwi­schen den Pro­gres­si­ven und den Kon­ser­va­ti­ven. Er ist wich­ti­ger als der Kampf zwi­schen Repu­bli­ka­nern und Demo­kra­ten. Das trifft den Kern — wenn man die römi­sche Geschich­te liest, geht das in etwa in die Rich­tung, wie die Repu­blik unter­ging und zu einem tota­li­tä­ren oder auto­ri­tä­ren Impe­ri­um wur­de. Wir sind an die­sem Punkt angelangt.”

Er sag­te nicht genau, was alle tun soll­ten, wenn sie am 6. Janu­ar in Washing­ton anka­men. Er wies dar­auf hin, dass sei­ne Zuhö­rer, die “War Room Pos­se”, dabei sein müss­ten, sie soll­ten das nicht ver­pas­sen. Sie muss­ten dort sein. Ihr Erfolg hän­ge davon ab. “Ich weiß, dass die Leu­te Arbeit, Fami­lie, Kin­der, Schu­le und so wei­ter haben — aber sol­che Tage gibt es in der Geschich­te unse­res Lan­des nur sehr sel­ten. Das ist etwas, an dem man teil­neh­men kann. Das ist etwas, wovon sie ihren Kin­dern und Enkeln erzäh­len kön­nen, denn das wird Geschich­te sein. Leben­di­ge Geschich­te.

Als der Tag end­lich anbrach und die Men­ge, die er her­auf­be­schwo­ren hat­te, Gestalt annahm, staun­te Ban­non dar­über, wie sein Plan Gestalt annahm, wie die unsicht­ba­ren Schall­wel­len sei­nes Pod­casts, die phy­si­sche, mensch­li­che Form annahmen. (…)

In den fol­gen­den Wochen wur­de Ban­nons Sen­dung von You­Tube ent­fernt, Trump wur­de von Twit­ter ver­bannt, Ran­da­lie­rer wur­den ver­haf­tet, Trump wur­de ange­klagt, Biden wur­de in sein Amt ein­ge­führt, und in letz­ter Minu­te vor sei­nem Aus­schei­den aus dem Amt begna­dig­te Trump Ban­non. Die Begna­di­gung ret­te­te Ban­non nicht nur vor der straf­recht­li­chen Gefahr (sei­ne Mit­an­ge­klag­ten in der Betrugs­af­fä­re sind übri­gens immer noch ange­klagt), son­dern stell­te auch Trumps Impri­matur wie­der her. Unge­ach­tet ihrer Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten im Lau­fe der Jah­re (“Ste­ve Ban­non hat nichts mit mir oder mei­ner Prä­si­dent­schaft zu tun”, sag­te Trump 2018, “er hat den Ver­stand ver­lo­ren”), muss Ban­non etwas getan haben, das es wert war, belohnt zu wer­den, oder er hat einen gewis­sen Wert für Trump behalten. 

Wäh­rend Trump sich nach Mar-a-Lago zurück­zog, wur­de Ban­non immer mehr zur wich­ti­gen Stim­me des MAGA-Uni­ver­sums. Das Pro-Trump-Medi­en­öko­sys­tem zer­split­ter­te in alter­na­ti­ve Platt­for­men und Rand­web­sites wie Rum­ble, Tele­gram und BitChu­te. MyPil­low-Paten­schaf­ten für alle. Aber Ban­non stach in jeder Hin­sicht aus der Mas­se her­aus: Er erreich­te mehr Zuhö­rer, hat­te die gefrag­tes­ten Gäs­te, pro­du­zier­te mehr Inhal­te und bestimm­te die Agen­da. Er ver­brei­te­te sei­ne Sen­dun­gen wei­ter­hin über die Pod­cast-App von Apple und erreich­te wie­der­holt die Spit­zen­po­si­ti­on in den Charts. Er stream­te sei­ne Epi­so­den auch als Vide­os, und sein War Room wur­de zu einer Art rechts­extre­mem Meet the Press, dem bevor­zug­ten Inter­view­part­ner für Pro­mi­nen­te und auf­stre­ben­de Kan­di­da­ten aus der Trump-Welt.

Ban­non behaup­tet, über 60 Mil­lio­nen wür­den heu­te sei­nen Pod­casts fol­gen. Auch wenn die Zahl stark über­trie­ben sein soll­te: In die­sem Jahr wird sei­ne erneu­te Rol­le im Kampf um die zwei­te Prä­si­dent­schaft Trumps nicht zu unter­schät­zen sein.

Nächs­te Fol­ge am kom­men­den Don­ners­tag, den 2. Mai

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