Der amerikanische Journalist, Autor und Radiomoderator Thom Hartmann kam im birsfaelder.li in Sachen “Donald Trump” schon mehrfach zu Wort, zum Beispiel hier, hier oder hier. Mit seiner Serie “The Hidden History of …” hat er sich als profunder Kenner der Geschichte der USA und der politischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte erwiesen.

Vor kurzem publizierte er sein neuestes Werk “The Last American President: A Broken Man, a Corrupt Party, and a World on the
Brink”. Darin geht er den Fragen nach, wie aus einem NewYorker Immobilien-Hai ein “Brand”, eine eigentliche Marke wurde, — und vor allem, welche politischen Entwicklungen in den USA es überhaupt möglich machten, dass es ein machtgieriger, narzisstischer Geschäftsmann mit mehreren Konkursen auf den Posten des “mächtigsten Mannes der Welt” schaffte. Das Phänomen “Trump” wäre — wie Hartmann überzeugend darlegt — ohne die massiven politischen Fehlentwicklung der USA in den letzten Jahrzehnten gar nicht denkbar gewesen:
Dieses Buch handelt nicht nur von Donald Trump. Wie könnte das auch sein? Er ist lediglich das Symptom, nicht die Krankheit. Dieses Buch untersucht das Ökosystem, das ihn hervorgebracht hat.
Deshalb werfen wir in den kommenden Folgen einen Blick auf einige seiner wichtigen Einsichten, — beginnend mit dem Werdegang des Donald Trump.
Um wirklich zu verstehen, wie eine 246 Jahre alte Demokratie an den Rand des Faschismus geraten konnte, müssen wir zunächst den Mann verstehen, der sie an den Rand gedrängt hat; nicht weil er besonders brillant oder mächtig ist, sondern weil seine besonderen Pathologien perfekt zu den Schwachstellen unseres Systems passten. Trumps lebenslange Verhaltensmuster – sein Verlangen nach Dominanz, seine Unempfindlichkeit gegenüber Scham, seine transaktionale Vorstellung von menschlichen Beziehungen – wurden zur Krise Amerikas, als sie durch die Macht des Präsidenten verstärkt wurden. (…)
(sämtliche Hervorhebungen durch den birsfaelder.li-Schreiberling)
Zu Beginn des Buchs wirft Thom Hartmann einen Blick auf das Elternhaus von Ttump. Sein Vater, Fred Trump, war ein erfolgreicher und ziemlich ruchloser Immobilien-Geschäftsmann:
Wir müssen zurück zu einer Villa in Queens. Zu einem Vater, der Freundlichkeit für eine Schwäche hielt. Zu einem Zuhause, in dem Sanftmut, Anmut und Großzügigkeit bestraft wurden. Zu einer Kindheit, die einen Präsidenten hervorbrachte, der kein Gewissen hat. Denn Donald Trump wurde nicht als gefährlicher Mensch geboren. Er wurde von seiner Familie, seinen Mentoren und schließlich von einem politischen System, das zu kaputt und zu sehr vom Geld korrumpiert war, um ihn aufzuhalten, zu einer Waffe geformt. (…)
Freds Herangehensweise an das Geschäft spiegelte seine Herangehensweise an die Elternschaft wider: maximalen Wert erzielen, keine Schwäche zeigen und um jeden Preis gewinnen. Er war ein Mann, der Freundlichkeit als Belastung, Emotionen als Nachsicht und seine Kinder als Verlängerung seiner selbst betrachtete, gemessen nicht an ihrem Charakter oder Mitgefühl, sondern an ihrer Fähigkeit, andere finanziell und psychologisch zu dominieren.
„Er glaubte, dass die Welt voller Raubtiere und Beute sei – und nur die Skrupellosen würden überleben“, erinnert sich Donalds Nichte. Dr. Mary Trump, eine klinische Psychologin, schrieb später, dass Fred ein „hochfunktionaler Soziopath“ war, dessen emotionale Abwesenheit und unerbittlicher Fokus auf Erfolg ein giftiges Umfeld für seine Kinder schuf. In ihrem Buch „Too
Much and Never Enough“ beschrieb sie, wie die Persönlichkeit ihres Onkels Donald als Reaktion auf diese emotionale Wüste geprägt wurde – seine Grandiosität, sein Bedürfnis nach ständiger Bestätigung, seine Unfähigkeit, Fehler zuzugeben, und seine beiläufige Grausamkeit waren allesamt Anpassungsreaktionen auf einen Vater, der Verletzlichkeit als unverzeihliche Schwäche betrachtete.
Fred sagte seinen Kindern – insbesondere seinen Söhnen –: „Du bist ein Killer. Du bist ein König.”
Das waren keine beiläufigen Ermunterungen. Es waren Gebote. Im Haushalt der Trumps wurde Erfolg nicht an Glück, Erfüllung oder Beitrag zur Gemeinschaft gemessen. Er wurde an Schlagzeilen, Quadratmeterzahlen und dem Besiegen anderer gemessen. Und, was noch grausamer war, es war ein Nullsummenspiel: Damit du gewinnen konntest, musste jemand anderes verlieren.
Win-Win war ein völlig fremdes Konzept im Haushalt der Trumps, wie wir heute an Donalds Unfähigkeit sehen können, mit anderen Nationen zusammenzuarbeiten. In seinem Kopf dominiert man entweder oder man wird dominiert. Alles ist Hierarchie. Und wer bereit ist, am brutalsten zu sein, muss der Platzhirsch sein. (…) Die Trump-Kinder konkurrierten heftig um die begrenzte Anerkennung ihres Vaters, und Donald lernte schnell, dass Dreistigkeit, Aggressivität und die absolute Weigerung, Fehler einzugestehen, die Währung waren, mit der man sich Freds Respekt verdienen konnte.
Fortsetzung am kommenden Donnerstag, den 16. Oktober
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