Das Attentat auf Charlie Kirk, den treuen und effizienten Jünger von Donald Trump, beschäftigt die Medien auch in der Schweiz weiterhin. Die Trump-affine Presse macht Kirk mehr denn je zu einem leuchtenden Vorbild von Mut und Aufrichtigkeit, ja zu einem modernen Sokrates. So schreibt Weltwoche-Journalist Urs in seinem Nachruf “Mord an einem Brückenbauer”:
Charlie Kirk war ein Brückenbauer, wie es sie selten gibt. Er setzte einen Pfeiler tief im politischen Feindesland, um dann den Bogen zwischen polarisierten Lagern zu schlagen.
«Ich gehe an die Universitäten, um unsere Meinungsverschiedenheiten respektvoll zu erörtern», sagte Kirk kurz vor seinem Tod. «Denn wenn Menschen aufhören, miteinander zu reden, kommt es zu Gewalt.»
Getrieben war Kirk durch den Glauben und die Nächstenliebe. Das evangelikale Christentum, das in den USA weit verbreitet ist – und an Popularität zu gewinnen scheint –, zählt zu jenen Kerncharakteristika, über die sich europäische Meinungsmacher regelmässig mokieren. Sie machen Gläubige als «Frömmler», «Sektierer», «Fanatiker» lächerlich.
Für Kirk war der Glaube der Urquell für alles, was er tat. Die Bibel war ihm Kraftstoff und Referenzschrift für alle Situationen im Leben.
«Jeden Tag fragte er mich: ‹Wie kann ich dir besser dienen, ein besserer Ehemann, ein besserer Vater sein?›», sagte Erika Kirk, Ehefrau und Mutter zweier gemeinsamer Kinder.
Tatsächlich hat Kirk immer wieder betont, dass er mit seinem Engagement für Trump Jesus nachfolgen wolle. So erzählte er anlässlich einer Diskussion mit einem College-Studenten:
… Aber während ich weiter suchte, weiter suchte, weiter las und mein Herz für die Wahrheit öffnete, kam Jesus immer wieder und erfüllte mich so sehr, dass ich jetzt weiß, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist. Er ist der Retter der Welt. Eine verrückte Welt mit außerirdischen Dingen und wissenschaftlichen Ereignissen und was auch immer sonst noch so vor sich geht, Fortschritten in der KI.
Mein Glaube wächst nur in der Gewissheit, dass Jesus wiederkommen wird. Dass dieser Mann, der vor 2000 Jahren starb und wieder auferstanden ist, zurückkommen wird, um auf dieser Erde zu herrschen und zu regieren. Ich vertraue nicht auf eine Ideologie oder nur auf eine Religion. Ich vertraue auf eine reale Person, auf Jesus, von dem ich glaube, dass er Gott in Menschengestalt war.
Und ich möchte euch alle da draußen ermutigen, egal ob ihr Christen seid oder nicht, einfach zu suchen und offen zu sein für das, was Gott ist.
Man darf Kirk ein subjektives ehrliches Engagement für eine bessere Welt also nicht absprechen. Aber da ist eben auch die andere, dunklere Seite, die zum Beispiel vom Spiegel oder von der REPUBLIK ausgeleuchtet wurden:
Die SPIEGEL-Dokumentationsabteilung, deren Hauptaufgabe es ist, Fakten zu verifizieren, Quellen und Bilder auf ihre Authentizität zu prüfen, aber auch Argumente auf ihre Plausibilität abzuklopfen, hat sich Aussagen und Auftritte des 31-Jährigen angeschaut: viele Stunden der »Charlie Kirk Show«, seines täglichen Podcasts; Kirks Einträge in den sozialen Medien und Aufzeichnungen öffentlicher Veranstaltungen mit seiner Organisation »Turning Point USA«, auf denen er für seine Ideen warb und vor allem junge Menschen für die »Make America Great Again«-Bewegung von US-Präsident Donald Trump mobilisierte. Das Ergebnis der Recherchen der SPIEGEL-Experten: Vor allem drei wiederkehrende Motive in Charlie Kirks Denken rechtfertigen es, ihn als »rechtsextrem« zu bezeichnen. (Spiegel, 20.9.25)
Diese drei Motive sind:
● der “Grosse Austausch”, ein Dauerbrenner der Rechtsradikalen.
● die “manipulierte Wahl 2020″, die Trump unermüdlich verkündet.
● der Verschwörungsmythos des “Kulturmarxismus”: alles was links von den Republikanern ist, ist des Teufels.
Der Spiegel: In Deutschland wären vor allem seine rassistischen Äußerungen und die fortwährende Delegitimierung demokratischer Institutionen und Prozesse womöglich ein Fall für den Verfassungsschutz gewesen.
Daniel Binswanger von der REPUBLIK seinerseits verneint, dass Kirk wirklich den offenen politischen Dialog gesucht habe:
Charlie Kirk war kein Mann des Dialogs, weil der Mainstream der Maga-Bewegung sich von der dialogischen demokratischen Auseinandersetzung schon lange weit entfernt hat. Kirk war de facto ein Zerstörer und kein Förderer der demokratischen Debatte.
Kirks bezeichnendster politischer Akt war es, dass er seine Anhänger am 6. Januar 2021 nach Washington schickte. Er ist einer der Mitverantwortlichen des Angriffs auf den amerikanischen Kongress, auch wenn er sich nachträglich von den Gewaltakten distanzierte. Er war ein entscheidender Bekräftiger der Propagandalüge von der gestohlenen Wahl, die die US-Demokratie ins Herz getroffen hat. Kirk mag gut inszenierte Dialoge auf den Uni-Campussen geführt haben. Dennoch verschrieb er sich nicht der Förderung, sondern der Unterminierung der demokratischen Auseinandersetzung. (aus: Der Reichstagsbrand-Moment, 20.9.25)
Die ganze Zerrissenheit und Komplexität des Geschehens zeigte sich wie durch ein Vergrösserungsglas beim gigantischen Anlass in Phoenix, wo Kirk von seinen Anhängern als Märtyrer heiliggesprochen wurde. Seine Witwe vergab seinem Mörder, Donald Trump schwor fürchterliche Rache .…
Der birsfaelder.li-Schreiberling nimmt sich nächste Woche eine Auszeit. Deshalb erscheint die Fortsetzung am Do, den 9. Oktober
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